Ein Fall von arglistiger Täuschung?

Als vor ein paar Tagen die Nachricht durch das Netz rauschte, dass mit dem ICON in der Cantianstraße ein weiterer Club wegen Anwohnerbeschwerden schließen muss, schien alles klar: Wieder waren es neu Hinzugezogene, die ganz bewusst in der unmittelbaren Nachbarschaft eines bekannten Veranstaltungsortes Quartier genommen haben, um danach die Geräusche zu beklagen, die von den Veranstaltungen ausgehen. Doch möglicherweise liegt die Sache hier etwas anders.

Befürchtet hatten es Pamela Schobeß und Lars Döring
ja schon, seit sie Mitte Juni zu einer Anhörung ins Bezirksamt Pankow geladen wurden – nun haben sie es schriftlich: Das Stadtentwicklungsamt, Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht, teilte den beiden Clubbetreibern mit, dass die Konzession für den Betrieb des ICON mit dem 31.Dezember 2010 endet. Der Grund: Unzumutbare Lärmbelästigung. Der Geräuschpegel, der durch das Betreiben des Clubs entstehe, mache ein zumutbares Wohnen unmöglich.
Die Beschwerden, die zum Konzessionsentzug geführt haben, kamen offenbar von Mietern des im vergangenen Jahr fertig-

gestellten Lückenbaus, der zwischen der ehemaligen Groterjan-Brauerei und einem sanierten Altbau errichtet wurde.

Von Anfang an auf Schallschutz geachtet

Anders als bei dem Wohngebäude, das an der Rückseite des Knaack-Klubs hochgezogen wurde, hatte man in der Cantianstraße bereits bei der Projektierung des Hauses auf ausreichenden Schallschutz geachtet. Daher glaubten sich Pamela Schobeß und Lars Döring auf der sicheren Seite. Tatsächlich dringt aus dem alten Brauereikeller selbst bei heftigsten Drum’n’Bass-Partys kein Laut in die darüber liegenden Wohnungen. Doch die Beschwerden bezogen sich nicht auf Lärm im, sondern vor dem Club. Einer jener Bewohner, die sich in ihrer Ruhe gestört fühlen, ist Klaus-Dieter Manning (Name geändert). Er selbst, so sagt er, habe zwar keine Beschwerde an das Bezirksamt gerichtet, aber die Polizei habe er auch schon mal gerufen: „Das Problem sind die Leute, die vor dem Club auf Einlass warten. Besonders schlimm ist das in den Sommermonaten, wenn da zwanzig, dreißig oder mehr Leute direkt unter unseren Fenstern stehen. Manche sind betrunken und bekifft und veranstalten einen unglaublichen Lärm.“
Kurz nachdem er eingezogen war, habe er versucht, sich mit Lars Döring ins benehmen zu setzen. Der habe ihm auch zugesagt, dass die Türsteher auf die Leute einwirken werden.

„Aber mal ehrlich, wenn da dreißig Leute oder mehr stehen, können die doch auch nichts machen.“

Vom Klub nichts gewusst

Dass da, wo die Clubszene der Stadt ihre Domizile hat, zuweilen auch nächtlicher Trouble nicht ausbleibt, sollte eigentlich schon bei der Auswahl der Wohngegend bedacht werden. Wenn man es ruhig haben will – warum zieht man dann dorthin, wo es unruhig ist? Manning: „Ich habe davon doch überhaupt keine Ahnung gehabt!“ Wie bitte? „Als ich die Wohnung hier besichtigte, war da nichts, was auf einen Club oder sowas hingewiesen hätte.“

Pamela Schobeß bestätigt: „Das Schild ‚Diskothek‘ hängt hier noch nicht lange. Das ICON ist so bekannt, das musste man nicht noch extra ranschreiben“.
Ja, aber haben Makler oder Vermieter die potentiellen Mieter nicht auf den Veranstaltungsort hingewiesen? Klaus-Dieter Manning verneint es vehement. Tatsächlich ist auf den Seiten der Maklerfirma kein Wort darüber zu finden, dass sich die angepriesenen Wohnungen direkt über einen der angesagtesten Klubs der Stadt befinden.
Manning: „Der Makler hat diesen Umstand nicht nur mir verschwiegen. Wohl jeder, der hier bis Ende 2009 seinen Mietvertrag abgeschlossen hatte, ist bewusst darüber im Unklaren gelassen worden. Das ist eigentlich ein Fall von arglistiger Täuschung!“

So wird nun wohl eine Institution im Berliner Clubleben nur deshalb dichtmachen müssen, weil Makler ihren Kunden offenbar etwas offeriert hatten, worüber sie gar nicht verfügten: Ruhig gelegene Wohnungen in der Cantianstraße…

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2 Kommentare zu “Ein Fall von arglistiger Täuschung?”

  1. mob

    Aug 10. 2010

    wurde denn fuer diesen artikel mit dem gleichen mieter gesprochen, der laut taz mit einer einstweiligen verfuegung gedroht hat? siehe: http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/noch-ein-icon-der-gentrifizierung/
    dort wird das alles etwas anders dargestellt.

    mal davon abgesehen brauchen wir weder raffgierige immobilienmakler noch wohnungen die 800€ kalt fuer keine 70qm kosten und leute die sowas bezahlen sind selber schuld. widerlich.

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  2. Daniel Belafonte

    Aug 20. 2010

    Herr Manning kann einem eigentlich nur leid tun. Was will solch ein Typ überhaupt hier? Der gehört nach Hamburg oder München oder FFM aber nicht nach Ostberlin.

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