Schlimmer gehts (n)immer!

auverkImmer wenn man glaubt, SCHLIMMER GEHT NIMMER, packt die SPD eine noch schlechtere Vorlage auf den Tisch. Ein Vorgehen, das die Landes- und Kommunalpolitiker seit mehr als 10 Jahren komplett schmerzfrei durchziehen.

Wenn die SPD Pankow nun „Verrat, Verrat“ schreit, entbehrt das nicht einer gewissen Komik. Denn die wirklich großen Sünden sind auch Bestandteil des sogenannten Kompromisses vom 19.04.2012, der von der SPD Mitte getragen und der SPD Pankow bejubelt wird.

Beide Beschlussvorlagen sehen eine private Gewerbefläche im Süden vor.

Beim „Kompromiss“ vom 19 April war es die nicht näher bestimmte „Interessengemeinschaft ParkKultur“, die dem Stadtentwicklungsausschuss der BVV Mitte per mail eine diffuse Kauf und/ oder Pachtofferte übermittelte, und die nur vier Tage später ohne intensive Prüfung zur Grundlage für einer von drei Parteien getragene Beschlussvorlage wurde.
Man muss sich das mal vorstellen: Kioskbetreiber müssen Konzepte einreichen und sich bis auf die Unterhose durchleuchten lassen, um an einer beliebigen Straßenecke ihr Büdchen betreiben zu können. Hier aber sollte per BVV Beschluss ein historisch wichtiges Stück Grünfläche mit politischer und wirtschaftlicher Hilfe Berlins einer noch nicht einmal existierenden Firma „Interessengemeinschaft ParkKultur“ zugeschanzt werden.
 

Begehrlicheiten sind vorprogrammiert

In dem nun zur Debatte stehenden Antrag vom 14. Juni wird der Kreis der potenziellen Käufer zwar um das „Schönwetter“ und den Blumenmarkt erweitert – dennoch bleibt festzuhalten, dass die BVV Mitte sich auch hier anmaßt vorzuschreiben, an wen ein privater Eigentümer seine Grundstücke zu verkaufen hat.

Das stellt zum einen eine unzulässige Begünstigung einzelner Kaufleute dar und damit einen Eingriff in das Gewerberecht. Zum anderen ist es komplett wirkungslos.
Denn das Hauptkaufregularium ist der Verkaufspreis – und der wird frei verhandelt. Wer den Kaufpreis nicht aufbringt, kann nicht kaufen, da nutzt auch kein BVV-Votum etwas.

Die Risiken für den Park sind bei der angedachten Vorgehensweise enorm. Sollten die Wirte und Flohmarktbetreiber per Kauf oder Erbpacht dauerhaft ansässig werden, würden die Begehrlichkeiten ins Kraut schießen: Warum denn nur einmal in der Woche einen Flohmarkt betreiben? Und warum Freiluft?
Wir werden uns kurzfristig mit dem Verlangen nach Hallenbauten für einen Veranstaltungsort konfrontiert sehen. Es werden Erweiterungsbauten, Überdachungen etc. durch die Gastronomen beantragt werden und einiges andere mehr.

Dann wird das Tor zum Mauerpark dauerhaft von Werbetafeln, Kiosken, Erweiterungs- Aufstock- und Anflickbauten und Fertigbauhallen geprägt sein. Damit gibt Berlin an dieser historisch bedeutenden Stelle sämtliche städtebaulichen Möglichkeiten auf.
 

Nicht verkaufen, sondern verpachten

Die bisherigen Mieten der Mauerparkkaufleute sind sehr moderat, denn es handelt sich um temporäre Ein-Jahres-Verträge. Die Kaufkosten hingegen werden eine sehr viel höhere monatliche Belastung bedeuten – ob die jetzt dort ansässigen Geschäftsleute die dann benötigten Beträge mit ihren Kerngeschäft erwirtschaften können, ist zu bezweifeln.

Da schon im BVV-Beschluss keine wirksamen Auflagen vorgesehen sind, wird das in einem Kaufvertrag und im Bebauungsplan kaum anders werden. Damit ist der Spekulation Tür und Tor geöffnet. Warum Blumen oder Kaffee verkaufen, wenn mit dem Grundstücksweiterverkauf erheblich mehr zu verdienen ist?
Die Chancengleichheit zwischen Gewerbetreibenden sollte von Politik und Verwaltung nicht zum Vorteil oder Nachteil Einzelner beeinflusst werden. Fünfjährige Pachtverträge plus fünf Jahre Option entsprechen viel mehr den allgemeinen Gewerbepacht- u. Mietgepflogenheiten.
Fair wäre es, die Pachtobjekte öffentlich auszuschreiben und die Vergabe unter Mitwirkung u. -entscheidung der Bürgerinitiativen zu vergeben. Besonderes Augenmerk wäre dann darauf zu richten, dass der Kommerz parkverträglich und kleinteilig gestaltet wird und das Kleinstexistenzen als mobile Händler ebenfalls eigenständige Entfaltungsmöglichkeiten erhalten.
 

