Michael Müller stolpert und poltert ins Amt

müller

 

Heute hat die Senatskoalition aus SPD und CDU Michael Müller (SPD) zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Müller hat mit seiner Bemerkung, wie er das Verhältnis zwischen Bürgerbeteiligung und letztendlicher Entscheidung sieht, bereits klar gemacht, dass die Beteiligungsrechte der Bürger ein lästiges Übel sind und er auf gar keinen Fall in dieser Frage progressive Entwicklung der Bürgerrechte in Richtung mehr und früherem Mitspracherecht, geschweige denn Mitentscheidungsrecht, anstrebt.

Wem die Beteiligungsformen, in Sachen Bau- und Stadtplanungsrecht des 19. und 20. Jahrhunderts schon zu weit gehen, der wird sich im 21.Jahrhundert mit den Möglichkeiten und Ansprüchen einer digital vernetzten, politisch engagierten, selbstbewussten urbanen Metropolengesellschaft, wie sie Berlin nun mal ist, sehr schwer tun.
Müller hat mit seinem Plan, dem Bezirk Neukölln das Bauverfahren Buckower Felder zu entziehen und damit das bereits gestartete Bürgerbegehren ins Leere laufen zu lassen, ohne erkennbare Not – und somit ohne Sinn und Verstand – vom Start weg, dass Tischtuch zwischen ihm als künftigen regierenden Bürgermeister und den engagierten Bürgern Berlins zerrissen.

Mit seiner Entscheidung den A100-Vorantreiber Andreas Geisel als Kandidaten für den Senatorenposten für Stadtentwicklung zu benennen und mit Geisels direkter Einlassung zur A100, die Autobahn sogar noch weiter in die Stadt hinein treiben zu wollen, ist dieses höchst umstrittene, ungeliebte Straßenbauprojekt wieder in den Focus gerückt.
Die Gegner nicht faul, haben diese Chance sofort genutzt und mit der Besetzung der Kleingärten, den Bebauungswiderstand neu entfacht. Schien die A100 und der Widerstand dagegen für eine Weile vergessen, haben Müller und Geisel das ihre getan, um daran zu erinnern, dass damit ein infrastruktureller Keil durch die Stadt getrieben wird.
Politik und Verwaltung haben es in Sachen A100 in der Vergangenheit nicht geschafft, mit den Berlinern eine Debatte zu führen, die sowohl den veränderten Mobilitätsvorstellungen, als auch dem breiten Anspruch auf Bürgerbeteiligung Rechnung getragen hätte. Müller und Geisel haben klar gemacht, hier wird sich nichts verbessern, gegebenenfalls aber verschlechtern.
 

Anspruch auf 100-Tage-Schonfrist vertan

Michael Müller scheint den Ehrgeiz zu haben, den Nachweis zu führen, dass aus einem hausbackenen SPD Vorsitzenden, dessen Hauptleistung darin bestand, die Wowereit-Wahlvereinigung auf Kurs zu halten, nicht nur ein unbeseelter, glückloser Stadtentwicklungssenator werden konnte, sondern ein ebenso uninspirierter Regierender Bürgermeister werden kann, der auf das Fortschrittsverlangen der Berliner lediglich die Antworten des 19.- und 20. Jahrhunderts parat hat.

Mit diesem verstolperten, gepolterten, glücklosen Start hat Müller jeden Anspruch auf 100 Tage Schonfrist vertan.
Hier ist von Beginn an engagierte und gekonnte Oppositionsarbeit gefordert. Wir fordern die Oppositionsfraktionen auf, die Glacéhandschuhe gegen die Arbeitshandschuhe zu tauschen und sowohl die Themen, als auch die handelnden Mandatsträger ordentlich anzufassen.

Die Bürgerinitiativen werden sich nun noch besser und enger vernetzen. Die Initiativen werden sich in ihren Kampagnen, ihren gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Senat und den Bezirksämtern mit Rat, Tat und Geld gegenseitig beistehen. Aber vor allem werden wir den Gesprächs- und Sachstand für zeitgemäße, bürgernahe und Berlin gerecht werdende Beteiligungsformen weiter entwickeln und vorantreiben. Wir sind es leid, dass diese großartige und großherzige, eigenwillige und eigenständige, entwicklungs- u. beteiligungsfreudige Stadtgesellschaft seit Jahrzehnten eine notorisch schlechte Stadtregierung zu ertragen hat.

 

Heiner Funken ist Sprecher der Mauerpark Stiftung Welt-Bürger-Park.

 

 

 

 

 



3 Kommentare zu “Michael Müller stolpert und poltert ins Amt”

  1. einen Funken mehr differenzierte Auseinandersetzung würde ich mir schon wünschen…

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  2. heiner funken

    Dez 12. 2014

    lieber gilbert collé,

    noch einen funken mehr? wäre das nicht des guten zu viel?

    herzliche grüße und frohe weihnachten- heiner funken

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  3. Tom

    Dez 12. 2014

    Wunderbar, dieser Gast-(man mag das Wort eingentlich kaum in den Mund nehmen)-„ARTIKEL“ reiht sich hervorragend in die journalistische Leistung des gesamten Blogs ein.
    Nun steht dem Blog-Betreiber, der diesen hauptsächlich dazu nutzt seine eigne Meinung zu verbreiten, eine zweite Person zur Seite, die sich auch nicht bemüht irgendwelche journalistischen Standard einzuhalten.
    Ist prinzipiell okay, aber bitte nicht unter dem Deckmantel irgendeiner Art von journalistischer Arbeit.

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