Senator Czaja meint: Mehr Einwohner brauchen weniger Klinikplätze. Oder so ähnlich…

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Im Jahr 2008 wurde vom Berliner Senat die Schließung des zum landeseigenen Vivantes Konzerns gehörenden Krankenhauses Prenzlauer Berg beschlossen. Die Einrichtung, so hieß es, arbeite nicht wirtschaftlich.

Damals ging man noch von einer sinkenden – mindestens aber von einer gleichbleibenden – Bevölkerungszahl des Einzugsgebietes des aus. Zwei Jahre später wurden die Pläne konkret: Die Abwicklung des Krankenhausbetriebes in der Fröbelstraße und Umzug der Klinik in einen Neubau auf das Gelände des Krankenhauses am Friedrichshain werde bis 2015 abgeschlossen sein.

Aber wie das mit öffentlichen Neubauten in Berlin so ist… – die Grundsteinlegung für das Bettenhaus mit 400 Plätzen erfolgte erst im Juni 2014, der Umzug soll nun erst 2018 erfolgen.
 

„Zusatz statt Ersatz“

Doch mittlerweile sind die Einwohnerzahlen in Prenzlauer Berg gewachsen und sie steigen weiter. Und damit auch der Bedarf an stationärer medizinischer Versorgung.

Die neuen Gegebenheiten nahm die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zum Anlass, das Bezirksamt in einem im Juni dieses Jahres gefassten Beschluss zu bitten, „sich bei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und der Geschäftsführung der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH dafür einzusetzen, dass der Beschluss aus dem Jahr 2008 zur Schließung des Standorts Prenzlauer Berg überdacht und das Krankenhaus mit einem der Bevölkerungsstruktur des Prenzlauer Bergs angepassten Konzeption erhalten wird.“

Überschrieben war der Beschluss mit dem Titel „Zusatz statt Ersatz“, was meint, dass sowohl der Neubaus im Friedrichshain, als auch der Standort Fröbelstraße benötigt werden.

Die Bezirksverwaltung tat, wie ihr geheißen.
 

„Enttäuschung und Unverständnis“

In einem Schreiben an Sozialsenator Mario Czaja (CDU) wurde daran erinnert, dass die 2008 die „aus wirtschaftlichen Überlegungen getroffene Entscheidung des Vivantes-Konzerns zur Verlagerung der klinischen Versorgung aus dem Klinikstandort Prenzlauer Berg in das Krankenhaus Friedrichshain“ vom Bezirks bereits seinerzeit „mit Enttäuschung und Unverständnis aufgenommen“ wurde und dass Bezirksamt und BVV diese Entscheidung „verurteilt“ hatten.

Süffisant wurde angemerkt, dass der Beschluss zum Umzug mittlerweile acht Jahre Jahre alt ist und „das Krankenhaus noch immer geöffnet ist, weil der Neubau am Vivantes – Standort Friedrichshain nicht planmäßig vorangekommen ist.“ In der öffentlichen Wahrnehmung sei der neue Standort bereits schon jetzt zu klein.

Das Bezirksamt wies den Senator darauf hin, dass die Einwohnerzahl im Prenzlauer Berger Einzugsbereich weiter nach oben entwickelt in den vergangenen Jahren selbst die obere Variante der Prognosen übertroffen wurden.
Zur Zeit, so heißt es weiter in dem Schreiben, habe das Vivantes–Krankenhaus Prenzlauer Berg zwei Schwerpunkte: Die Geriatrie und die Rettungs- und Kinderrettungsstelle. Die sei „genau die richtige Mischung für den Bezirk und den Ortsteil Prenzlauer Berg, die eine bedarfsgerechte Versorgung gewährleisten“ könne.

