Illegale Ferienwohnungen: Pankow schert aus

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Pankower Betreiber nicht genehmigter Urlaubsunterkünfte müssen sich in nächster Zeit noch keine grauen Haare wachsen lassen. Denn der für die Causa Ferienwohnungen zuständige Bezirksstadtrat Torsten Kühne will – Gesetz hin oder her – erst einmal abwarten, was die Klagen vom Zweckentfremdungsverbotsgesetz Betroffener so bringen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zeigt sich not amused
 
Genau 905 Wohnungen wurden dem Bezirksamt Pankow nach dem Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes im April 2014 von Eigentümern gemeldet, die ihre Wohnimmobilie als Ferienwohnung vermieteten. Jene – und nur jene – fristgerecht als Ferienunterkünft gemeldeten Wohnungen erhielten einen zweijährigen Bestandsschutz. Der läuft nun Ende dieser Woche aus. Danach soll hart durchgegriffen werden – erst vor einigen Wochen hatte das Abgeordnetenhaus die Strafgelder für das Betreiben illegaler Ferienwohnungen von 50.000 auf 100.000 Euro verdoppelt.

Deutlich mehr als 200 Anträge auf Ausnahmegenehmigungen, also Befreiung vom Zweckentfremdungsverbot – sind, so Stadtrat Kühne zur Prenzlberger Stimme, im Bezirk Pankow bisher gestellt worden, die allesamt abgelehnt wurden. Dennoch werden im Bezirk Pankow Verstöße gegen das Gesetz – anders als in anderen Bezirken – auch nach dem Auslaufen der Schonfrist vorerst keine Konsequenzen zeitigen.

Stadtrat Torsten erklärte gegenüber der Prenzlberger Stimme: „Wenn hier von Seiten der Antragsteller eine gerichtliche Klärung angezeigt wird, werden diese Verfahren zur Vermeidung von etwaigen späteren Schadenersatzansprüchen erst einmal ‚ruhig gestellt‘, so dass auch über den 30. April hinaus ein Verwaltungszwangsverfahren vorerst nicht weiter verfolgt wird.“
Das Berliner Verwaltungsgericht, so Kühne weiter, habe erkennen lassen, dass es sich noch vor dem Sommer mit den ersten vorliegenden Klagen befassen werde. Danach werde das Bezirksamt in „enger Abstimmung mit der zuständigen Senatsverwaltung über das weitere Vorgehen in Bezug auf die Verwaltungszwangsverfahren entscheiden.“
 

Senatsverwaltung zeigt sich entrüstet

Das Ausscheren Pankows aus der berlinweiten Durchsetzung des Gesetzes nach dem 30. April scheint dagegen nicht nur nicht eng, sondern gar nicht mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt abgestimmt zu sein. Dementsprechend scharf fiel die Reaktion dort aus.

Der Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses zum Zweckentfremdungsverbot sei „auch für Pankow bindend“, erklärte Martin Pallgen, Sprecher von Senator Andreas Geisel. Die Entscheidung von Bezirksstadtrat Torsten Kühne würde bedeuten, dass in Pankow eigentlich illegal als Ferienunterkünfte genutzte Wohnungen über Jahre hinweg weiter als Ferienwohnungen genutzt werden können. Pallgen: „Das können wir nicht akzeptieren.“

Das Befürchtung längerer Verzögerungen ist nicht übertrieben, denn Verwaltungsgerichtsverfahren dauern – nicht nur in Berlin – mitunter Jahre.
Ob Senator Geisel, der sonst sehr schnell dabei ist, den Bezirken Entscheidungskompetenzen zu entziehen, auch in diesem Fall durchgreifen wird, war bisher nicht zu erfahren.

 

Vierstellige Anzahl illegaler Ferienwohnungen in Pankow vermutet

Wieviel illegal genutzte Ferienwohnungen es tatsächlich gibt, ist allerdings weiterhin unklar. Laut Bezirksstadtrat Torsten Kühne hat die Auswertung von einschlägigen Internetportalen im letzten Jahr eine geschätzte Anzahl von zwei- bis dreitausend Pankower Ferienwohnungen ergeben. Verlässlich ist diese Schätzung aber nicht, weil auf den Anbieterseiten meist keine genauen Adressen der Unterkünfte verzeichnet sind.

Um das zu ändern, hatte Senator Andreas Geisel bereits Anfang dieses Jahres angekündigt, die Webseitenbetreiber dazu zu verpflichten, die Anbieter der Unterkünfte offenzulegen. In der Praxis dürfte das jedoch schwer umsetzbar sein, denn schon allein der Marktführer Airbnb hat seinen Firmensitz in Kalifornien und unterliegt damit nicht deutschem oder gar Berliner Recht.

 

Meldeportal soll das Aufspüren erleichtern

Um das Aufspüren von illegal genutzten Quartieren zu voranzubringen hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nun ein Seite ins Netz gestellt (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum), auf der jedermann „verdächtige“ Wohnungen melden kann. Aber auch für das Abarbeiten dieser Hinweise sind die Bezirksämter zuständig.

