Mauerparkvertrag: Senat will Immobilienfirma mit Millionen füttern

grhrim

 

Wenn morgen (Mittwoch) der Hauptausschuss des Berliner Abgeordntetenhauses tagt, dann wird unter der Nummer 0651 ein „vertrauliches Schreiben“ (siehe Download unten) der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden, das die Abgeordneten über den aktuellen Entwurf jenes Vertrages informiert, den das Landes Berlin mit der CA Immo, dem Eigner der Mauerpark-Erweiterungsflächen noch in diesem Jahr abschließen will.
Darin geht es um die angeblich kostenfreie Übergabe des Geländes an das Land Berlin. Im Gegenzug zu der Überlassung wird der CA Immo die Ausweisung des nördlichen Teil des ehemaligen Bahngeländes als Bauland für rund 600 Wohnungen zugesichert. Und dies, bevor seitens der Kommune überhaupt ein Bebbaungsplan aufgestellt wurde.

Gegenüber der von der Prenzlberger Stimme im September geleakten Version vom 16.08.2012 enthält der aktuelle Vertragsentwurf weitergehende Bestimmungen zugunsten des Eigentümer und damit zu Lasten des Berliner Haushaltes. Dies betrifft zum Beispiel den anteiligen Ersatz für Aufwendungen und Verluste in Höhe von insgesamt 4,75 Millionen Euro, die die CA Immo mit dem jahrelangen Behalt der Grundstücke angeblich erlitten hat.

 

Steuerzahler trägt das millionenschwere unternehmerische Risiko des Immobilienhändlers

Jenes wirtschaftliche Risiko, das in einem marktwirtschaftlichen System eigentlich das Unternehmen zu tragen hat, soll nun nach dem Willen von Stadentwicklungssenator Michael Müller und dessen Staatsekretät Christian Gaebler der Steuerzahler schultern.

War im Vertragsentwurf vom 16.08.2012 (Teil D siehe Download unten) noch von einem „Kostenersatz“ in Höhe von 1,425 Millionen Euro die Rede, so ist im Rahmen einer „Abwendungsvereinbarung“ (Entwurf vom 31.10.,Teil C) nun zu lesen:

„Berlin erstattet der CA Immo von dem in $ 1 bezifferten Verlust einen Anteil in Höhe von 3,82 Mio € brutto.“

 

Geschenke auch an die Deutsche Bahn AG

In Paragraph 8 (Teil C) wird festgestellt:

„Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass Eigentümerin der baulichen Anlage (gemeint ist der Gleimtunnel – ODK) gemäß § 95 Abs. 1 BGB die Deutsche Bahn ist…“

(…)
Im Übrigen wird Berlin bei der DB AG (…) Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität in Anwendung der denkmalsschutzrechtlichen Vorschriften und der Regelung der Verkehrssicherungspflicht sowie in Abstimmung mit der Denkmalspflege (…) veranlassen.

Berlin verpflichtet sich, die Kosten für diese Maßnahmen bis zu einer Höhe von
1,52 Mio € zu tragen“

So werden also – mit der Übernahme noch weiterer Kosten – rund sechs Millionen Euro für eine „kostenfreie“ Übernahme eines Grundstückes ausgegeben, dessen Wert Staatssekretär Christian Gaebler in der Beschlussempfehlung (Seite 5) mit sieben Millionen Euro angibt.
 

Berlin zahlt auch in Zukunft für entgangene Gewinne der CA Immo

Mit der im Vertragsentwurf zugesicherten Baumasse von 58.000 m² Geschossfläche (entspricht ca. 600 Wohneinheiten) hat die CA Immo ihre Maximalforderung mit geradezu spielerischer Leichtigkeit durchgesetzt. Die Wertsteigerung des Nordgrundstückes wird bei einer solchen Baumasse – sollten die Bezirksverordneten von Mitte einem entsprechenden Bebauungsplan zustimmen – enorm und der Gewinn bei Weiterverkauf des Areals erheblich sein.

Bei der vorgesehenen Baumasse von von 58.000 m² Geschossfläche wird eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,7 erreicht.
Die GFZ beschreibt die Baudichte.
Die Rechtsprechung lässt eine GFZ von mehr als 1,2 aber nur in wenigen begründeten Ausnahmefällen zu.