Bauliche Erschließung nur mit erheblichen Nachteilen für Park und Anwohner

Beide Beschlussvorlagen zeigen keine Verkehrsanbindung für das nördliche Baugebiet. Sie gehen jedoch unausgesprochen von einer Erschließung durch den Teilabriss des denkmalgeschützten Gleimtunnels und/ oder der Erschließung von Pankower Seite (Gleimviertel) aus.

Die Eigentümergesellschaft möchte über das Gleimviertel im Bezirk Pankow erschließen.
Der Bezirk Mitte über den Gleimtunnel.

Beide Erschließungsvarianten würden zu großen Nachbarschaftskonflikten führen.
Die von Mitte bevorzugte „Zuwegung Gleimtunnel“ hat den Nachteil, dass sie nicht baustellenfähig wäre. Daraus ergibt sich, dass es eine Baustellenerschließung für ca. 5 Jahre braucht. Hier wird die Eigentümerin sicher die Erschließung über das Gleimviertel, und damit über die Schwedter und/ oder Kopenhagener Straße, in die Planung bringen.
Was wird dann aus Kinderbauernhof, Kletterfelsen, Sackgasse und Fahrradstraße?

Nicht ausgeschlossen ist, dass der Senat hinterher versuchen wird, diese Zuwegung zu verstetigen. Frei nach dem Motto: „ Jetzt habt Ihr den Baustellenschwerlastverkehr ertragen, dann kommt Ihr mit den paar Smarts und Müllfahrzeugen auch noch klar.

Desweiteren wabert die Variante durch den politischen Raum, die Baustellenerschließung durch den westlichen Mauerpark zu führen. Das würde bedeuten, dass der westliche Mauerpark ab Lortzingstraße auf einer Breite von rund 20 Meter eine Baustellenzufahrt wird.
Nach meinen Informationen ist die Allianzumweltstiftung (Sponsor) damit nicht einverstanden.

Es ist zweifelhaft, ob überhaupt eine der angedachten Erschließungsvarianten gegen den heftigen Widerstand der Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen ist.
Der Rechtsweg wird hier ausdrücklich in Aussicht gestellt.
 

Dem Land Berlin droht ein Millionenschaden

Es ist unzulässig und rechtlich nicht haltbar, dem Investor mittels städtebaulichen Vertrag, vor Abschluss des Bebauungsplanverfahrens eine bestimmte Bebauung zusagen.
Denn scheitert der Vertrag – und er wird scheitern – hat der Vertragspartner einen Schadensersatzanspruch in zweistelliger Millionenhöhe gegen Berlin.

Bei dem letzten Bebauungsplanversuch im Jahr 2010 gab es die Rekordzahl von 2500 Einwendungen. Um einer noch Größeren Zahl von Einwendungen zu entgehen, wird Stadtrat Spallek (CDU) versuchen, den städtebaulichen Vertrag am Bürger vorbeizumogeln. Er wird versuchen, ein beschleunigtes Bebauungsplanverfahren ohne Bürgerbeteiligung durchzuziehen – ein Vorgehen, das bei der Größe der Baufläche und der geplanten Baumenge nicht zulässig ist.

Liebe Politiker,
gut gemachte Stadtentwicklungspolitik sieht ganz anders aus. Aber macht Euch keine Sorgen: zum Segen des großen Mauerparks werden Euch die BürgerInnen auch weiterhin auf die Sprünge helfen.

 

Heiner Funken ist Sprecher der Mauerpark Stiftung Welt-Bürger-Park, die gegen jegliche Bebauung des Mauerparkerweiterungsgeländes eintritt.

