Werden Weiden weichen? Ein Anwohnerrundgang ohne Anwohner

 

Im Juni hatte das Pankower Straßen- und Gartenbauamtes (SGA) bei einem Rundgang mit interessierten Anwohnern Pläne vorgestellt, in der Seelower und der Driesener Straße 52 Bäume – zumeist Pappeln und Weiden – durch Arten zu ersetzen, die künftigem klimatischen Bedingungen, aber auch dem großstädtischen Stress besser widerstehen können, als die derzeit vorhandenen Straßenbaumarten.

Die Anwohner waren von der Aussicht auf Kahlschlag und Jungbaumersatz wenig begeistert, aber Amtsleiter Andreas Johnke versicherte damals, keine Bäume gegen den Willen der Anwohner zu fällen – es sei denn, die Verkehrssicherheit wäre nicht mehr gegeben.

In der Zwischenzeit hat das SGA eine tiefergehende Untersuchung – sprich: ein Gutachten – für 27 Weiden in der Seelower Straße anfertigen lassen.
Darüber sollte am nun am vergangenen Donnerstag im Rahmen einer weiteren Begehung mit den Anwohnern diskutiert werden – allein, es fehlten die Anwohner.
Denn das SGA hatte lediglich eine kleine Pressemitteilung veröffentlicht, auf eine direkte Information vor Ort jedoch verzichtet.

 

Mangelhafte Informationspolitik

So waren neben jenen von Amts wegen Erschienenen nur Ortsfremde dem lautlosen Ruf der Pressemeldungen gefolgt: Der Bezirksverordnete Matthias Kraatz, die Bürgerdeputierten der BVV Patrizia Flores und Axel Lüssow; des weiteren Heiner Funken, Prenzlauer Berger Mauerpark-Aktivist und Straßenbaumkämpfer sowie ein schlecht gelaunter Vertreter der Naturschutzvereinigung BUND, der wohl aber eher inoffiziell des Weges kam – so brummelte er es jedenfalls.

Naheliegenderweise drehte sich das Gespräch zu Beginn der Zusammenkunft erst einmal um die eigenartige Sparsamkeit bei der Öffentlichkeitsarbeit des Amtes.

Während die Pressereferentin des Bezirksstadtrates konsequent die Ansicht vertrat, eine Pressemitteilung sei ausreichend, erkannte SGA-Amtsleiter Andreas Johnke das Defizit durchaus, verwies aber auf die angespannte Personallage und die dazu diametral entgegenstehende Fülle der Arbeitsaufgaben in seinem Verantwortungsbereich: „Das können wir nicht leisten.“
Etwas weniger überzeugend war seine Antwort auf die Frage, warum das Gutachten, das dem Amt immerhin seit dem 6. September vorliegt, nicht schon längst öffentlich gemacht wurde. Da, so Johnke, stünden die Urheberrechte des Gutachters entgegen. Unverständnis beim erfahrenen Straßenbaumfreund Funken: „So etwas vereinbart man bei der Auftragsvergabe.“

 

Künftig Bäume ohne Schattenwurf?

Dann näherte man sich dem eigentlichen Thema – wenn auch vom Ende her: Die möglichen Neupflanzungen.
Der Bezirksverordnete Matthias Kraatz äußerte die Befürchtung, dass vor allem schmalkronige Pflanzen in die entleerten Baumscheiben gesetzt werden.

Künftig hoch und schmal statt ausladend breit?

Das wäre kontraproduktiv, so Kraatz, denn im Angesicht des Klimawandels seien Bäume mit ausladenden Häuptern nötig, die die viel Schatten spenden und damit das Mikroklima herunterkühlen.
Dafür, erwiderte Amtsleiter Johnke bedauernd, seien die Bürgersteige aber viel zu schmal, die Kronen würden dann in die Fenster wachsen.
Auch der Gedanke von Patrizia Flores, die Jungbäume dann eben leicht versetzt in Richtung Fahrbahn zu platzieren, fand keine Gegenliebe: „Für solche Gewehgvorstreckungen bräuchte man ein Planfeststellungsverfahren – das würde Jahre dauern.“

Irgendwann begab man sich dann doch noch zu der nächstgelegenen Weide, bei der an Hand des Gutachtens demonstriert werden sollte, dass der Baum zwar äußerlich gesund aussieht, innerlich aber brüchig sei.

