Kurt im Glück | Prenzlberger Stimme

Kurt im Glück

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Zwei Möbelhäuser („Höffner“ und „Sconto“) werden am der Heinersdorfer Seite des ehemaligen Güter- und Rangierbahnofs Pankow entstehen, am S-Bahnhof Pankow wird ein Einkaufszentrum mit rund 30.000 Quadratmetern entstehen.
Zwischendrin gibts ein Wohngebiet mit 1.000 Wohnungen und am östlichen und westlichen Ende des Areals wird je eine Schule gebaut – das waren, zusammengefasst, die Nachrichten, die am Dienstabend in der hoffnungslos überfüllten Aula des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums zum Thema „Pankower Tor“ verkündet wurden.

Brache am Bahnhof Pankow: Hier entsteht  ein Einkaufszentrum

Brache am Bahnhof Pankow: Hier entsteht ein Einkaufszentrum

Das Gezerre um die Gestaltung der rund 40 Hektar großen Brache scheint damit nun endgültig ad acta gelegt zu sein, Möbelhaustycoon Kurt Krieger, dem die Fläche seit 2009 gehört, hat seine Vorstellungen weitgehend durchsetzen können.
Also konnte ein sichtlich entspannter Grundstückseigentümer verkünden, dass noch im März ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben wird, dessen Ergebnisse im voraussichtlich im August vorgestellt werden.

Kein Wort mehr über seine Drohung noch im vergangenen Sommer, das Gelände auf seinen 13jährigen Sohn zu überschreiben, auf dass er es dann fünfzehn oder zwanzig Jahren entwickeln könne.
Stattdessen eine kleine Attitüde als Lehrmeister der Politik: Die Steglitzer Schlossstraße, so Krieger, verfüge über 800.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, das Pankower Zentrum hingegen nur über 30.000. In einem solchen Falle sei eine Gemeinde geradezu verpflichtet, aufzustocken – es sei denn man wolle nur noch den Internethandel, bei dem dann nur noch „kleine Lastwagen wie die Ameisen auf die Häuser zulaufen“.
 

Senat gab in allen wesentlichen Punkten nach

Während die Errichtung von zwei Möbelhäusern durch Kurt Krieger stets unstrittig war, rieb sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt jahrelang an Kriegers Vorhaben, ein Einkaufszentrum mit mit erst 40.000, dann 30.000 Quadratmeter zu errichten.

In allen wesentlichen Punkten durchgesetzt: Kurt Krieger mit Senator Andreas Geisel

In allen wesentlichen Punkten durchgesetzt: Kurt Krieger mit Senator Andreas Geisel

Auch ein Angebot, 500 – später erhöht auf 750 Wohnungen zu errichten, von denen die Hälfte zu einem Preis von 5,50 Euro vermietet werden sollen (Krieger: „Das kostet mich 20 Millionen!“), brachte nicht wirklich Bewegung in die Sache.
Selbst Kriegers Bereitschaft, Grundstücke für zwei dringend benötigte Schulen zur Verfügung zu stellen, brachte die SPD-geführte Senatsverwaltung nicht lange Zeit nicht von ihrer Blockadehaltung ab. Das Shopping-Center, so hieß es dort immer wieder, kannibalisiere die anderen Angebote im Pankower Zentrum.

Darüber hinaus bestand die Landesregierung auf den Bau einer verwaltungsintern POW („Planstraße Ost-West-

Hier sollte die POW-Brücke die Berliner Straße überdachen

Hier sollte die POW-Brücke die Berliner Straße überdachen

Verbindung“) genannten Schnellstraße entlang der Granitzstraße, die den Verkehr von der Hamburger Autobahn mittels Überbrückung der Berliner Straße auf die Mühlenstraße führen sollte. Die Schnellstraße hätte allerdings auch das Grundstück der am Bahnhof Pankow vorgesehenen Schule belegt.

Von der POW hatte sich der Senat auf Drängen des Bezirks bereits im Juni vergangenen Jahres verabschiedet, und dass die Senatsverwaltung ihren Widerstand gegen die Shopping-Mall aufgeben wird, hatte Senator Andreas Geisel (SPD) bereits im Januar beim Neujahrsempfang des Vereins für Pankow anklingen lassen.
Ausschlaggebend war wohl die Bereitschaft des Möbelhauskönigs, die Mall nicht am östlichen, sondern am westlichen Ende des Areals – also direkt am S- und U-Bahnof Pankow – zu errichten.
 

„Bereicherung“ statt Konkurrenz

Zwar klang die Begründung des Senators, damit wäre das Einkaufszentrum „keine Konkurrenz mehr für den bestehenden Einzelhandel sondern eine Bereicherung“, etwas bizarr – denn am östlichen Rand gabs eigentlich keine Konkurrenz – doch der nun festgeklopfte Standort macht mit seiner unmittelbaren Anbindung an S-, U-, Straßenbahn und Bus natürlich Sinn.

Schömhauser Allee Arcarden: 95 Prozent der Kunden reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln an

Schömhauser Allee Arcarden: 95 Prozent der Kunden reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln an

Während bei einer Lage im östlichen Teil laut verschiedener Verkehrsgutachten mit um die 36.000 Fahrzeugbewegungen pro Tag zu rechnen gewesen wäre, dürfte die Erhöhung des Individualverkehrs zum Einkaufszentrum am westlichen Teil des ehemaligen Rangierbahnhofs zu vernachlässigen sein. Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner wies darauf hin, dass die Besucher der in ähnlicher verkehrlichen Lage befindlichen „Schönhauser Allee Arcarden“ zu 95 Prozent mit dem öffentlichen Personennahverkehr anreisen.
Die am östlichen Standort verbleibenden Möbelhäuser sollen laut Kirchner nicht mehr als 7.000 Fahrzeugbewegungen (Kirchner: „3.500 hin und 3.500 wieder weg“) auslösen.

Straßenbahnführung muss neu überdacht werden

Straßenbahnführung muss neu überdacht werden

Die Erhöhung der Wohnungsanzahl von 750 auf 1.000 soll durch eine Aufstockung der einst angedachten drei bis vier auf fünf bis sechs Geschosse erreicht werden.
Die Zahl der mit einer für Neubauten äußerst geringen Miete von 5.50 Euro anzubietenden Wohneinheiten bleibt mit 250 konstant.
Um die 500 Millionen Euro will Krieger in das Projekt investieren. Dazu gehören auch eine neue Straßenkreuzung im Norden eine Abstellanlage für 1.000 Fahrräder am S-Bahnhof Pankow und ein Tunnel unter dem Bahndamm für Fußgänger und Radfahrer.

Neu überdacht werden muss die Führung der vom Bezirk favorisierten Straßenbahnlinie „M 54“, deren angedachte Linienführung über das Areal des einstigen Güterbahnhofs noch von einem Einkaufszentrum im Osten ausgegangen ist.
Auch die gesamte Straßensituation am Bahnhof Pankow dürfte dann auf dem Prüfstand stehen, wenn wenn nicht nur täglich eine fünfstellige Anzahl von Besuchern des Einkaufszentrums ein – und aussteigen, sondern auch um die 3.000 zusätzlichen Bewohner den Knotenpunkt am Bahnhof Pankow frequentieren.

 

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