Eiertanz um eine Ruine

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Das architektonische Schmuckstück, das da auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Greifswalder Straße steht, wirkt äußerst anziehend. Nicht unbedingt für die Anwohner des Thälmannparks, von denen nicht wenige aus ihren Hochhäusern die ausgebrannte Plattenbauruine vor Augen haben. Und sicher auch nicht für die Fahrgäste der S-Bahn, die im Vorbeifahren die nicht minder bemerkenswerte Rückseite des Gebäudes bewundern können.

Doch ansonsten…

Jugendliche und Kinder nutzen das Haus beispielsweise als einen Abenteuerspielplatz, Wohnungslose nehmen in der Ruine Quartier
Das ist gefährlich, mindestens zwölf Mal ist dort in den vergangenen fünf Jahren ein Feuer ausgebrochen und man kann von Glück reden, dass zu diesem Zeitpunkt dort niemand geschlafen hatte.

 

Eigentum eines „Unzuverlässigen“

Eigentlich gehört das Plattenbauskelett entweder abgerissen oder aber so gesichert, dass dort niemand mehr Einlass findet.
Das wäre nun die Pflicht des Grundstückseigentümers. Doch in diesem Fall handelt es sich um Christian Gérôme, einem Immobilienhändler, der schon in anderen Zusammenhängen deutlich gemacht hatte, dass die Erfüllungen bindender Verpflichtungen für ihn nicht unbedingt höchste Priorität genießt und der vom Pankower Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner deshalb auch schon mal öffentlich der Unzuverlässigkeit geziehen wurde.

Dass seit Jahren ungesicherte Haus war vor ein paar Wochen auch Thema einer Kleinen Anfrage des Bezirksverordneten Matthias Böttcher (SPD). Er wollte vom Bezirksamt unter anderem wissen: „Ist das Gebäude gegen unbefugten Zutritt gesichert? Gibt es zu diesem Gebäude Auflagen? Wenn ja welche, durch wen und wie werden sie eingehalten?“

Die Antwort von Stadtrat Kirchner:

„Es erfolgte eine aktuelle Vor-Ort-Recherche seitens der Bau- und Wohnungsaufsicht des Stadtentwicklungsamtes dahingehend, ob eine Sicherung des Gebäudes gegen unbefugten Zutritt besteht. Dabei wurde festgestellt, dass das Gebäude derzeitig nicht gegen unbefugten Zutritt gesichert ist. Grundstückstore sind zwar vorhanden, jedoch sind die Torschlösser teilweise aufgebrochen. Gleiches gilt für die Hauptzugangstür zum Gebäude. Aktuelle Anzeigen zu diesem Gebäude lagen bisher nicht vor, weshalb bisher auch keine bauordnungsrechtlichen Schritte eingeleitet wurden. Auflagen wurden dementsprechend nicht erteilt.“

Der letzte Teil der Aussage kann so nicht stimmen. Denn schon nach einem Brand im Jahr 2012 beklagte die Polizei gegenüber einer Lournalistin, dass das gelände und Gebäude ungesichert seien. Unwahrscheinlich, dass die Klage dieses Missstands nach den zahlreichen Bränden nicht auch über den Dienstweg an das Bezirksamt weitergereicht wurde. Und schon 2012 hatte der Bezirksstadtrat die Prenzlberger Stmme wissen lassen, dass er gar nicht daran denke, eine Ersatzvornahme in die Wege zu leiten und etwa den Eingang zur Ruine zumauern zu lassen.

Dabei hatte Kirchner in der Antwort auf die Kleine Anfrage die Möglichkeit einer Ersatzvornahme selbst beschrieben.

Die Umstände sind im § 10 – Ersatzvornahme – des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (§ 10 VwVG) geregelt. Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist -vertretbare Handlung-, nicht erfüllt, so kann die Vollzugsbehörde einen anderen mit der Vornahme der Handlung auf Kosten des Pflichtigen beauftragen. Hierbei handelt es sich um ein Zwangsmittel, das dann Anwendung findet, wenn vorherige Maßnahmen, wie z. B. Anhörungen und Anordnungen, nicht zur Einhaltung der verpflichtenden Handlung des Eigentümers geführt haben.

 

Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme schon lange gegeben

„Man habe den Eigentümer schon mehrfach aufgefordert, dass Gelände und die darauf befindlichen Gebäude gegen Eindringlinge abzusichern“, zitierte der Tagespiegel bereits vor Jahresfrist den Bezirksstadtrat – was die Weigerung, nun endlich selbst die Sicherung des Gefahrenherdes vorzunehmen, nur noch unverständlicher erscheinen lässt.

Doch kurz nach der Beantwortung jener Anfrage des Bezirksverordneten wurde in dieser Angelegenheit dann unerwartet eine frohe Botschaft verkündet.
Einstrahlender Bezirksstadt erklärte der Prenzlberger Stimme auf dem Neujahrsempfang der Pankower Vereine, der Immobilienhändler hätte sich nunmehr bereit erklärt, das Nötige für die Sicherung der Ruine in die Wege zu leiten. Und der neben ihm stehende Christian Gérôme stimmte dem – nicht minder strahlend – zu: Gleich morgen werde er eine Firma beauftragen…
Das war im Januar. Getan hat sich seitdem nichts.
Als die Prenzlberger Stimme sich in der vergangenen Woche nach den Gründen für die ungebrochene Enthaltsamkeit erkundigte, erhielt sie eine bemerkenswerte Antwort. Keine geringere Institution als die Polizei selbst habe ihm, Gérôme, abgeraten, das Haus zu sichern. Weil: Der Eingang zur Ruine könnte ja wieder aufgebrochen werden.

 

Die Frage, ob Christian Gérôme in seiner Villa auf Schlösser und Türen verzichtet, weil mögliche Einbrecher diese Sicherung ja knacken könnten, ließ der Grundstückseigentümer unbeantwortet.

 

k1ia

 

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Kommentar zu “Eiertanz um eine Ruine”

  1. Herbert Korte

    Mrz 17. 2016

    Wenn ich die beiden Brüder da so sehe und lese was hier so los ist, zwingt sich mir die Frage auf, was läuft zwischen den beiden?

    Reply to this comment

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