Pankow – eine Großstadt für alle | Prenzlberger Stimme

Pankow – eine Großstadt für alle

von Peter Brenn

Pankow hat sich seit der Fusion mit Prenzlauer Berg und Weißensee mit über 350.000 Einwohnern zum größten Berliner Bezirk entwickelt. Dies ist nicht nur den beiden größten Wohnungsneubaustandorten mit Karow- Nord und Buchholz – West geschuldet. Pankow dehnt sich vom Alexanderplatz bis zum Dorf Blankenfelde und zum Hightech-Standort Berlin-Buch aus. Die unterschiedlichen Gebiete und Strukturen waren und sind unsere großen Entwicklungschancen. Doch diese Chance kann nur nutzen, wer aktiv handelt und nicht nur auf aktuelle Ereignisse reagiert. In diesem Sinne haben wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung seit 2006 viele Initiativen für eine gedeihliche Entwicklung Pankows im Ganzen eingebracht. Besonderes Augenmerk hatten wir jedoch auf die Prozesse in den Sanierungs- und Milieuschutzgebieten in Prenzlauer Berg, in Alt-Pankow und im Süden von Weißensee.

Wer kann das sich Wohnen im Prenzlauer Berg noch
leisten?

Durch die Stadterneuerung sind in den letzten 20 Jahren viele Gebiete stark aufgewertet worden. Damals wollten viele Mieterinnen und Mieter Modernisierung. Sie wollten keine Außentoiletten, keine Ofenheizung und keine zugigen Fenster mehr, sondern einen zeitgemäßen Mindeststandard. In den meisten Fällen ist dies in den 90 ziger Jahren erreicht und in vielen Fällen auch überboten worden. Wir haben immer für eine soziale Umsetzung der Ziele gestritten, für eine unabhängige Mieterberatung und für die Nutzung der gesetzlichen Instrumente, wie zum Beispiel für die Umstrukturierungssatzung in der „Grünen Stadt“. Wir verbuchen den Verbleib der meisten MieterInnen von zwei Wohnquartieren in diesem Wohngebiet als Erfolg beim Gegensteuern im Prozess der Gentrifizierung. Wohnungspolitik ist für uns immer auch Sozialpolitik. Offenbar sieht das die CDU anders, wenn Herr Kraft in seinem Beitrag von Partikularinteressen spricht. Uns geht es auch um jene Menschen, die sich nicht mittels gewiefter Anwälte Rechte verschaffen können. In den Sanierungsgebieten wurden viele Wohnungen mit öffentlichen Mitteln hergerichtet. Es ist ein Skandal, dass die dadurch begründeten Mietpreisbindungen nicht durch IBB und Bezirk ausreichend kontrolliert werden. Zu Zeit erfolgt dies nur bei ca. 20 % des Bestandes.

Was hat rot-rot erreicht?

Blumige Versprechen von Herrn Götzke und Herrn Dr. Nelken in dem Diskussionsbeitrag der Linkspartei wie „landeseigene Wohnungsgesellschaften in die Pflicht nehmen“ oder auch von Herrn Schröder aus der SPD mit seinem „Schutzschirm für Mieterinnen und Mieter über den gesamten Bezirk“ werfen die Frage nach der Bilanz der Koalition auf Landesebene und den Auswirkungen in Pankow auf. Wieso haben SPD und Linke denn die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften nicht in die Pflicht genommen? Etwa in die Pflicht, Wohnungsangebote für Menschen mit wenig Einkommen auch in Prenzlauer Berg oder Alt-Pankow zu machen. Oder in die Pflicht, Sanierungen nicht höchstmöglich auf die Mieten umzulegen, wie am Bürgerpark geschehen und durch die HOWOGE in Buch geplant? Wer zehn Jahre im Abgeordnetenhaus alle Möglichkeiten und auch in der Pankower BVV die Mehrheit und damit das Sagen hatte, sollte jetzt an seinen Taten und nicht an seinen Versprechungen gemessen werden. Wie in ganz Berlin, so wird auch in Pankow der Wohnungsmarkt immer enger. Eine Ursache sind zum Beispiel immer mehr Ferienwohnungen in Mietwohnungen, die eigentlich zum Dauerwohnen gedacht sind. Bisher haben Senat und Bezirksamt dagegen nichts unternommen. Oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen: In den sehr nachgefragten Gebieten werden die Mietwohnungen, etwa für Familien, sehr knapp. Wir wollen in den Milieuschutzgebieten eine Verordnung, die die Umwandlung begrenzt. Leider hat die Regierungskoalition im Abgeordnetenhaus den bündnisgrünen Antrag dazu abgelehnt. Auch die 10jährige Sperrfrist bei Eigenbedarfskündigungen wird von der Koalition auf Landesebene bisher blockiert. Das macht die Kollegen von der Linkspartei in ihrem Debattenbeitrag nicht unbedingt glaubwürdiger. Auch die Nutzung von öffentlichen Liegenschaften im Bezirk ist problembehaftet. Im Streit um die Wiedereinrichtung einer Grundschule im Eliashof in der Senefelder Straße hätten wir von einem Stadtrat mit dem Superressort Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung erwartet, dass er eine Lösung für eine Schule in Kombination mit Kultureinrichtungen selber erarbeitet und dass er den anderen Nutzern, wie etwa der Murkelbühne, hilft, neue Standorte zu finden. Beides ist nicht passiert. Die Zwischennutzer mit ihren Kulturangeboten blieben sich selbst überlassen und ansonsten hat die BVV einen Großteil der Verantwortung selbst übernommen.

