Alles Pankow – oder: Zwei Bürgermeister für einen schwer erziehbaren Jubilar

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Mehr Pankow ging nun wirklich nicht.

Im an der Pankower Straße in Pankow gelegenen „Hotel Pankow“ hatte der „Verein für Pankow e.V.“ zu einem Geburtstagsfest zu Ehren von „Mister Pankow“ eingeladen.
Helmut Hampel, nach 1990 über zehn Jahre lang SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksverordnetenversammlung von Pankow und seit 2013 Ehrenvorsitzender des Vereins für Pankow, war ein Woche zuvor 80 Jahre alt geworden.

 

Das Geburtstagskind kam später

Als die Limousine des Regierenden Bürgermeisters in der Pankower Straße eintraf, war der Jubilar noch gar nicht da. Der erschien erst kurze Zeit später, chauffiert in einem BMW, Baujahr 1947. Dann begaben sich der Michael Müller und Helmut Hampel, eskortiert von zwei Langen Kerls, ins Haus, wo schon die anderen Gäste warteten.

Foto: Oliver Görs

Foto: Oliver Görs

Dass ein Verein seinen Ehrenvormann zum Jubiläum gratuliert, ist ja so ungewöhnlich nicht – dass aber zur Gratulationscour der Regierungschef des Landes und der Bürgermeister des Bezirks erscheinen, aber doch.
Neben dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller und dem Pankower Bezirksbürgermeister Matthias Köhne
war das halbe Bezirksamt anwesend; Vertreter der 1. Kompanie des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung, das mit dem Bezirk Pankow in Patenschaftsbeziehung steht und viele andere mehr.

Dass so viele – wie man so schön sagt – „hochrangige“ Gäste zu Helmut Hampels runden Geburtstag gekommen waren, hat sicher sehr viel mit seinem politischen Wirken in der Nachwendezeit zu tun – aber wohl auch mit der Biografie des 80jährigen. Denn Helmut Hampel gehört zu den wenigen Sozialdemokraten, die auch in der DDR Mitglied der SPD geblieben waren.
 

Sozialdemokrat in der „Hauptstadt der DDR“

„Meine Mutter war alleinerziehend, ich war schwer erziehbar, also sollte ich von der Straße. Da hat sie mich zu den Falken geschleppt.“ So beschreibt Helmut Hampel seinen Eintritt in die sozialdemokratische Jugendorganisation „Die Falken“ im Jahr 1949. Und zwar in Friedrichshain, also in Ostberlin, wo die SED mittlerweile die Jugendarbeit weitgehend unter der Ägide der FDJ majorisiert hatte.

01 Im Jahr 1953 trat er in die die SPD ein, die in Ostdeutschland nach der – bereits 1946 erfolgten – Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED formal eigentlich gar nicht mehr existierte.

Möglich wurde der Fortbestand der SPD in Ostberlin durch den besonderen (Vier-Mächte-)Status der gesamten Stadt.
Als nach der Gründung der SED im sowjetischen Machtbereichs das Schicksal der SPD in Ostberlin über mehrere Wochen hinweg unklar blieb, erhielten die Ostberliner Sozialdemokraten schließlich durch einen Kompromiss der Besatzungsmächte eine Sonderstatus. Mit Beschluss der Alliierten Kommandatur vom 31.Mai 1946 wurden sowohl SPD als auch SED in allen Sektoren Berlins zugelassen. Wählbar waren die Sozialdemokraten jedoch nach Gründung der DDR (und der Ausrufung Ostberlins zu ihrer Hauptstadt) nur noch in den Westsektoren Berlins.
 

Wanze in der Schrankwand

Erst nach dem Mauerbau am 13. August 1961 schlossen die in den Ostberliner Stadtbezirken verbliebenen Kreisbüros, die nun auch physisch von der SPD im Westen abgeschnitten waren, ihre Pforten. Ende August 1961 löste die SPD ihre Kreisverbände in den acht Oststadtbezirken dann auch offiziell auf, und deren Mitglieder – so sie nicht noch irgendwie flüchten konnten oder wollten – wurden von Westberlin aus betreut. Auch Helmut Hampel bekam bis ins Jahr 1989 immer wieder Besuch von sozialdemokratischen Genossen aus dem Westteil der Stadt und zu Weihnachten immer ein Paket. Die Pakete wurden zwar von der SPD verschickt, doch als Absender stand immer die Privatanschrift eines Parteifreundes auf dem Adressetikett – anders wäre es wohl gar nicht durch den DDR-Zoll gekommen.

08Dass die bekennenden Sozialdemokraten in der DDR auf der Beobachtunsliste der DDR-Staatssicherheit ganz oben standen, war nur logisch – auch Helmut Hampel blieb davon nicht verschont.
In seiner Stasi-Akte fand Hampel viele Berichte des IM „Plato“, der aber war nicht etwa ein Ostberliner Nachbar, sondern einer jener Betreuer aus Westberlin, die die SPD zu ihren genossen in den Osten schickte. Einmal saß „Plato“ bei ihm auf dem Sofa und mokierte sich über die angeblich schiefe Schrankwand. Hilfsbereit mach er aich ans werk, das Möbelstück zu richten. Später fand Hampel dort eine „Wanze“… .

 

Gewinner im Namensstreit

Nach den Kommunalwahlen im März 1990 wurde Helmut Hampel Fraktionsvorsitzender der SPD in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und blieb es bis zur Bezirksreform 2001, als die Altbezirke Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee zu einem Großbezirk zusammengeschlossen wurden.

09Im Vorfeld der Fusion entbrannte eine erbitterte Schlacht um den Namen des neuen Verwaltungsgebildes. Die Prenzlauer Berger (die für die Beibehaltung ihres Bezirksnamens an die 10.000 Unterschriften sammelten) wollten partout nicht Pankower werden.
Hampel, dem die ganze Fusion gegen den Strich ging, konnte schließlich die CDU dafür gewinnen, dass der neu zu bildenden Großbezirk „Pankow“ genannt wird. Daher auch der Spitzname „Mister Pankow“.
Dass der Bezirk den Namen Pankow behalten würde, war übrigens auch Jahre später noch nicht sicher. Zwischendurch

20hieß er – ganz offiziell „3. Prenzlauer Berg, Pankow und Weissensee“.

Sein Einfluss war zumindest in der Pankower SPD auch noch Jahre nach seinem Abschied aus der aktiven Politik spürbar. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich noch daran, wie 2011 der damalige Vorsitzende des Pankower SPD-Kreisverbandes, nicht nur einmal von der „Gruppe um Helmut Hampel“ sprach – und dabei nicht unbedingt glücklich wirkte.

Offenbar ist Helmut Hampel bis ins hohe Alter hinein „schwer erziehbar“ geblieben.

 

 



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