Kein Kandidatenforum im Wahlkreis 8 – der Kandidat der Linkspartei Matthias Zarbock fand das misslich und tat in seinem Beitrag für die Prenzlberger Stimme kund: Am 11. September stehe er des mittags um Zwei am Kollwitzdenkmal. Es möge kommen, wer da wolle.
Erschienen waren die Wahlkreiskonkurrenten Christina Henke (CDU) und und Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/ Die Grünen).
Letzterer ist unter anderem verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus. Erwartungsgemäß sprach er sich für eine grundlegende Verbesserung der Radverkehrs-Infrastruktur aus.In Berlin, so Gelbhaar gibt es rund 1.500 Kilometer Hauptstraßen, doch nur die Hälfte davon verfügten über Radwege. Und die seien nicht selten viel zu schmale Buckelpisten. Sehr oft weichen Radfahrer deshalb auf den Bürgersteig aus – was zu Frust bei den Fußgänger führt. Man sollte kein Geld mehr für den Weiterbau der innerstädtischen Autobahn A 100 ausgeben, sondern in neue und den heutigen Erfordernissen genügende Radwege investieren.
Auch der öffentliche Personennahverkehr sollte nach Ansicht des bündnisgrünen Politikers verbessert werden – zum Beispiel durch kürzere Taktzeiten bei der S-Bahn. Zwar sind von heute auf morgen keine zusätzlichen S-Bahn-Züge zu bekommen, doch habe seine Fraktion vorgeschlagen, die vorhandenen Züge zu teilen und die Halbzüge dafür öfter fahren zu lassen. Allerdings benötigte man dafür auch mehr Personal – dazu habe man den Senat – der die Fajrten bestellen und bezahlen muss – nicht bewegen können.
Erfolgreich, so Stefan Gelbhaar, sei man dagegen mit dem Widerstand gegen die Abschaffung der Absenkungsfunktion bei Omnibussen gewesen. Mit der Eliminierung der gerade für Körperbehinderte wichtigen Ein- und Ausstiegshilfe wollte der Senat über eine Million Euro einsparen wollen. Bei den Ausführungen des Grünenpolitikers habe er „wenig Differenzen“ zu seiner eigenen Einschätzung erkennen können, erwiderte Matthias Zarbock ( DIE LINKE).
Der Bezirksverordnete wies darauf hin, dass bezirklicherseits einiges für die Verbesserung des Fahrradverkehrs getan wurde, allerdings werde die Möglichkeiten des Bezirks bei der Einrichtung von Stauräumen für Radfahrer vor Ampelkreuzungen auf Hauptstraßen wie der Schönhauser Allee durch die bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angesiedelte „Verkehrslenkung Berlin“ verhindert
Christina Henke (CDU), die nach eigenen Worten seit zwei Jahren kein Auto mehr nutzt, kritisierte, dass es in der Stadt keine ausreichende Anzahl von Fahrradbügel gibt, an denen man sein Rad anschließen kann.
Darüber hinaus sprach sie sich für eine Verlängerung der Betriebszeiten bei Bus und Bahn aus.
Die CDU-Kandidatin, die sich zum ersten Mal um ein politisches Mandat bewirbt, brachte das Problem des Berliner Schulnotstandes zur Sprache.
Auch müsse man sich in Berlin nun endlich entscheiden, ob man Lehrer grundsätzlich verbeamtet oder aber grundsätzlich in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt.
Wenn – wie es bisher der Fall ist – in Berlin ausgebildete Lehrer nur angestellt werden, bei aus anderen Bundesländern abgeworbenen Lehrkräften aber das Beamtenverhältnis aufrecht wird, schaffe das ein Zwei-Klassen-Arbeitsrecht, das die ursprünglich aus Berlin stammenden Lehrerinnen und Lehrer benachteilige.
