von Daniela Billig und Jens-Holger Kirchner
Wir alle brauchen mehr Demokratie! Und die Bürgerinnen und Bürger in Pankow, in Berlin und in Deutschland wollen sie! Das haben die Wahlergebnisse in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz gezeigt.
Wir Pankowerinnen und Pankower sind jetzt schon Vorreiter. Denn es gibt in Pankow freien Zugang zu fast allen Informationen aus der Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung – nicht nur übers Internet, sondern auch durch aktiv mögliche Anfragen, durch Teilhabe in den Ausschüssen der BVV, durch Rede- und Antragsrechte im Plenum selbst. Die Rede- und Versammlungsfreiheit in Deutschland garantiert das Engagement in Bürgervereinen und -initiativen, Beiräten, Elternvertretungen, Interessengruppierungen. Und so können sich die Einwohnerinnen und Einwohner von Pankow in die kommunalpolitischen Meinungsbildungsprozesse einmischen und diese mitbestimmen. Die Bürgerinnen und Bürger nehmen ihr Recht auf Bürgerbegehren, Bürgerentscheide und Volksentscheide wahr. Es gibt ausgeprägte Anteile von Beteiligung in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens – frühzeitige Bürgerbeteiligung, festgeschriebene Informations- und Beteiligungsbausteine; Beschwerde- und Klagerechte in Planungsverfahren sind nur Beispiele dafür.
Nicht mehr Demokratie, sondern andere Verfahren
Was aber derzeit in Deutschland und auch in Pankow diskutiert wird, ist die Frage: Reichen die bisherigen Instrumente der Demokratie aus, sind sie noch zeitgemäß, braucht es nicht andere Verläufe und Verbindlichkeiten?
Die Antwort ist: Pankow braucht nicht mehr Demokratie, sondern andere Verfahren und Verläufe bei kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen, die den Menschen im 21. Jahrhundert entsprechen. Denn eine Basta-Politik nach dem Vorbild der baden-württembergischen CDU oder des Berliner Senats ist nicht mehr zeitgemäß und es wäre zu einfach, sich mit den vorhandenen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung herauszureden. Genauso wenig kann eine Verlängerung der Planungsverfahren oder angeblich fehlende Verbindlichkeit ein Grund sein den Bürgerinnen und Bürgern mehr Mitsprache zu verweigern. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für noch bessere Bürgerbeteiligung und noch mehr Mitbestimmung ein, egal ob wir in der Opposition sitzen und besonders, wenn wir in der Verantwortung stehen.
Wir wollen mehr als ein abstraktes Bekenntnis zu Bürgerbeteiligung, wie es von den anderen Parteien zu hören ist. Wir wollen die vorhandenen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung anpassen und erweitern und neue Methoden erproben. Manches muss vielleicht auch wiederbelebt werden. Nur so können wir Planungsprozesse modernisieren und echte Transparenz schaffen. Denn die Verbesserung direktdemokratischer Instrumente fördert die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger und stärkt das zivilgesellschaftliche Engagement.
Mittels seriösen Infotainments Zusammenhänge erklären
Rechtzeitige Ankündigungen über Vorschläge und Pläne, Ideen und Projekte sind notwendig. Die Informationen müssen leicht verständlich sein oder gut erklärt werden. Es bedarf eines seriösen Infotainments seitens der Kommunalpolitik, den Behörden und Verwaltungen. Sie müssen dienstleistungsorientiert die Bürgerinnen und Bürger nicht nur von den harten Fakten berichten, sondern auch Zusammenhänge darstellen, Fixpunkte und Abhängigkeiten begründen und aktuell den Stand der Dinge darstellen. So kann ein hoher Informationsstand aller Beteiligten erreicht und das Internet als Gerüchteküche der Neuzeit nicht mehr für unkommentierte Falschbehauptungen oder Missverständnisse missbraucht werden.
Empathie und Respekt gegenüber allen Vorschlägen in Beteiligungsprozessen und Sachlichkeit gegenüber unterstellten oder tatsächlichen Partikularinteressen bilden die Basis einer gleichberechtigten Diskussion. Dabei braucht es einerseits Politiker und Verwaltungsmenschen, die sich auf Gespräche und Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern freuen und andererseits braucht es Bürgerinnen und Bürger, die bereit sind, sich auch auf komplizierte Sachzusammenhänge einzulassen und Zusammenhänge zu akzeptieren.
Beteiligung macht Arbeit für alle und kostet viel Kraft. Wir sind davon überzeugt, dass Zusammenarbeit im jeweiligen Beteiligungsverfahren die Voraussetzung sind, um eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens entstehen zu lassen. Das setzt Energie und Kreativität frei, um ein von allen akzeptiertes Ergebnis zu erzielen.