Sollte eine Klage gegen die Baudichte erfolgreich sein, und weniger gebaut werden dürfen, als die vereinbarten 600 Wohnungen, so hat nach dem Willen des Senates der Steuerzahler den entgangenen Gewinn der CA Immo ersetzen. Festgeschrieben ist das in Pragraph 8 (Teil B) des Vertragsentwurfes:

„2. Weicht die Bilanz gem. 1. zum wirtschaftlichen Nachteil von CA Immo von dem vereinbarten Entwicklungskonzept ab, hat CA Immo das Recht, einen Ausgleich in analoger Anwendung des § 42 BauGB zu verlangen. Bei dessen Berechnung wird das Entwicklungskonzept als „zulässige Nutzung“ und die zum Stichtag aufgrund eines B-Plans oder dessen Nichtfestsetzung stattdessen zulässige Nutzung als „Änderung“ i. S. d. § 42 Abs. 2 BauGB zugrunde gelegt.“

Paragraph 42 Baugesetzbuch regelt die Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung.

 

Ergo: Der Berliner Steuerzahler blecht für die Gewinn-Garantie des Immobilienhändlers CA Immo. Man darf gespannt sein, ob die Koaltionsräson der Abgeordneten von CDU und SPD auf der Sitzung des Hauptausschusses so weit reicht, dass sie diesem Vertrag zum finanziellen Nachteil des Landes Berlin zustimmen werden.

 

[download id=“256″]

[download id=“257″]

[download id=“245″]

 

 

Weitere Artikel zum Thema:

 

Carsten Spallek: B-Plan Mauerpark wird geteilt, Gleimtunnel wird angesägt

Mauerpark: Will Groth dem Gleimtunnel an den Kragen?

Groth rodet – Aufregung am Mauerpark

Mauerpark: Unruhe wegen Informationspanne

Mauerpark: Mehrsprachiger Protest gegen Nordbebauung

Mauerpark: Spalleks Wünsche überfordern Polizei

Mauerpark: Mitte bittet Pankow um Stellungnahme zur Bebauung

Mauerpark: Groth heiser – Spallek sprachlos

Der Mauerpark wird untertunnelt

„Bürgerwerkstatt Mauerpark “ will gegen Nord-Bebauung mobilisieren

Mauerpark: Wiederauferstehung einer Komatösen

SPD Pankow will grenzenlosen Mauerpark

Mauerpark: Groth-Gruppe kaufte Nordgelände bereits im Juli 2012

Mauerpark-Filet an CDU-Großspender

Mauerpark: Geldgeschenk an Immobilienhändler feierlich begangen

Mauerpark-Deal verabschiedet – Protest von Links und Grün

Mauerparkerweiterung: Der Vertragsentwurf

Lenin, die Revolution und die BVV Mitte

Mauerpark: Geldgeschenk und Rampenbau

Christian Gaebler: „Neuer Anlauf für eine Mauerparkerweiterung“

BVV Mitte Mauerpark: Drei Stunden bis zur Vernunft

Mauerpark: Beschluss des BA Mitte nun öffentlich

Mauernde Park-Betonierer

Stephan Lenz: „Warum Berlin Orte wie den Mauerpark braucht und warum eine Bebauung deshalb vermieden werden sollte“

Michail Nelken: „Absehbar! – Rot-Schwarzer Betoncoup am Mauerpark“

Heiner Funken: „Schlimmer gehts (n)immer!“

Klaus Mindrup: „Adieu grünes Band“

Mauerpark in der BVV Mitte: Zeitnot brachte Zeitgewinn

Mauerpark im Wedding: Filetieren und betonieren

Mauerparkbebauung: Die Mär von der Sozialverträglichkeit

Zurückweichende Neubauten

Mauerpark: Desinteressierter Stadtrat und vielstimmiger Protest

Mauerpark: Drei Hektar Zuwachs

Mauerpark:Pankows SPD-Chef für Fortführung der “Bürgerwerkstatt”

Mauerpark: Gelder für die „Bürgerwerkstatt“ bleiben gesperrt

Mauerpark: Polizei räumt Wahlkampfstand der Grünen

„Bürgerwerkstatt“-Gelder bleiben weiter gesperrt

Mauerpark: Koalitionskrise wegen blockierter „Bürgerwerkstatt“- Finanzierung?

Abschalten!