 

BUND-Vertreter erregt sich über „Revolution“

Der Disput darüner, ob ein solcher Baum mit Schnittmaßnahmen zu retten sei, brachte den sowie so schon mürrischen BUND-Vertreter vollends auf die Palme. „Wir haben in der Stadt genug Probleme mit der Bodenversiegelung – und Sie wollen hier wegen 27 Bäumen Revolution machen?!“. Baumfreund Heiner Funken keilte zurück: „Kümmern Sie sich um die Versiegelung, wir kümmern uns hier um 27 Bäume.“

Nach einer weiteren Viertelstunde unter der Beispielweide einigte man sich schließlich, die Anwohnerbegehung zeitnah zu wiederholen – nun aber auch mit Anwohnern.
Damit die Anwohner auch davon erfahren, erklärten sich Funken, Kraatz und Flores bereit, die zielgenaue Information der Bürger über den noch zu findenden Termin selbst in die Hand zu nehmen.

 

 



11 Kommentare zu “Werden Weiden weichen? Ein Anwohnerrundgang ohne Anwohner”

  1. Kirstin Zoller

    Okt 29. 2019

    Die Aussage des BUND Vertreters finde ich mehr als befremdlich.
    BUND – stand das nicht für Bund für Umwelt- und Naturschutz?
    Es sind ja nicht nur DIE 27 Bäume.
    Gerade in Berlin wird überall Kahlschlag durch Rodung ganzer Lebensräume betrieben und äußerst selten nur hört man vom BUND oder vom NABU da einen Aufschrei.

    Umso großartiger die schlagfertige Antwort des Herrn Funken.

    Abgesehen davon:
    warum entscheidet man sich an so einem Standort nicht für Kopfweiden?

    Kopfweiden sind schnellwüchsig, absolut sturmstabil, sie bieten gigantische Lebensräume für eine Vielzahl von Insekten, Vögeln und sonstigen Naturbewohnern und sie bilden sehr schnell nach der Pflege wieder ausladende, Schatten spendende und trotzdem ungefährliche „Köpfe“, die man lediglich alle paar Jahre wieder aussägt.

    Ob man von vornherein neue, als Kopfweiden geplante und gepflegte Bäume setzt, oder den Versuch wagt, die Bäume zunächst lediglich auf 2 Meter zu kappen und zu schauen, ob und welche davon wieder ausschlagen, das ist sicher eine Frage, die diejenigen vor allem diskutieren sollten, die mit diesen Bäumen vor der Haustür täglich leben sollen und die sicher dann in trockenen Sommern auch mal für die Wässerung sorgen müssen, damit die gekappten Bäume eine Chance haben.

    Hier gibt es übrigens ein paar anschauliche Fotos von Kopfweiden
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kopfweide

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    • Rita

      Nov 01. 2019

      Es gibt in Berlin viele „Strauchdiebe“.
      Allen Voran die GRÜNEN, von denen man das nie erwartet hätte. Die Gartenbauämter, die Staddtplaner/Architekten etc… 🙁

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  2. Guter Konter Heiner Funken Mir wurde grade zugetragen: „Weiden muss man übrigends niemals fällen – die kann man köpfen – dann werden es ein oder zwei Meter hohe Kopfweiden, die sehr wertvolle Lebensräume darstellen und für niemanden eine Gefahr sind.“