Und Mitbestimmung braucht Zeit und Geduld.
Gerade größere Vorhaben brauchen ihre Zeit, um zu reifen, um Varianten abzuwägen, um Finanzierungen zu sichern. Die Vorlaufzeiten für größere Projekte werden immer länger und stellen ein nicht unwesentliches Problem dar. Zeiten von mehreren Jahren zwischen erster Planung und Baubeginn sind die Regel.
Wir sollten uns diese Zeit trotz aller alltäglichen Schwierigkeiten nehmen.
(Zwischenüberschriften: Prenzlberger Stimme)
© Fotos: Dirk Grabowski
Harter
Mrz 29. 2011
Das klingt wie Hohn in meinen Ohren. In der Kastanienallee hätte man mutig und mustergültig die Betroffenen fragen können. Es war lange klar, dass viele Menschen gegen Kirchners brachialen Umbau sind. Es bleibt der Eindruck: mehr Demokratie wollen die Grünen in Pankow nur wenn es ihren politischen Zielen entspricht.
Till Harter
grasse
Mrz 29. 2011
Am Anfang heißt es noch „Wir brauchen alle mehr Demokratie“, und dann benötigt man plötzlich doch nicht mehr Demokratie, sondern bloß ein paar Verfahrensänderungen.
Alles klar, Herr Kirchner!
Andreas Lö via facebook
Mrz 29. 2011
ich lache mich tot…wie dieser mappus von pankow der grüne stadtrat herr kirchner…sieht man am besten beim umbau der oderbergerstraße und der kastanienallee……
Jens Tuengerthal via facebook
Mrz 29. 2011
Ist auch die nicht konforme Bürgerbeteiligung gewünscht oder wollen wir uns davor lieber schützen, fragt sich, dies in Erinnerung …
Beachboy
Mrz 29. 2011
Hallo Herr Kirchner, ich stimme meinen Vorrednern zu. Sie appellieren an Demokratie und Informationsfluss. Dabei sind sie doch derjenige, der die Demokratie nicht einhält, siehe Kastanienallee! Für einen guten und uebermaessigen Informationsfluss sind Sie und ist ihre Partei nicht gerade bekannt.
Norman Scheufler via facebook
Mrz 29. 2011
selbst bis nach Kanada scheint der Konflikt über die Kastanienallee getragen worden zu sein. Link dazu heute in der Berliner, Kanadische Musikerin gegen umbau. http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2011/0329/berlin/0074/index.html
Matthias Köhne via facebook
Mrz 29. 2011
oder ein Lehrstück zum Thema „Unterschied zwischen Theorie und Praxis“
Regler
Mrz 29. 2011
Wollen die beiden uns eigentlich für blöd verkaufen? Es fehlt noch das Kirchner ein dreimonatiges Moratorium für den Umbau der Kastanienallee verkündet.
Stefanaussaknaack
Mrz 29. 2011
Meine Familie kennt Kirchner noch von zu Ostzeiten und da war er wohl ein anständiger Kerl, aber was der jetzt abzieht kann niemand verstehen. Bitte Nilson vergiß nicht wo du herkommst, denk an die Knaackstrasse und bleib doch einer von uns. Einer vom Prenzlauer Berg und nicht vom Prenzl Berg.
Jens Peter Franke via facebook
Mrz 29. 2011
@norman: Peaches lebt schon seit Äonen in Berlin. Aber für Opportunismus gibts Punktabzug. Werd wohl ein Konzert weniger besuchen…
und jetzt?
Mrz 29. 2011
… ich hörte gerade, dass der Senat just gerade die Durchführungsbestimmungen für Bürgerbegehren geändert hat. Deshalb wird sich der Start des Bürgerbegehren Kastanienallee mindestens nochmals um 4 Wochen verzögern. Erst braucht der Herr 7 Wochen für eine banale Kostenschätzung für das Bürgerbegehren (nach Berliner Verfassung „umgehend“ zu erstellen), dann springt ihm seine Senats-Freundin Junger-Reiher zur Seite und dann schreibt er einen Artikel, wir brauchen nicht mehr Demokratie.