 

 

 

 

 

Zwischenüberschriften: Prenzlberger Stimme

 

Weitere Debattenbeiträge:

Stephan Lenz: „Warum Berlin Orte wie den Mauerpark braucht und warum eine Bebauung deshalb vermieden werden sollte“

Michail Nelken: „Absehbar! – Rot-Schwarzer Betoncoup am Mauerpark“

Klaus Mindrup: „Adieu grünes Band“

 

Weitere Artikel zum Thema:

Christian Gaebler: Mauerpark – Neuer Anlauf für eine Mauerparkerweiterung

Mauerpark in der BBV Mitte: Zeitnot brachte Zeitgewinn

Mauerpark im Wedding: Filetieren und betonieren

 

 

 



7 Kommentare zu “Schlimmer gehts (n)immer!”

  1. Amuesiert

    Jun 22. 2012

    Der letzte Satz ist falsch. Richtig wäre: „Heiner Funken ist der selbsternannte Sprecher aller Berliner Bürgerinnen und Bürger.“

    Nimmt den überhaupt noch jemand ernst?

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  2. Bin Berlin

    Jun 22. 2012

    d.Dame/Herr von der Mauerpark-Bebauungs-Lobby in Kommentar1 wird vielleicht nicht mehr so „Amuesiert“ sein, wenn der breite gesellschaftliche Widerstand deren Beton-Planungen durchkreuzt!
    in der Morgenpost lesen wir heute: „Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) ist optimistisch, dass sich eine mehrheitsfähige Lösung in der Bezirksverordnetenversammlung abzeichnet.“ wie kommt Herr Spallek darauf, dass dieser Vertrag mehrheitsfähig sein könnte?
    Appendix der Mitte-CDU ist bloß noch die Mitte-SPD(doch wohl so rum): Die schwarz-roten Parteifreunde in Pankow denken genau entgegengesetzt (siehe Mindrup-Artikel bei ODK „Adieu Grünes Band“.
    Dito Linke, Grüne und Piraten in beiden Bezirken, BIN-Berlin-BürgerInitiativen, Umweltverbände und die Mauerpark-Stiftung Welt-Bürger-Park sowieso. Und weit wichtiger: ALLE Bürgerinnen und Bürger aus nah und fern! UND: sogar die FdM kritisieren diesmal Spallek,Gothe Und Gaebler scharf:
    http://www.mauerpark.info/2012/06/mauerpark-ist-berlin-senat-keinen-pfifferling-wert/
    mehr Infos und schöne Fotos auch vom nervenschwachen Schönwetter-Inhaber: http://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=382462421813328&id=119596738104285

    übrigens der letzte Satz enthält in der Tat einen Fehler, hier die zweibuchstabige Berichtigung: „Heiner Funken ist Co-Sprecher der Mauerpark Stiftung Welt-Bürger-Park, die gegen jegliche Bebauung des Mauerparkerweiterungsgeländes eintritt.“

    und last but not least das Credo der BürgerInnen im alten/neuen MAUERPARK IS OUR PARK-Geist, das wir ab Sonnabend-Nachmittag auch wieder im Amphitheater bei OPEN ART & OPEN HEART ( http://www.welt-buerger-park.de/index.php?id=4#c182 ) vernehmen werden:
    ¡ OCCUPY MAUERPARK !
    WERDET WELT-BÜRGER-PARK-SCHÜTZER!
    ¡No pasarán!

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    • Amuesiert

      Jun 22. 2012

      Genau, alle die den H. Funken für einen selbstverliebten Gockel halten, dem es weniger um die Anliegen geht, zu deren Sprecher er sich jeweils mit grosser Geste aufschwingt, als um seine Selbstdarstellung als Rächer aller Witwen und Waisen, gehören natürlich zur Bebauungslobby. So einfach kann die Welt sein.

      „No Pasaran!“ – was für ein Schwachsinn.

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      • lupo

        Jun 22. 2012

        Man muß Funken ja nicht mögen – mich interessiert aber viel mehr: Kriegt man von der CA Immo eigentlich Geld für solche Kommentare?

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  3. politikversteher

    Jun 25. 2012

    Ach lupo(chen),

    Sie gehören zu der Gruppe von Menschen, die glauben, nur Ihre Meinung sei die Richtige. Akzeptieren Sie doch mal, dass Sie die Deutungshoheit über ihren Kiez nicht nur nie wirklich hatten, sondern dass dies nun auch immer mehr sichtbarer wird… Sie strotzen echt vor Überheblichkeit…. unglaublich.

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  4. Kiezschreiber

    Jun 25. 2012

    Die bezahlten Claqueure aus der leprösen Restmasse der abgewirtschafteten ehemaligen „Volksparteien“ werden nicht verhindern, dass die geplante Baustelle im Mauerpark mindestens so umkämpft sein dürfte wie Stuttgart 21. Tausende Berliner freuen sich jetzt schon auf Spalleks Grundsteinlegung, harr harr!

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