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  3. Typisch Pankow und sein Bezirksamt – nur Mauscheleien ohne Bürgerbeteiligung, keinerlei Transparenz, dafür jede Menge Verarschung! Immer schön die Bäume absägen und parallel von Berlin als grüne Stadt herumfaseln. Besonders die Grünen in Berlin haben fragwürdige Ansichten hinsichtlich von Baufällungen und Rodungen. Siehe Kahlschlag am Weigandufer in Neukölln, mit Unterstützung der Grünen dort. Und dem BUND müßte man für seine Einstellung gegenüber jeglicher Baumfällungen und Rodungen mal kräftig in den Arsch treten! Das sind auch bloß Spenden-sammelnde Heuchler!

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    • Yann

      Okt 30. 2019

      Nur mal so: Mathias Kraatz, Patrizia Flores und Axel Lüssow sind übrigens allesamt von den Grünen.

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      • von ODK

        Okt 31. 2019

        Nur mal so: Das wird im Artikel auch ausdrücklich erwähnt.

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  4. Das ist RotGrüner Bürgerausschluss

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  5. Rita

    Nov 01. 2019

    Die angebliche Bürgerbeteiligung erfüllt nur eine Alibi-Funktion,
    das ist ein berlinweiter Trend. . BUND und NABU – Berlin,
    halten sich immer zurück. Apropos GRÜNE..Im Namen der GRÜNEN und der SPD in der BVV Neukölln, wurde ein ausgewiesenes Biotop (ca. 700m) der nach EU-Recht besonders geschützten Lebensstätten unserer Wildvögel komplett gerodet, ohne den Artenschutz bei den Planungen mit einzubeziehen. Vorab wurde kein/e OrnithologIn hinzugezogen. Eine riesige Spatezenkolonie wurde durch die gnadenlose Rodung der zum Überleben notwendigen Schutzgehölze rechtswidrig ausgelöscht..Nicht zu vergessen die Amseln, Rotschwänze, Grasmücken, Fledermäuse und div. Von den GRÜNEN habe ich anderes erwartet. bin aber schon seit längerem nicht mehr überzeugt vom Grünen-Logo, die ham andere Pläne! 🙁

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  6. Sie haben es zugelassen , das mehrere Bäume in der Pradelstr. gefällt wurden wegen Baumassnahmen trotz Bürgerproteste und Unterschriftensammlungen ! – Man könne ja in der Schönholzer Heide neue Pflanzen, war die dreiste Antwort !

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  7. heiner funken

    Nov 11. 2019

    liebe nachbarn, werde dran bleiben und vor der nächsten begehung durch aushang in der straße und den cafe´s informieren. die grünen besprechen das heute 11.11.019 in ihrer fraktionssitzung. kann nicht hin, habe termine. das amt möchte weiter mauscheln mir wurde (von den greünen9 zugetragen, daß am 14.11.019 eine weitere begehung, wieder unter ausschluss der bürger, mit politikern, amtspersonen und bund statt finden soll. hoffe sehr, daß die unterirdisch schlechte stellungnahme des bund- mitglieds 8kein offizieller vertret9 eine einzelmeinung war und er aus dem eigenen haus zurück gepfiffen wird. in sachen gutachten sieht es so aus, daß nachwievor im amt einsehbar ist, aber aus „urheberrechtlichen gründen“ nicht veröffentlicht wird.

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  8. heiner funken

    Nov 11. 2019

    liebe frau passer, das sind kopfweiden. das amt sagt jedoch, daß die weiden so geschwächt sind, daß sie in sehr kurzen intervallen, „auf den kopf gesetzt“ sprich bis auf den stamm zurück geschnitten werden müssen, da ansonsten die kronenlast zu groß wird. alle 3,4 jahre ist ihnen zu aufwendig und zu teuer, ausserdem haben sie keine leute. (bei der begeung waren 3 vom amt und eine planerin fürs amt dabei. oben haben sie noch leute. vielleicht sollte man das amt mals vom kopf auf die füße stellen?)

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