Pankows SPD für Mauerpark- “Bürgerwerkstatt”

„Start mit Stottern

„Weltbürgerpark“ im Mauerpark

„Welt-Bürger-Park“ stellt Stiftungsräte vor

Mauerpark: Mittes Grüne pfeifen Andrea Fischer zurück

Mauerpark: Auch Mittes Grüne nun gegen Bebauung

Mauerpark: Müllbeseitigung ab Mai

Problemzone Mauerpark

Fotografierte Fotografen

Mauerpark: Grillverbot zur Walpurgisnacht

Polizeieinsatz im Mauerpark

Trödeln im Mauerpark

Aprilsommerabend im Mauerpark

Hyperdemokrat begehrt Zensur

“Wolle mer se reinlasse?”

 

 



6 Kommentare zu “Mauerparkvertrag: Senat will Immobilienfirma mit Millionen füttern”

  1. heiner funken

    Nov 07. 2012

    iebe freunde,

    coup gelungen!!!
    die taz und die prnzlberger stimme haben heute den gesamten mauerparkvertrag veröffentlicht.
    siehe- http://www.taz.de/Berlin.
    wenn heute früh der vermögensausschuss und abends der hauptausschuss und nächstens der stadtentwicklungsausschuss des agh berlin in geheimer beratung über den nicht öffentlichen vertrag berät, ist daran nichts mehr geheim. wer es wissen will, der kann es wissen, dieser LAUSIGE vertrag wurde geleakt und vorab ebenso die beiden vertragsentwicklungsstufen. die veröffentlichung der beiden vorherigen vertragsentwürfe hat zu einer sehr heftigen debatte geführt, die niederschlag in der vertragsentwicklung gefunden hat. nach derzeitigem stand der dinge ist eine zuwegung und/ oder bauerschließung über die pankower seite oder den gleimtunnel erst einmal vom tisch. auch der privatisierungsverkauf der flächen im süden ging nicht durch. die jetzt geplanten 33 jahre erbpachtrecht für die ganzwöchige veranstaltungsmeile an der bernauer str. sind schlimm genung – hier wird historisch wichtiges gelände für klingelbeutelbeträge verschleudert.

    wir stehen dazu, wenn die öffentliche hand verträge schließt, ist es ein demokratisches grundrecht, dass die bürger kenntnis davon bekommen, was sie am ende zu zahlen haben.
    wenn private im focus der öffentlichkeit keine verträge mit der öffenlichen hand machen wollen, dann sollen sie es sein lassen. der nächste wird das geschäft auch im licht der öffentlichkeit nicht scheuen.

    die vertragsqualität dieses und andere verträge zeigt sehr wohl, dass die halbgaren fähigkeiten unserer mandatsträger und die lauwarme motiviertheit unserer beamten und öffentlichen angestellten durchaus den sachverstand einer interessierten bürgerschaft und die inspiration der öffentlichen debatte zur qualitätsverbesserung- und kontrolle braucht.

    vermutlich hat sich berlin, gegenüber der börsennotierten firma ca immo wien, soweit nackt gemacht, dass es sich jetzt nicht mehr in der lage sieht, ohne unterschrift unter diesem dusselvertrag nach hause zu kommen.
    lieber bockbeinig dumm, als im letzten moment die notbremse ziehn.
    augen zu und durch. der steuerzahler zahlt.

    also werden wir und andere mit hilfe der gerichte dem senat von berlin, in sachen mauerpark, auf den richtigen weg heim leuchten, denn einen vorteil hat so ein dusseliger vertrag – er ist juristisch vielseitig angreifbar. nachteil eines juristischen sieges ist, berlin – also wir – werden mehr geld an die ca immo wien an entschädigung zahlen müssen, als wir an kaufpreis für die flächen hätten aufbringen müssen.

    wir erinnern uns: 2007 stellt der senat fest, der wert der fläche beträgt 9,00 millionen euro für 10 hektar. heute zahlen wir für nur die hälfte der fläche(5 hektar)6 millionen euro zuzüglich der baugenehmigung für 600 wohnungen und der ramschverpachtung von 2 hektar im süden. hinzu kommt das risiko, dass wenn es daneben geht, ein vielfaches an entschädigung oben drauf kommt.

    man muss kein finanzgenie sein, um in sekundenschneller überschlagsrechung zu erkennen, dass das für berlin ein scheiß geschäft ist.

    dieser vertragsverstand bringt selbst atheisten zum beten: „herr, schmeiß hirn, aber bitte ziel genau!“

    freundlichst – heiner funken

    Reply to this comment

Leave a Reply to heiner funken

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu. Danke!

Datenschutzerklärung
Social Media Auto Publish Powered By : XYZScripts.com