Man bitte daher eindringlich darum darum, „die Frage der Schließung des Klinikums Prenzlauer Berg im Rahmen der nächsten Krankenhausplanung neu zu bewerten.“ Das Bezirksamt sei sich sicher, dass dies zu der Einschätzung führen würde, dass das Krankenhaus Prenzlauer Berg auch weiterhin für eine bedarfsgerechte klinische Versorgung in unserer wachsenden Stadt zu erhalten ist.
 

Mehr brauchen weniger

Der Senator aber ließ sich nicht erweichen. Im Gegenteil: Durch die Auflösung der Prenzlauer Berger Klinik, so die Meinung des Sozialsenators, werde alles viel besser. In seinem Antwortschreiben teilte er dem Bezirksamt mit:

„Die Schließung des Standortes trägt zur Optimierung des stationären Leistungsspektrums bei und wird vom Träger sowohl für die Steigerung der Qualität
der medizinischen Versorgung als auch aus wirtschaftlichen Gründen für erforderlich gehalten. (…)
Die Schließung des Standortes Prenzlauer Berg und die Integration der Betten in den Neubau des Krankenhauses am Friedrichshain unterstützt die Steigerung der Versorgungsqualität, was selbst bei einer aufwändigen Sanierung am Standort Prenzlauer Berg auf Grund der dort vorzufindenden kleinteiligen Versorgungsstruktur nicht im gleichen Umfang möglich wäre.“

Meisterleistung der abwehrenden Rhetorik – weist der Senator doch damit eine Forderung zurück, die der Bezirk gar nicht gestellt hatte: Eine Entscheidung für nur einen Standort.

Und auch in Sachen Logik bietet Mario Czaja großes Kino:

„Aufgrund der beobachtbaren dynamischen Bevölkerungsentwicklung in Berlin wurde bei der seit 2016 geltenden Krankenhausplanung – ODK) die obere Variante der Bevölkerungsprognose genutzt, die der Realentwicklung am nächsten kommt. Die von Ihnen dargestellten Entwicklungen wurden dementsprechend berücksichtigt.“

Immer mehr Einwohner benötigen also immer weniger Klinikplätze. Oder höchstens doch die gleiche Anzahl in einer etwas weiteren Entfernung.

Dass auch der der Stadtteil Friedrichshain ein Wachstum der Einwohnerzahl… aber lassen wir das. Schauen wir uns lieber an, welche Schlussfolgerung Senator Mario Czaja aus dem sogenannten demografischen Wandel zieht und dem daraus zu folgenden Umstand, dass künftig immer mehr altersbedingte Krankheiten zu behandeln sind:

„Bei Schließung des Standortes an der Fröbelstraße sind die anderen Krankenhäuser in der Umgebung in der Lage, die geriatrische Versorgung und die Tätigkeit der Notaufnahme zu übernehmen.“

Und wer im kinderreichen Stadtteil Prenzlauer Berg Kinder hat, dem sollte künftig kein Weg zu weit sein:

„Die umliegenden Notaufnahmen für Kinder befinden sich in der Landsberger Allee am Vivantes Standort Friedrichshain, in der Charité auf dem Campus Virchow-Klinikum und für den Norden von Pankow im Helios Klinikum Berlin-Buch.“

In einer wohlweislich als „Zwischenbericht“ bezeichneten Drucksache, die den Bezirksverordneten auf der heutigen BVV-Tagung zu Kenntnis gegeben wird, kommentiert das Bezirksamt die starre Haltung des Senators so:

Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Entscheidungen über Aufgabe oder Verkleinerung von Standorten gerade im innerstädtischen Bereich sich oftmals als kurzsichtig erwiesen und kostenintensivere Ersatzmaßnahmen nach sich zogen. Voraussetzung wäre eine pfiffige, den demografischen und Gebäudegegebenheiten angepasste tragfähige und zukunftsorientierte konzeptionelle Lösung, die aber durchaus vorstellbar ist.

 

Liebes Bezirksamt…

…eine „pfiffige Lösung“ zu erwarten… von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (das ist die mit dem Lageso)…
 
Ich bitte dich…!

 

 



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