ICON-Schließung oder: Ruf doch mal an

Wenn man so ein kleines lokales Webportal betreibt, kann man zuweilen was erleben. Und dazu muss man oft nicht einmal aus dem Haus gehen. Manchmal reicht es schon, zum Telefonhörer zu greifen.
So, wie neulich wieder.

Der Autor sitzt am PC und versucht hochkonzentriert, aus der Tonaufnahme eines Interviews das eigene Genuschel zu deuten und in halbwegs sinnvolle Sätze zu übertragen. Da klingelt das Telefon.

 

ODK:  Ja, bitte?

ANRUFER: Ich rufe an wegen dem Artikel „Der ICON-Club macht dicht“ von ODK.

ODK: Ich bin ODK.

ANRUFER: Das stimmt nicht.

ODK: Ähh.. wie?

ANRUFER: Das stimmt nicht, was da steht. Mit dem Mietvertrag.

ODK:   Ah…ja.

ANRUFER: Das ist gelogen, der Mietvertrag ist nicht gekündigt worden.

ODK: Tja…ähh…

ANRUFER: Haben Sie Alkohol getrunken? Oder gerade wach geworden?

ODK: Wie bitte?! Mit wem spreche ich da überhaupt?

ANRUFER: Das mit dem Mietvertrag…

ODK: Wer sind Sie??!

ANRUFER: N.

ODK: Hä?

ANRUFER: N!

ODK: N…

ANRUFER: N. Sie können mich auch Müller nennen.

ODK: Müller….

ANRUFER: Ja. Das, was Sie da mit dem Mietvertrag geschrieben haben, stimmt nicht. Denen geht nur um die Werbung für ihren neuen Club.

ODK. So…ja. Und was soll ich jetzt damit anfangen? Sie erzählen mir, sie heißen N. oder Müller…

ANRUFER: Ich gebe Ihnen mal den Zuständigen.

 
Der junge Mann, dem offenbar bisher noch niemand mitgeteilt hat, dass es für die Verrichtung von anonymen Anrufen durchaus von Vorteil sein kann, zuvor die eigene Rufnummernübermittlung zu deaktivieren, reicht sein Handy an eine neben ihm befindliche Person weiter.
 

ZUSTÄNDIGER: Sie haben geschrieben, dass das ICON zumacht, weil der Mietvertrag nicht verlängert wird. Das stimmt nicht.

ODK: Und das soll ich jetzt so veröffentlichen?

ZUSTÄNDIGER: Ja.

ODK: Nö.

ZUSTÄNDIGER: Das stimmt nicht. Die Clubbetreiber können bleiben. Es stimmt nicht, dass der Mietvertrag nicht verlängert wird.

ODK: Also wissen Sie… – Sie rufen hier an, nennen nicht mal Ihren Namen, Ihr freundlicher Kollege erkundigt sich so nebenbei nach meinen nachmittäglichen Trink- und Schlafgewohnheiten, und nun soll ich irgendwas ungeprüft bei mir reinsetzen?

ZUSTÄNDIGER: Müssen Sie ja nicht. Ich merke, so geht das wohl nicht. Ich schicke Ihnen eine E-Mail.

 
Und die kam dann auch irgendwann an:

Richtigstellung zur Meldung: Schließung des ICON Clubs im Prenzlauer Berg

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Vermieter des ICON Clubs erkläre ich, daß dem Betreiber des ICON Clubs ein Verlängerungsangebot für den Mietvertrag zu unveränderten Konditionen schriftlich vorliegt.
Es ist nicht wahr und es ist eine Verleumdung, daß der Vermieter die Schließung des ICON möchte.

Ich bitte Sie, diese Information in Ihre öffentliche Darstellung aufzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Cantian Immobilien GmbH
Geschäftsführung

Hermann Waldner

hermann.waldner@cantian-immobilien.de

Persiusstraße 7
10245 Berlin

 
Was in der Nachricht fehlte, war die Erwähnung des Umstands, dass das Angebot offenbar erst nach dem 30. November und damit nach der vertragliche vereinbarten Frist – und nach der Bekanntgabe der Schließung – erfolgte.

Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte Vermieter Hermann Waldner sein spätes, allzu spätes Angebot dann so: „Ich dachte, es besteht kein Interesse mehr, nachdem ich gehört hatte, dass die Betreiber einen neuen Club in Kreuzberg eröffnet haben und ich nichts mehr von ihnen gehört habe.“

Klar: Wenn jemand einen zweiten Laden aufmacht, hat er kein Interesse mehr am ersten…, das weiß man doch.

Zwar stand in den zahlreichen Presseberichten über die „Gretchen“-Eröffnung nichts darüber, dass das ICON aufgegeben werden sollte, und die Berliner Zeitung zitierte Pamela Schobeß gar mir den Worten „Wir würden auch gern beide Clubs nebeneinander betreiben“ – aber…
 
…aber vielleicht hatte Vermieter Hermann Waldner ja zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gerade Alkohol getrunken. Oder er war noch nicht richtig wach.

 

 

 

Weitere Artikel zum Thema:

The last dance – Ultimo im ICON

ICON: Letzte Geburtstagsparty

Der ICON-Club macht dicht

ICON: Die Party geht weiter!

ICON in der BVV: Beifall, Einigkeit und Hoffnung

ICON: Bezirkspolitik parteiübergreifend für den Erhalt des Clubs

ICON-Schließung: Stadtrat Nelken will Lösungen suchen

ICON-Schließung: Wechselnde Begründungen

Ein Fall von arglistiger Täuschung?

 

 

 



2 Kommentare zu “ICON-Schließung oder: Ruf doch mal an”

  1. Oliver

    Dez 07. 2011

    Nur schade, dass sie dennoch schließen werden 🙁

    „Nachdem wir nun – nach Ablauf der Frist – unsere Schließung bekanntgegeben haben, kam nun doch seitens des Vermieters ein Angebot. Für uns leider viel zu spät. Um ein qualitativ hochwertiges Künstler-Booking bieten zu können, brauchen wir Vorlauf. Darauf hatten wir unseren Vermieter bereits im Sommer hingewiesen.“

    Reply to this comment
  2. Marco Fechner

    Dez 07. 2011

    Unglaublich…

    Reply to this comment

Leave a Reply to Oliver

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu. Danke!

Datenschutzerklärung
Social Media Auto Publish Powered By : XYZScripts.com