Nee Kirchi, schon klar. Davon haben wir dank der Grünen wirklich mehr als genug.
bussi
Mrz 31. 2011
Das ist ja alles sehr einfach, alles was schlecht ist dem Kirchner in die Schuhe zu schieben. Und wo waren die ganzen angeblichen Kämpfer für die Kastanienallee, als die Bäume in der 63 gefällt wurden. Harter hat wohl gemütlich beim Kaffee in seinem Yuppiladen gegenüber zugeschaut, wie die Fakten für Luxusappartemnets geschaffen wurden. Findet er bestimmt sogar super. Die kommen dann zu ihm zum Frühstück und lassen viel Geld da. Aber nach aussen einen auf Revoluzzer machen. Und wenn eine ganz bestimmt nicht Kirchners Freunde sind, dann die vom rot-roten Senat. Wer das glaubt, zeigt ein totales Unverständnis der Berliner Politik. Und was meint Köhne mit Unterschied zwischen Theorie und Praxis? Er ist doch der der gar nix Neues versucht! Wer hat sich denn mit der K. beschäftigt? Die Grünen! Und ja, manche sind unzufrieden und das zeigt, dass das was da oben im Artikel steht stimmt!
und jetze?
Mrz 31. 2011
Mann Jammerbussi, bist Du eigentlich Kirchners Spezialtopagent für Hofberichte und andere Gefälligkeiten?
Wenn einer demnächst das SPD-Ehrenkreuz in rot-gold erhält, dann ists unser Nilson. Von seiner Freundin Junger-Reiher, die er schon zur Einweihung des ersten Pankower Parkscheinautomaten geladen hatte und auf deren internationalem Stadtvisions-Forum im Amerika Haus er sein/ihr/das S.t.e.r.n.-Projekt „Betonumbau der Kastanienallee für schnellere Straßenbahn und gegen Fahrradfahrer“ vorstellen durfte – im Februar vor kurzem.
Also wer hier wann welche Parteibücher wie wechselt – und sei es „nur“ innerlich -, das wollen wir doch erstmal noch abwarten.
atride
Apr 12. 2011
„seriöses Infotainment durch den bezirk“ – also das ist wirklich der gequirlteste scheiß, den ich seit langem gelesen habe. da wollte wohl einer unbeholfen auf modern und vor allem medienaffin machen. peinlich.
aber zur sache: hier von mehr bürgerbeteiligung zu schwafeln und dann gegen eine klare mehrheit kastanienallee und oderberger zerstören – das ist einfach das letzte!
ich kenne einen haufen leute in der ecke, und die zustimmung zu k21 liegt ganz genau bei 0%.
eine gute freundin von mir – wohnt in der choriner – hat geweint, als sie gehört hat, was da alles vernichtet werden soll. das wird ein zweiter hackescher markt und das wirklich witzige daran ist, dass kirchner nicht einmal begreift, wo das problem ist.
und jetze?
Apr 12. 2011
@atride
Kirchner weiss ganz genau, was er da für einen Scheiss anrichtet – und hat es vom ersten Augenblick an gewusst.
„Die Kastanienallee hat so eine power – die wird auch diese Veränderung überleben.“
So hat Herr Kirchner sein eigenes Projekt auf der ersten Plan-Vorstellungsveranstaltung im Juni 2008 vorgestellt … und verteidigt.
dunkle_fee
Apr 13. 2011
Ich wohne seit 14 Jahren in der Schwedter Str. und habe – auch wegen der Kinder – wohl 90% meines Freundeskreises hier in der Nachbarschaft. Keiner ist für die Sanierung. Ich frage mich ernsthaft, wen Kirchner meint, zu vertreten?!
Wegziehen kann doch nicht die einzige Option sein, nur weil sich hier ein ignoranter Kommunalpolitiker ein Denkmal setzen will.
@Atride: ich HASSE den Hackeschen Markt, wie er jetzt ist… da kriegen mich echt keine 10 Pferde mehr hin!
dunkle_fee
Apr 13. 2011
Ich meine, dass hier die Bürgersteige mal repariert werden, dagegen hat natürlich niemand was. Nur das hier das gesamte Gesicht der Nachbarschaft völlig zerstört werden soll, will keiner. Vor allem die deutliche Reduzierung der Breite der Bürgersteige – sowas kann sich echt nur ein Betonkopf einfallen lassen. Mit behutsamer Sanierung hat das wirklich gar nichts zu tun!
anorak
Apr 13. 2011
Was regt Ihr eich eigentlich so auf? Ihr habt diese Scheißpartei doch gewählt.
ALBATROS
Apr 28. 2011
Ich wohne in der Schwedter und bin Ossi. Ich habe letzte Woche mit 2 Nachbarn gesprochen, die überhaupt nicht wussten, wie umfassend die Veränderungen sein sollen. Die haben beiden gedacht, da würde jetzt mal der Fußweg gemacht… Die waren jedenfalls bestürzt.
Ich glaube, darauf setzt der Bezirk. Anwohner im Unklaren lassen & Fakten schaffen. Das verdient Verachtung. Ich übergebe mich sofort, wenn einer von diesen Fuzzis nochmal über Bürgerbeteiligung faselt!