Ob die anfallenden Anzeigen auch in einer überschaubaren Zeit überprüft werden können, scheint nicht wirklich sicher zu sein. Das Bezirksamt, so Bezirksstadtrat Torsten Kühne zur Prenzlberger Stimme, werde die Hinweise, die über das Meldeportal einlaufen, „im Rahmen der personellen Möglichkeiten“ bearbeiten. Das Bezirksamt gehe davon aus, dass die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Aussicht gestellten drei zusätzlichen Mitarbeiter ab Juni für den Bereich zur Verfügung stehen.
Bereits ohne das zentrale Anzeigenportal sind in Pankow rund 200 Hinweise auf nicht genehmigte Nutzung von Ferienwohnungen eingegangen.

 

 



4 Kommentare zu “Illegale Ferienwohnungen: Pankow schert aus”

  1. Torsten Kühne

    Apr 27. 2016

    Lieber Herr Kampmann,

    gerne erläutere ich Ihnen nochmal genauer die Sachlage. Pankow schert mitnichten aus. Und natürlich wird auch in Pankow das Zweckentfremdungsverbotsgesetz (ZwVbG) angewandt, und zwar seit Mai 2014. Wie ich Ihnen schon schrieb, sind in Pankow fristgerecht 905 Ferienwohnungen in 2014 angezeigt worden, die bis 30.4.2016 Bestandsschutz genießen. Davon sind in rund 100 Fällen mittlerweile die Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt worden, sprich sie wurden regulär vermietet. In deutliche über 200 Fällen liegen Anträge auf weitere Nutzung als Ferienwohnung bzw. auf Befreiung vom ZwVbG vor. Diese Anträge werden aber nach den Vorgaben des Gesetzes grundsätzlich abgelehnt. In der überwiegenden Anzahl dieser Fälle liegt aber auch eine Rückmeldung seitens der Eigentümer vor, dass eine gerichtliche Klärung gesucht wird. Diese Verwaltungsverfahren werden absehbar mit hohem Aufwand verbunden sein. Mit derzeit 3 Mitarbeitern im Bereich Zweckentfremdung sind hunderte Verwaltungsverfahren nicht in ein paar Wochen zu erledigen. Von sich daran anschließenden Klagen will ich gar nicht reden. Vom Verwaltungsgericht haben wir mittlerweile die Rückmeldung, dass schon ggf. im Juni, auf jeden Fall vor der Sommerpause, mit einer ersten gerichtlichen Befassung zu rechnen ist. Je nachdem wie die Hinweise des Gerichtes aussehen, ist ggf. mit einer Rücknahme von Widersprüchen/Klageandrohungen zu rechnen. Auch im Hinblick auf vermeidbare Kosten (Verfahrenskosten, ggf. Schadenersatzansprüche) sind die Hinweise seitens des Gerichtes hilfreich. Ebenfalls für Juni ist zusätzliches Personal in Aussicht gestellt. Deshalb konzentrieren wir uns in Pankow erst einmal auf die rund 500 Fälle, wo wir noch gar keine Rückmeldung bezüglich der weiteren Nutzung von angezeigten Ferienwohnung haben. Dann haben wir noch hunderte Bürgerhinweise auf angeblich illegale Ferienwohnungen, die bearbeitet werden müssen. Wir haben auch immer mit einem hohen Verwaltungsaufwand zum Ende der Übergangsfrist gerechnet. Nun müssen eben Prioritäten gesetzt werden. Auch andere Bezirke verfahren nach meinem Kenntnisstand so.

    Freundliche Grüße

    Torsten Kühne

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  2. Ich halte das für ein kluges – weil wirtschaftlich sinnvolles – Vorgehen.

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  3. Armin Fuhrer

    Apr 27. 2016

    „Wir haben auch immer mit einem hohen Verwaltungsaufwand zum Ende der Übergangsfrist gerechnet.“

    Warum haben Sie dann nicht mehr Leute eingestellt, wenn Sie so klug und weitsichtig waren? Als die völlig unsinnige Parkraumbewirtschaftung eingeführt wurde, ging das doch auch.

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    • Torsten Kühne

      Apr 28. 2016

      Sehr geehrter Herr Fuhrer,

      leider muss ich auch an dieser Stelle den weit verbreiteten Irrtum widerlegen, dass man als Stadtrat mal eben so neue Mitarbeiter einstellen könnte. Die Einstellung von Mitarbeitern erfolgt auf Grundlage des im Haushaltsgesetzes festgelegten Stellenplans, der alle 2 Jahre vom Gesetzgeber (Abgeordnetenhaus) verabschiedet wird. An dieses Gesetz muss sich die Exekutive (damit auch der Stadtrat) halten. Die Bezirke haben frühzeitig auf den Verwaltungsaufwand zum Ende der Übergangsfrist hingewiesen. Deshalb hat die Senatsverwaltung nunmehr auch zum Juni neue Mitarbeiter in Aussicht gestellt, die ihrerseits nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Senatsfinanzverwaltung sogenannte Beschäftigungspositionen (befristete Stellen) geschaffen hat. Denn feste (unbefristete) Stellen kann nur der Gesetzgeber (siehe oben) schaffen.

      Bei der Einführung/Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung konnte der Bezirk ebenfalls nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Senatsfinanzverwaltung so ähnlich verfahren.

      Insofern kann man „klug und weitsichtig“ auf Probleme hinweisen, und trotzdem vor selbigen dann am Ende stehen.

      Freundliche Grüße

      Torsten Kühne

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