Darüber hinaus sprach sich Christina Henke deutlich für den Erhalt der Gymnasien aus und brachte dafür ein Beispiel aus ihrer Familie: Sie selbst sei in eine Gemeinschaftsschule gegangen und hat da das Abitur gemacht – ihre Schwester hingegen, die als hochbegabt galt, besuchte das Gymnasium. Die Menschen, so Christina Henke, ist nun einmal unterschiedlich begabt – dementsprechend müsse es auch unterschiedliche Schulangebote geben.
Für ein Landesbibliothekengesetz und die Förderung der freien Kulturszene, mehr Einsatz für die Schulen
„Bis auf das mit dem Gymnasium“, erwiderte Stefan Gelbhaar, „kann ich das alles unterschreiben.“ Allerdings müsse man auch jetzt, da nun endlich wieder etwas Geld in der Landeskasse vorhanden ist, darauf achten, wie Mehrausgaben bei Lehrern und Erziehern zu finanzieren sind. Die grundsätzliche Abschaffung der Kitagebühren sieht er daher kritisch. Leute mit einem höherem Einkommen könnten diese Gebühren durchaus weiterbezahlen, so dass mit diesen Einnahmen die Qualität der Kinderbetreuung verbessert werden kann.
Linkspolitiker Matthias Zarbock zeigte wenig Verständnis dafür, dass der Vorlauf für den Neubau und die Sanierung von Schulen in der Regel etliche Jahre dauert. Auch sind die Bezirke über lange Zeit mit den Schulbauproblemen vom senat allein gelassen worden – auch schon unter der rot-roten Landesregierung.
Vehement setzte sich Matthias Zarbock für den Erhalt der öffentlichen Bibliotheken ein. Eine große Anzahl der sich in Bezirksverantwortung befindlichen Einrichtungen seien in den vergangenen Jahren bereits geschlossen worden. Der Grund: der Erhalt der Büchereien zählt nicht zu den kommunalen „Pflichtaufgaben“ – wenn es in einem Bezirkshaushalt eng wird, kann aber nur ein den „freiwilligen Aufgaben“ gespart werden, zu denen eben der Erhalt von kulturellen Einrichtungen zählt. Zarbock forderte deshalb, dass auch die Finanzierung der Bibliotheken zu einer Pflichtaufgabe der Bezirke zu machen und das in einem Landesbibliothekengesetz festzuschreiben.
Stefan Gelbhaar trat dafür ein, für die Kultur wieder ein eigenes Senatsressort einzurichten. Derzeit wird der Bereich vom Regierende Bürgermeister mitverwaltet. Was unter Klaus Wowereit noch funktioniert haben mag, sei bei seinem Nachfolger Michael Müller so nicht mehr der Fall. Müller habe andere Prioritäten. Auch sei das Aufgabengebiet eines Regierenden Bürgermeisters so ausfüllend, dass für ein tiefer greifendes Engagement in der Kulturpolitik schlicht keine Zeit mehr bleibt.
Auch die Förderung der freien Kunst- und Kulturszene müsse wieder mehr Aufmerksamkeit erhalten. So sei die „City-Tax“ – eine Abgabe, mit der die Berliner Hotellerie belegt wurde – ursprünglich einmal für die Förderung von Basis-Kultur eingeführt worden. Mittlerweile werden die Einnahmen daraus für alles mögliche verwandt.
Zustimmung bei Matthias Zarbock, der sein Unverständnis darüber äußerte, dass Champions-League-Veranstaltungen mit City-Tax-Beiträgen bedacht werden.
Christina Henke machte sich in diesem Zusammenhang für die Förderung kleiner Galerien stark, die das Kulturleben im Kiez bereicherten.
Alle drei ließen keinen Zweifel daran, dass die ins Land gekommenen Flüchtlinge bei ihrer Integration unterstützt werden müssen. Stefan Gelbhaar erzählte von der Abschiedsfeier nach dem Leerzug der Sporthalle in der Winsstraße, Christina Henke, vom Frauencafé, dass auch nach dem Auszug weitergeführt wird.
So endete das Kandidatentreffen, wie es die meiste Zeit verlief: Viel Konsens bei kleinen Unterschieden. Wen also wählen?