Sanierungsziele langfristig sichern

Nach Aufhebung der Sanierungsgebiete im Bezirk müssen die erreichten Ziele langfristig gesichert werden. Unser Vorschlag für die Sicherung der städtebaulichen Ziele sind blockweise Bebauungspläne, die die vorhandenen Baukörper abbilden, eine Nachverdichtung in den Höfen stoppen und nicht jede Baulücke schließen. In die alten Mietskasernenhöfe muss eben Licht und Luft kommen. Dieser Forderung, obwohl von der BVV beschlossen, kam das Bezirksamt kaum oder gar nicht nach. Dies gilt es in der nächsten Legislatur zu ändern. Zwei Sanierungsgebiete werden Ende nächsten Jahres aufgehoben – Helmholtzplatz und Teutoburger Platz. Beim letzteren Sanierungsgebiet gilt es noch viele Dinge sicher zu stellen sollten. Die Diskussion um die Kastanienallee zeigt, dass Bürgerinnen und Bürger sich einmischen wollen. Die BVV muss aber als gewähltes Gremium für den ganzen Bezirk immer auch die Interessen abwägen. Konkret heißt das, dass wir eben nicht nur die Belange einer Anwohnerinitiative, sondern z.B. auch die von RadfahrerInnen und Benutzern der Straßenbahn im Auge haben müssen. Als besonders gelungenes Beispiel für Bürgerbeteiligung sei hier der Umbau der Oderberger Straße genannt. Es ist mir sehr wichtig dieses noch einmal in Erinnerung rufen. Wir haben gemeinsam mit den AnwohnerInnen und vielen engagierten BürgerInnen eine für Berlin ein- und erstmalige Regelung zur Pflege von Grün auf den Weg gebracht mit dem Abschluss von Pflegeverträge für ihr Grün vor der Haustür. Mein vor der BVV abgegebenes Versprechen, mehr Grün als vor dem Umbau in der Straße zu haben, möchten wir gerne mit nach Abschluss der Baumaßnahmen und lange darüber hinaus noch erleben.

Grün schafft mehr als Wohn – und Aufenthaltsqualität

Ja, wir wollen die Lebensqualität sichern und verbessern und mehr Licht, Luft und Sonne nicht nur im Prenzlauer Berg und sondern im ganzen Bezirk langfristig gesichert wissen. Deshalb war und wird es ein Hauptanliegen von uns Bündnisgrünen sein, Grün zu erhalten und nicht durch ungebremstes Bauen zu vernichten. Wer wenn nicht wir standen und stehen mit unseren ganzem Herzen auch heute noch für dies Ziel ein. Den Mauerpark fertig zu stellen ist für uns ein ehrgeiziges und ambitioniertes Ziel, welches wir nur durch die physische und auch monetäre Macht einer breiten Bewegung erreichen können. Sowohl an der Seite derer, die sich in der Stiftung Weltbürgerpark engagieren, aber auch mit Freunden des Mauerparks und immer einvernehmlich mit den BürgerInnen des Brunnenviertels in Mitte. Fünfzig Jahren nach dem Bau der Mauer ist es nun wohl dringend an der Zeit, dass dieser Park unsere beiden Bezirke verbindet und dass alle Welt daran teilhaben darf. Es ist nun genau ein Jahr her, dass wir unseren Dringlichkeitsantrag zum Erhalt der grünen Höfe an der Straßburger Straße in die BVV eingebracht haben. Vor wenigen Wochen haben sich dann auch das Bezirksamt und die Mehrheit der BVV, für die von uns gewünschte Erhaltung dieser stadtklimatisch so wichtigen Freifläche ausgesprochen.

Stadt der Zukunft

Der Wohnungsmarkt in Berlin wird enger. Und Pankow ist der Bezirk mit dem größten Bevölkerungswachstum. Pankow verfügt über alle diese Potentiale eines Stadtbezirks mit Zukunft.
Die Stadt der kurzen Wege im Prenzlauer Berg und die stadtnahen Naturräume im Norden. Diese noch besser zu vernetzen ist eine Herausforderung, die wir gerne annehmen. Wir wollen ein gedeihliches Miteinander von Alteingesessenen und neu Zugezogenen. Von Menschen mit wenig Geld und Menschen mit höherem Einkommen. Von Singles und Familien im Prenzlauer Berg, in Alt-Pankow und in Weißensee.
 
 

Peter Brenn wurde 1949 in Ruhla geboren und lebt seit 1980 in Berlin. Er ist einer der beiden Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Pankow. Der Architekt arbeitet seit 1990 in den BVV-Ausschüssen für Stadtentwicklung von „Alt- und Neu-Pankow“ mit.
Peter Brenn ist zudem der baupolitische Sprecher seiner Fraktion.
 
 

 
 
 

Weitere Debattenbeiträge zum Thema „Wohnen im Kiez: Dicht an dicht – schön und teuer?“:

Philipp Magalski: “ Pankow ist Vielfalt – Prenzlauer Berg muss Kiezcharakter behalten“

Roland Schröder: „Faire Mieten und lebendige Kieze, Wohnungsunternehmen in die Pflicht nehmen“

Sebastian Schnurre: „Kontraproduktive Maßnahmen für Kiezstruktur stoppen!“

Johannes Kraft: „Stadtentwicklungspolitik im Spannungsfeld zwischen Aufwertungsdruck und behutsamer, sozialer Erneuerung“

Michail Nelken und Thomas Goetzke: „Gut wohnen im Kiez für alle“

 
 



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