Christian Schmidt: Mit Joseph Goebbels und Alfred Rosenberg Demokraten zum Teufel jagen | Prenzlberger Stimme

Christian Schmidt: Mit Joseph Goebbels und Alfred Rosenberg Demokraten zum Teufel jagen

christian schmidt

 

Lange Zeit war es nicht ganz klar, ob es überhaupt einen real existierenden NPD-Kreisverband gibt. Die Pankower NPD-Webseite lief (und läuft) unter der presserechtlichen Verantwortung des einstigen Landesvorsitzenden Uwe Meesen, und von etwaigen lokalen Parteimandatsträgern war seitens der NPD nirgends etwas zu hören oder zu lesen. Das hat sich nun geändert. Auf der NPD-Kundgebung gegen Flüchlingheime am vergangenen Sonnabend wurde der 1989 geborene Christian Schmidt als Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Pankow vorgestellt.

 

schmidts volkstodAuf dem Titelbild seines Facebook-Auftritts prangt eine düstere Grafik mit der skurrilen Aufschrift DIE DEMOKRATEN BRINGEN UNS DEN VOLKSTOD!
Was für sich genommen wie ein Ausschnitt aus dem Satire-
magazin “Titanic” erscheint, ist tatsächlich die Parole der “Widerstandsbewegung in Südbrandenburg”, einer Nazivereinigung, die 2012 verboten wurde, als sie sich daran machte, eine militärisch organisierte “Sturmabteilung” aufzubauen. Brandenburgs damaliger Innenminister Dietmar Woidke erklärte seinerzeit dazu: “Sie haben an einer neuen SA gearbeitet”. Und: “Sie riefen zum Widerstand gegen die Demokratie auf und priesen einen nationalen Sozialismus, der sich an der Ideologie der NSDAP orientiert.”

Widerstand gegen die Demokratie und Orientierung an der Ideologie der NSDAP – damit ist auch Christian Schmidt ziemlich treffend charakterisiert.

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Bei einem Blick auf seine Facebookseite wird schnell klar, wer seine Heroen sind. Da finden sich zum Beispiel Zitate von Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels, natürlich stets zustimmend kommentiert.
Noch mehr aber hat es ihm offenbar Alfred Rosenberg angetan. Rosenberg, der nicht nur der Chefideologe der NSDAP war, sondern als “Reichsminister für die besetzten Ostgebiete” einer der Hauptverantwortlichen für die Ghettoisierung der osteuropäischen Juden und deren systematische Ermordung war, taucht bei Schmidt immer wieder auf.
Nicht nur mit zum Teil ellenlangen Zitaten – auch das Foto einer Seite aus dem von Rosenberg herausgegebenen und kommentierten Parteiprogramm der NSDAP wird von Schmidt stolz auf seinem Facebookaccount präsentiert.

 

Aktiv bei „Freien Nationalisten Berlin Mitte“ und „Natio­naler Wider­stand Berlin“

Nachweisbar sind Schmidts Aktivitäten in der organisierten Nazi-Szene spätestens seit 2010, da machte er mehrfach als Angehöriger der „Freien Nationalisten Berlin Mitte“ auf sich aufmerksam: Etwa im Mai 2010 bei einem Übergriff auf eine Gruppe Jugendlicher an Bahnhof Friedrichstraße. Im Juni des selben Jahres ist er dabei, als die Polizei mehrere Personen stoppte, die mit Teleskopschlagstöcken, Pfefferspray, und zwei Teppichmesser bewaffnet offenbar auf dem Weg ins alternative Kulturzentrum KUBIZ waren.

Nach der Selbstauflösung der Gruppe wechselte Schmidt in das Na­zi­netz­werk „Natio­naler Wider­stand Berlin“ (NW-Berlin) über – einer führenden Köpfe dort war der heutige NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke.

"...in regelmäßigen Abständen linke Läden und Lokalitäten besuchen..."

„…in regelmäßigen Abständen linke Läden und Lokalitäten besuchen…“

Auf deren – mittlerweile abgeschalteten – Webseite „nw-
berlin.net“ gab es nicht nur die allfällige Propaganda zu lesen, es wurde auch handfest zu Gewalt angestachelt. Fotos und private Informationen missliebiger Journalisten, Gewerkschafter und Jugendliche wurden online gestellt, darüber hinaus Listen alternativer Cafés und Einrichtungen – nicht ohne den Hinweis, man würde sich dort über „Gastgeschenke freuen“.

Das blieb nicht ohne Folgen.

Viele der auf „nw-berlin.net“ aufgeführten Lokalitäten wurden immer wieder beschmiert, es wurden Scheiben zertrümmert.
Im Oktober 2010 kam es zu einem Brandanschlag auf ein Wohnhaus in der Kreuzberger Manteuffelstraße, in dem sich ein linksalternativen Laden befand; am 27. Juni und am 9. November 2011 wurde das Anton-Schmaus-Haus der „Falken“ in Britz Ziel von Brandstiftungen.

