Klopapier-Alarm und unklare Verhältnisse in der Notunterkunft Smetanastraße

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Am Samstagabend wurde ein Hilferuf auf die Facebookseite der Notunterkunft Smetanastraße veröffentlicht:

hallo, ich war gerade vor ort und die securities haben mir auf nachfrage, was ich JETZT machen kann, bzw was fehlt: klopapier. ich weiß, dass das betreibersache ist, dennoch hab ichs gerne gebracht.

Auch in der Karower Sporthalle kam es nach Informationen der Prenzlberger Stimme bereits zu derart bemerkenswerten Engpässen. Möglicherweise fehlte dem Betreiber mal eben das Geld für die Anschaffung.

Die Notunterkunft in Weißensee wird – wie auch die Sporthalle am Karower Bedeweg – vom 27jährigen Ioan Schmidt betrieben, der eigens zu diesem Zweck die „SocialSupportBerlin gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt)“ mit ganzen 350 Euro Eigenkapital gegründet hatte. Allerdings ist bei heute unklar, ob jenes Unternehmen tatsächlich die Unterkünfte betreibt.
Während Schmidt behauptet, der Auftrag sei an die „SocialSupportBerlin“ erteilt worden – mit diesem Firmennamen wurden auch die Stellenausschreibungen für die Weißenseer Unterkunft unterzeichnet – besteht die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales nach wie vor darauf, dass der Auftrag zum Betreiben beider Notunterkünfte an die gewinnorientierte „Ioan Schmidt Company Services UG (haftungsbeschränkt)“ ergangen ist.

Das ist mehr, als ein Streit um des Kaisers Bart, denn die Gewinne einer als gemeinnützig eingestuften Gesellschaft dürfen grundsätzlich nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Bei einer „normalen“ Unternehmensgesellschaft oder GmbH hingegen fließt der Gewinn in die Taschen des Unternehmenseigners
 

Lizenz zum Gelddrucken

Für Dinge wie Toilettenpapier und Körperpflegemittel haben nach den „Allgemeinen Leistungsbeschreibungen“ des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) die Betreiber aufzukommen.

Dafür erhalten sie laut Monika Hebbinghaus, Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Tagessätze in Höhe von 25 Euro pro Flüchtling und Tag – zehn Euro für die Verpflegung und 15 Euro für Personal und Sachkosten. Das sind für die beiden Unterkünfte in Weißensee und Karow um die 300.000 Euro im Monat. Kosten für Wachpersonal und Reinigungskräfte werden zusätzlich ausgezahlt.
Eigentlich eine Lizenz zum Gelddrucken. Doch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) kam lange Zeit mit den Auszahlungen nicht hinterher.
Da das LAGeSo laut Senatsverwaltungssprecher Sascha Langenbach nicht in Vorleistung geht, kann es also bei einer derart knappen Kapitaldecke schon mal zu derlei Mangelerscheinungen kommen. Auf jeden Fall aber erhöht die Spende der freundlichen Helferin den Gewinn der Betreibergesellschaft.
 

Keine Bonitätsprüfung vorgenommen

Bereits vor einer Woche hatte die Prenzlberger Stimme über allerlei Merkwürdigkeiten betreffs des Betreibers der beiden Notunterkünfte berichtet. Entsprechende Anfragen an díe Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales brachten bisher kaum Substanzielles zutage.
So ist noch immer unklar, welche fachliche Qualifikation Schmidt für das Betreiben einer Flüchtlingsunterkunft mitbringt. Weder von ihm, noch von der zuständigen Verwaltung ist bisher dazu eine erhellende Erklärung zu bekommen gewesen.
Auch darüber, warum ausgerechnet ein in der Sache offensichtlich unerfahrener und – ausweislich des Unternehmenkapitals – fast mittelloser Betreiber den Zuschlag erhielt, hüllt sich das Haus von Senator Czaja in Schweigen. Immerhin konnte sich der Sprecher des Senators zu dem Eingeständnis durchringen, dass vor der Vergabe von Aufträgen zum Betreiben von Notunterkünften keine Bonitätsprüfungen vorgenommen werden. Was eigentlich einer Einladung an windige Gestalten jeglicher Couleur gleichkommt, hier mal schnell ein paar hunderttausend Euro abzugreifen. Da verwundert es kaum noch, wenn in Karow mittlerweile hinter vorgehaltener Hand das böse Wort von der „Geldwäsche“ die Runde macht.

Nach den am vergangenen Wochenende laut gewordenen Vorwürfen, Senator Czaja habe parteipolitische Aspekte in seine Entscheidungen in Sachen Flüchtlingsunterkünfte einfließen lassen, wäre in der Causa Ioan Schmidt nun noch ein weiterer Aspekt zu erfragen. Schließlich hatte sich CDU-Mitglied Schmidt unmittelbar nach seinem Umzug von Frankfurt/Main nach Berlin schon mal darum bemüht, den Entscheidungsträgern seiner Partei möglichst nahe zu kommen.

Klarheit ist nötig

Gerüchte jeglicher Art sind das Letzte, was in der derzeitigen Situation gebraucht wird. Sie laden die gereizte Stimmung, die mittlerweile vor allem in Karow herrscht, nur weiter auf, sie belasten die zuweilen bis an die Grenze ihrer Kraft gehenden freiwilligen Helfer in den Notunterkünften und spielen der rechtsradikalen Szene in die Hände. Doch die Beantwortung der sich stellenden Fragen erfolgt durch die zuständige Senatsverwaltung nur schleppend und rudimentär. Betreiber Ioan Schmidt verweigert sogar jede Auskunft.

Um nun endlich Klarheit über die Hintergründe der Auftragsvergabe in Karow und Weißensee zu schaffen, hat die Prenzlberger Stimme bei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales einen Antrag auf Akteneinsicht auf der Grundlage des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes gestellt.

 

 

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2 Kommentare zu “Klopapier-Alarm und unklare Verhältnisse in der Notunterkunft Smetanastraße”

  1. Wäre für Karower Dachse wirtschaftlicher die NUK selbst zu betreiben! Tue Gutes und hab eine Win-Win Situation.

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  2. Beim Lageso vorstellig werden und einen Antrag abgeben.

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