Prenzlauer Berger Pissecken – oder: Wie man mit 573 Wörter „och nö“ sagen kann


 

Offenbar gilt: Je später der Abend desto voller die Blase. Beziehungsweise: Je dunkler die Nacht, desto zahlreicher die zur Erleichterung genutzten Orte. Das Ergebnis kann man häufig sehen und und noch häufiger riechen.

So soll die Nachfrage von Touristen, wie man denn zum berühmten „Magistratsschirm“ komme, schon mal mit „immer der Nase nach“ beantwortet worden sein. Denn unterhalb des U-Bahnviadukts in der Schönhauser Allee haben sich regelrechte „Pissecken“ etabliert, die nicht nur unschön aussehen, sondern auch für üble Gerüche sorgen.

So ein Problem, zumal ein so zum Himmel stinkendes, muss gelöst werden, sagten sich die Pankower Bezirksverordneten.

Um also dem Hygiene- und Geruchsnotstand abzuhelfen, beschloss die Pankower Bezirksverordnetenversammlung auf Antrag der SPD-Fraktion im März dieses Jahres ein Ersuchen an das Bezirksamt, in dem darum gebeten wurde, zu prüfen, inwieweit man unterhalb der Bahnhöfe Schönhauser Allee und Eberswalder Straße schnell und unbürokratisch jeweils ein Pissoir installieren könnte. Als Beispiel wurde eine solche Einrichtung am Hamburger Hauptbahnhof genannt, mit dem man dort – recht schlicht und wasserlos – dem Problem des innerstädtischen Mauerpinkelns Herr wurde.

 

Quälende Ungewissheit

Die Antwort des zuständigen Bezirksstadtrat Kuhn auf das Ansinnen der Bezirksverordneten besteht aus 4.413 Zeichen, verteilt auf 573 Wörter. Warum er sich zu einer solch opulenten Tintenvergeudung hinreißen ließ, ist unbekannt. Denn eigentlich hätten zwei Wörter ausgereicht: „Och nö“.

Stattdessen referierte Kuhn ausführlich über die Eigentumsverhältnisse von Grundstücken und darüber, dass es ja einen „Toilettenvertrag“ des Senats mit der Firma Wall AG gebe, dass irgendwo in der Schönhauser Allee bereits Toiletten vorhanden sind oder noch aufgestellt werden sollen. Seine Schlussforgerung daraus trägt realsatirische Züge:

„Ob damit der Bedarf in den betreffenden Bereichen als gedeckt anzusehen ist, vermag das Bezirksamt nicht einzuschätzen.“

Ein Betriebsausflug zu den Urinlachen unter dem U-Bahnhof Eberswalder Straße hätte der quälenden Ungewissheit, die aus diesen Worten spricht, sicher ein schnelles Ende bereitet. Aber möglicherweise ist ja das Budget für längere Dienstreisen des Bezirksamtes für dieses Jahr bereits ausgeschöpft.

Eine gewisse Ahnung über die Ursachen der offen gezeigten Ahnungslosigkeit des Bezirksstadtrates überkommt einen, wenn Kuhn treuherzig mitteilt: „Dem Bezirksamt ist gegenwärtig noch nicht bekannt, welches Unternehmen die beispielhaft genannten Pissoirs am Hamburger Hauptbahnhof aufgestellt hat und betreibt.“
Und, so möchte man intuitiv hinzufügen, zum Telefon zu greifen und die Nummer der Deutschen Bahn im Hamburg in die Tastatur zu tippen, war ja auch kein expliziter Teil des BVV-Beschlusses.

 

Das ganze Elend ist hier nachzulesen

 



2 Kommentare zu “Prenzlauer Berger Pissecken – oder: Wie man mit 573 Wörter „och nö“ sagen kann”

  1. Und dafür bekommen die unsere Kohle ??

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  2. Bei der „Sitzung“ beschlossen? ? ?

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