Missbilligungsantrag gegen Stadtentwicklungsstadtrat Kuhn

 

Die CDU-Fraktion der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat gegen den Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste und stellvertretenden Bezirksbürgermeister Vollrad Kuhn (Bündnis 90/ Die Grünen) einen Missbilligungsantrag gestellt. Als Begründung werden zahlreiche Verfehlungen und Unterlassungen des Stadtrats aufgezählt.

 

Es geschah bei der letzten Sitzung des BVV-Ausschusses für Verkehr und öffentliche Ordnung.
Debattiert wurde über ein Verkehrsgutachten, das in Vorbereitung eines Bebauungsplanes für das Gewerbegebiet auf dem Areal zwischen der Storkower Straße, der Straße in Verlängerung des Syringenwegs, S-Bahnhof Landsberger Allee und der Ringbahn erstellt wurde.
Das Gutachten war im vergangenen Jahr vom Verkehrsausschuss angeregt worden, weil die Darstellung des Bezirksamtes bezüglich der verkehrlichen Erschließung und des zu erwartenden Verkehrs nicht schlüssig war. Es sollte eine Grundlage dafür bieten, welche bauliche Nutzung das Areal verkraftet.

Nach ungefähr einer Stunde teilte Stadtentwicklungsstadtrat Vollrad Kuhn fast nebenher mit, dass seine Verwaltung für eine Fläche des Areals bereits eine Baugenehmigung erteilt hat. Plötzlich wurde es still im Tagungssaal, dann dröhnte die Stentorstimme des Ausschussvorsitzenden Wolfram Kempe (Linksfraktion) durch die Halle: „Das kann doch wohl nicht wahr sein!“

Auch die anderen Ausschussmitglieder zeigten sich fassungslos: Da fasste der Bezirk vor Jahr und Tag einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan, zu dessen Grundlage die Erkenntnisse des eben vorgestellten Verkehrsgutachtens gehören sollten – und das Bezirksamt genehmigt mal eben und ohne Grundlagenso drauf los.
 

Verwaltung läuft an ihm vorbei

Gerade zwei Tage zuvor wurde Kuhn im Stadtentwicklungsausschuss wegen der Colosseum-Affäre aufs heftigste abgewatscht.
Kuhns Bauverwaltung hatte seit März vergangenen Jahres Kenntnis davon, dass große Teile des Kinobereichs des „Colosseum“ in der Schönhauser Allee abgerissen und durch Büros ersetzt werden sollen.
Das Projekt durchlief über ein halbes Jahr lang verschiedene Bereiche seines Hauses – am Ende des Wegs stand ein verbindlicher Bauvorbescheid. Der einzige Zuständige, der davon offenbar nichts wusste, war der Bezirksstadtrat. Als im Juni dieses Jahres mit der Schließung des Colosseums auch der Vorbescheid öffentlich bekannt wurde, fiel er aus allen Wolken.

Nach dem neuerlichen Eklat im Verkehrsausschuss war es beileibe nicht nur die CDU, die meinte: Jetzt reichts!
In der Begründung für den Missbilligungsantrag werden neben den genannten Vorkommnissen weitere Fehlleistungen aufgezählt, die allesamt den Eindruck erwecken, dass Kuhn seine Verwaltung nicht im Griff hat.
 

B-Pläne gegen BVV-Auftrag, Berge unerledigter Beschlusssachen

So überraschte Bezirksstadtrat Kuhn zum Beispiel die Bezirksverordneten im vergangenen Jahr mit der Nachricht, dass sein Stadtentwicklungsamt dabei sei, einen Bebauungsplan für das Gebiet südlich des Schmöckpfuhlgrabens auf der ehemaligen Industriebahntrasse aufzustellen. Dumm nur, dass nur Monate zuvor die Bezirksverordnetenversammlung beschlossen hatte, genau dort kein B-Planverfahren in Gang zu setzen.

Auch mit anderen Dingen kommt der bündnisgrüne Stadtrat offensichtlich nicht zurande.

So wird in der Begründung für den Missbilligungsantrag dargelegt, dass in der von Kuhn geleiteten Abteilung Stadtentwicklung und Bürgerdienste von Oktober 2016 bis zum heute von 309 fälligen BVV-Beschlüssen nur 46 innerhalb der Frist bearbeitet wurden. Weitere 133 Beschlüsse seien durch Schlussberichte verspätet und nochmal 131 Beschlüsse bisher gar nicht erledigt worden.
 

Erster Warnschuss bereits im März 2019

Es ist nicht der erste Missbilligungsantrag, der gegen Vollrad Kuhn gestellt wird. Im März 2019 gab es schon einmal einen solchen Antrag – auch wurde mangelnde Arbeitsleistung als Grund benannt. Damals kam Kuhn davon, weil die „Koalitionsdisziplin“ innerhalb der rot-grün-roten Zählgemeinschaft noch größer war, als der Frust über die Arbeit Kuhns. Doch schon da hatten elf Bezirksverordnete der Zählgemeinschaft nicht etwa gegen die Missbilligung des bündnisgrünen Stadtrates gestimmt, sondern sich der Stimme enthalten.

Über den aktuellen Antrag wird auf der nächsten BVV-Tagung am 2. September abgestimmt. Angesichts dessen, was sich seit dem ersten Missbilligungsantrag angesammelt hat, scheint die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass der Kelch an Kuhn erneut vorbeigeht.