Mit seinen Aktivitäten im „Nationalen Widerstand Berlin“ wurde Schmidt mehrfach bei der Polizei aktenkundig. So im Jahr 2011 bei einem „Ausländer-Raus“-Aufmarsch durch Kreuzberg (Anmelder war der heutige Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke), bei dem es zu gewlttätigen Übergriffen auf Gegendemonstranten und Passanten kam. Oder ein paar Wochen später in Schöneweide, wo Schmidt zusammen mit anderen einige Zivilpolizisten angreifen wollte, die er – dumm gelaufen – für „Linke“ hielt.

 

Organisator der Nazi-Szene in Buch

Im Jahr 2012 nahm Christian Schmidt seinen Wohnsitz in Berlin-Buch. Mit seinem Zuzug häuften sich die rechtsradikalen Aktivitäten im dem Pankower Ortsteil sichtlich. Rechtsradikale Aufkleber fanden sich gehäuft an Laternenpfählen und Häuserwänden, mehrfach wurde das sowjetische Ehrenmal beschmiert und auch massive Einschüchterungsversuche bis hin zu physische Übergriffen auf „Linke“ oder solche, die Schmidt und Co. dafür halten, nahmen zu.

Anfang Mai 2013 wurden beispielsweise zwei Mitglieder der Linksjugend „solid“ von Schmidt und einem weiteren Mann bedroht und anschließend bis zum S-Bahnhof verfolgt. Am 24. Mai desselben Jahres wurde die Gedenkveranstaltung für Dieter Eich – einen im Jahr 2000 von Rechtsradikalen ermordeten Sozialhilfeempfänger – von Bucher Nazis mit Hitlergrußzeigen gestört. Im Anschluss an die Veranstaltung wurden Teilnehmer mit Flaschen beworfen und durch Buch gejagt.

Am 5. August 2013 versuchten vier Rechtsradale die öffentlichen Sitzung des „Runden Tisches Geschichte Buch“, der sich mit der Geschichte Buchs vor, während und nach der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt, zu stören. Zwei Wochen später wurden fast flächendeckend Wahlplakate von SPD, CDU, LINKE, Piraten und Grünen heruntergerissen und stattdessen NPD-Plakate angebracht.
Anfang November 2013 war Schmidt daran beteilgt, als mehrere Nazis eine Filmvor­füh­rung im Bucher Bür­ger­haus observierten und hinterher zwei Gäste Ver­an­stal­tung bedrohten und ver­folgten.

Die Aufzählung ließe sich fast endlos weiterführen – bis hin zu den Übergriffen auf die Wahlwerbestände der SPD im April und Juni dieses Jahres.

 

Nur REWE zog bisher die Konsequenzen

Dass all das bisher noch immer spürbare Folgen für Schmidt geblieben ist, kann nicht wirklich verwundern. Schließlich hatten die Berliner Strafverfolgungsbehörden es auch über Jahre nicht geschafft, dem derzeitigen Berliner NPD-Vorsitzenden Sebastian Schmidtke seine führende Rolle beim „Natio­naler Wider­stand Berlin“ nachzuweisen. Das gelang erst der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“ (MBR), einem zivilgesellschaftlichen Projekt, das – vom Land Berlin gefördert – sich der Analyse der Phänomene Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus widmet. Ganz ohne die Ermittlungsmöglichkeiten, über die Polizei und Staatsanwaltschaft verfügen, gelang es den Akteuren des MBR, den Nachweis über Schmidtkes Führerschaft bei „NW-Berlin“ zu erbringen.

bz rewe schmidtDie einzige Institution, die bisher merkbar auf Christian Schmidts Aktivitäten reagiert hat, war sein einstiger Arbeitgeber REWE.
Nachdem Demonstranten in der Nähe der REWE-Filiale an der Ostseestraße, in der Schmidt beschäftigt war, auf die Vita Schmidts aufmerksam gemacht hatten, schaute sich die Geschäftsleitung ihren Kassierer etwas näher an – und sprach ihm die Kündigung aus.

 

Nun ist Schmidt kein Kassierer mehr, stattdessen darf er sich „Kreisvorsitzender der NPD Pankow“ nennen. Und kann sich nun ganz seiner politischen Arbeit widmen.

Das Ziel dieser Arbeit hatte er schon am 1. Dezember 2013 der (Facebook-)Welt kundgetan:
 
zum teufel jagen wird

 
Update: Nach dem Erscheinen dieses Artikels war Herrn Schmidt die Aufmerksamkeit, die seine Facebookseite erlangte, wohl zu groß. Nun wurde sie von ihm offenbar gelöscht.

 

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2 Kommentare zu “Christian Schmidt: Mit Joseph Goebbels und Alfred Rosenberg Demokraten zum Teufel jagen”

  1. mit schmidti ging ich gemeinsam zur schule. hatten ne tolle clique damals…traurig, dass sein leben so aus den fugen geraten ist..- bei näherer überlegung aber nicht groß verwunderlich. geschichtlich war er schon immer sehr am weltgeschehen interessiert, frei- und querdenker / freigeist wie er im buche steht…herr der ringe liebhaber (besonders die schlachten) – aber eines knn ich sagen: DAS ist nicht schmidti…nicht der von früher. tief im innern denkt er anders….

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