ICON: Die Party geht weiter!

Der ICON-Club ist gerettet! Am 5.Oktober 2010 erhielten Pamela Schobeß und Lars Döring, die Betreiber des international bekannten Drum&Bass-Club in der Cantianstraße, vom Bezirksamt Pankow die erlösende Nachricht: Der Widerruf jener Genehmigung, die das Betreiben des Clubs ermöglicht hatte, ist nun selbst widerrufen worden.

Damit endete die mehrmonatige Zitterpartie für den Club so, wie sie begonnen hatte: Mit einem quasi anlasslosen Verwaltungsakt.

Denn hieß es anfangs noch, die Schließung habe ihre Ursache in in der Lärmbeschwerde eines Anwohners, so wurde bald klar, dass dies so nicht der Fall war. Obwohl der angebliche Beschwerdeführer eine formale Beschwerde an das Bezirksamt stets bestritten hatte, beharrte Stadt-
entwicklungsamtschef Heinz Liepold auf der Existenz einer solchen Eingabe. Gleichzeitig räumte er aber ein, dass die angebliche Beschwerde nur der Auslöser, nicht aber die Ursache des baurechtlich begründeten Schließungs-
bescheides sei. Liepold damals: „Dieser Club ist eine Vergnügungsstätte. Und Vergnügungsstätten sind nach der Baunutzungsverordnung nur in ganz bestimmten Gebieten zulässig. Und das Gebiet, in dem sich dieser Club etabliert hat,

ist eigentlich ein Gebiet, in dem er nicht zulässig ist.“ Möglichkeiten, den Club trotzdem weiterleben zu lassen, wollte er nicht sehen: „…das würde ja bedeuten, dass alle Stadtplaner das einst im Studium Erlernte hinten runterschmeißen müssten, wenn man sowas jetzt auch noch auf rechtliche Füße stellen würde.”
Mit dieser Aussage befand sich Liepold aber recht schnell im Gegensatz zu seinem politisch verantwortlichen Vorge-
setzten, Baustadtrat Michail Nelken.
Der Bezirkspolitiker, der von seiner Verwaltung zuvor nicht über die baurechtliche Schließungsverfügung informiert worden war, sah sich nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub Mitte August unvermittelt einer regelrechtenProtestwelle gegenüber. Allein auf Facebook waren schnell über eintausend Unterstützer aus dem In- und Ausland versammelt.

Auf einer extra eingerichteten Webseite koordinierten die die ICON-Unterstützer Protestaktionen, Unterschriftensamm-
lungen; es gab einen „Save your Icon“- Posterwettbewerb… .

Michail Nelken positionierte sich recht schnell. Sprach er in einer ersten Stellungnahme noch vage davon, er werde „mit den Beteiligten sprechen und dann sehen, welche Lösungsmöglichkeiten vorhanden sind“, ließ seine Vorgabe auf der auf der darauffolgenden Bauausschusssitzung nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig: Ziel sei es, “den Betrieb des Clubs auf rechtlich sichere Füße zu stellen”. Damit verwies er seinen Stadtbauamtsleiter Heinz Liepold in die Schranken, der eben dies zuvor explizit ausgeschlossen hatte. Rückendeckung bekam Nelken dafür von allen in der BVV vertretenen Parteien. Deutlich wurde dies auch bei der BVV-

Tagung vom 15. September. Während der Besuchertrakt von ICON-Unterstützern geradezu geflutet war, sprachen sich alle Fraktionen für den Bestand des Clubs aus. Stadtrat Michail Nelken, der ob der zuvor gezeigten Führungsschwäche heftige Kritik einstecken musste, bat um Geduld: Das komplizierte deutsche Baurecht verfüge über soviele Fallstricke, so dass es bei übereilten Entscheidung womomöglich zu ungewollten „Kollateralschäden“ kommen könnte. Aber: “Ich sehe gute Chancen, zu einer Lösung zu kommen, wir werden uns die Zeit nehmen, die wir brauchen.” Die nun getroffene Entscheidung erscheint in Ihrer Darstellung zwar auf den ersten Blick überraschend, folgt aber der Vorgabe, für den

Club das größte Maß an Rechtssicherheit zu erreichen: Der baurechtliche Schließungsbescheid wurde nicht mittels Baurecht, sondern mit einer Regelung aus dem Verwaltungsrecht unwirksam gemacht. In einer Pressemitteilung lässt Baustadtrat Michail Nelken mitteilen: „Die Prüfung hat ergeben, dass ungeachtet der Frage, ob durch die veränderten Bedingungen (direkt heranrückende Wohnbebauung) die Voraussetzungen für die ursprünglich erteilte ausnahms-weise Genehmigung für den Clubbetrieb baurechtlich noch gegeben sind, der Widerruf nicht fristgemäß erfolgte, da der Baubehörde die neuen Tatsachen, mit denen der Widerruf begründet wurde, bereits länger als zwölf Monate bekannt waren.

Damit war aber die vom Verwaltungsverfahrensgesetz vorgegebene Jahresfrist für den belastenden Verwaltungsakt (Widerruf) verstrichen.“

Den Betreibern, Besuchern und Freunden des ICON aber kann es letztlich egal sein, welche Rechtsnorm zur Anwendung gekommen ist. Für sie ist wichtig: Das ICON bleibt wie es war und wo es war – die Party geht weiter!

 

 

 

 

 

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2 Kommentare zu “ICON: Die Party geht weiter!”

  1. Maxe Moritz aka Dozor

    Okt 06. 2010

    Danke Olaf, Danke für alles!
    Deine Artikel haben viel dazu beigetragen, dass wir unser Ziel erreicht haben.
    Uns bleibt das Icon erhalten, Der Prenzlauer Berg hat noch etwas Seele Und die Kultur wurde mal nicht sinnlos Platt gemacht sondern für die Zukunft gesichert.
    Danke, für diese wertvolle zusammenarbeit.

    ICON IS SAVED!

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  2. sybille

    Okt 08. 2010

    Ja, und ich lausche jetzt regelmässig der Prenzlberger Stimme!

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