 

 



13 Kommentare zu “Missbilligungsantrag gegen Stadtentwicklungsstadtrat Kuhn”

  1. schonwieder?

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  2. Das ist schon der zweite Missbiligungsantrag gegen Kuhn! Der erste Missbilligungsantrag im März 2019 – eingereicht von Johannes Kraft (Franktionsvors. der CDU) – verfehlte nur knapp sein Ziel, wegen zu vieler (11) Stimmenthaltungen. Ich war damals selbst in der BVV-Tagung dabei.

    Es wird wirklich Zeit, daß dieser Mann seinen Platz endlich räumt. Ich denke besonders an die Wohnanlagen Grellstraße-Prenzlauer Allee, Topsstraße-Eberswalder Straße und Schönstraße, wo er sich gegen die Mieter gewendet und diese immer wieder hintergangen hat (Modernisierungen, Nachverdichtungen). Auch bei der Wahrnehmung des Vorkaufsrechts ist Dank Kuhn Pankow das absolute Schlußlicht. Stattdessen trift er für die Mieter kaum nützliche Abwendungsvereinbarungen. Ob nun das Kino Colloseum (drohender Abriss), der Jahn-Sportpark (Neubau statt Sanierung des Stadions und Plattmachen der Bäume und Grünanlagen), das Pankower Tor, der Blankenburger Süden (Plattmachen der Kleingärten), die Michelangelostraße (umstrittene Neubauten/ Nachverdichtungen)….

    Von Roland Schröder (Fraktionsvors. der SPD) wurde er wiederholt im Stadtentwicklungsausschuss und in der BVV abgewatscht. Das alles hat Kuhn nicht davon abgehalten, Anträge und Beschlüsse der BVV und der Ausschüsse immer wieder zu ignorieren, nicht zu beantworten, zurück zu überweisen oder auf Eis zu legen. Ich habe in so vielen BVV-Tagungen und Stadtentwicklungsausschüssen diese ganze Entwicklung mit verfolgen können. Und Kuhn hat hier auch von mir persönlich immer wieder Feuerwerk bekommen. Im August 2019 habe ich ihn schließlich in der BVV aufgefordert, zurückzutreten. So wie es aussieht, wird Kuhn in der BVV am 2.9.2020 diesmal wohl von SPD, Linke und CDU das bekommen, was er verdient.

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  3. Jan B-ow via Facebook

    Aug 26. 2020

    fängt die CDU schon mit dem Wahlkampf an? Die BVV und ihre Ausschüsse regen Verwaltungshandeln an, sie sind aber nicht diejenigen, die die Stadträte anweisen. Na egal, bringt ein bisschen Leben in die drögen Feierabendparlamente

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    • Jan B-ow „Nach dem neuerlichen Eklat im Verkehrsausschuss war es beileibe nicht nur die CDU, die meinte: Jetzt reichts!“ Und wenn sie schon die Aufgaben der BVV erwähnen, vergessen Sie bitte nicht – sie kontrolliert die Geschäftsführung des Bürgermeisters und der Statdträte. Und wenn diese nunmal mangelhaft ist, kann und muss man das missbilligen. Das haben wir schon früher getan und werden es auch weiterhin tun.

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  4. Joh Kraft via Facebook

    Aug 27. 2020

    Ja und nein Jan B-ow. Wahlkampf, oder wie ich es nenne „Interessenvertretung für Bürger“ ist immer. Wenn in Niederschönhausen eine junge Familie ihr Haus nicht bauen darf, weil sie zuviel Verkehr produziert und an der Storkower Straße Baugenehmigungen erteilt werden ohne Verkehrskonzept für 1.200 Beschäftigte, darf man kritisch sein. Oder nicht? Nur ein Beispiel

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    • Ich kenne persönlich junge Familien, die in Buchholz Bauland nach §34 erworben haben und nicht bauen dürfen (keine BG erhalten)und nun vor dem finanziellen Ruin stehen. Umso unglaublicher ist das Vorgehen des Kuhn BA bei anderen Projekten.

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  5. @RettetColosseum wenn der Skandal zum Regelfall wird. @GrueneBVVPankow @JanDrewitz der Mann des offenen Wortes. R2G durchwirken? @MatthiasZarbock Haltung? @SoerenBenn Rücktritt @VollradKuhn? . Die Methode Kuhn ist mehr als Nachlässigkeit und Versehen. Das stinkt ? zum Himmel

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  6. hinfort mit Ihm, korrumpiertes Subjekt!

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  7. Die Partei Gottes missbilligt?

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  8. Volker

    Aug 29. 2020

    Laufen Sie über die Flure der Pankower Ämter und fragen nach Vollhorst. Seine Amtszeit ist ein Desaster. Rücktritt ist die einzig sinnvolle Lösung. Möge Sören ihn entfernen!

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  9. Und weshalb keinen Mißtrauensantrag? Das ist doch wieder nur reines Geplänkel. Na ja, Politik im Kleinen wie im Großen. Und dafür werden u.a. unsere schwer erarbeiteten Steuern verschwendet.

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  10. Hank

    Sep 27. 2020

    Es ist unfassbar was sich dieser Mann alles leistet. Trotzdem werden die grünen stärkste Partei, weil die latte macchiato Fraktion voller spät zugezogener von der Bezirkspolitik gar nix mitbekommt. Das Geburtshaus Maja ist auch so n Ding. Der Bezirk hätte Vorkaufsrecht gehabt. Nicht reagiert. Jetzt sagt der Eigentümer natürlich „Ätsch!“

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