Der rot-rot-grüne Senat ist seit fünf Tagen im Amt. In vielen Bereichen haben sich in den vergangenen Jahren Berge von Problemen anghäuft, die nun abgetragen werden müssen. Einen der großen Brocken hat die neu ins Amt gekommene Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales Elke Breitenbach (Die LINKE) zu schultern, in deren Ressort unter anderem auch die Unterbringung und Integration der in Berlin lebenden Flüchtlinge fällt
Frau Breitenbach, Sie sind jetzt seit knapp einer Woche Senatorin, was haben Sie bei Ihrem Amtsantritt vorgefunden?
Vorgefunden habe ich ein große Büro, in dem zwar schon Möbel stehen, aber noch keine Technik. Eine Sekretärin ist auch schon da, ebenso meine Staatssekretäre. |
Vorgefunden hatten Sie aber wohl auch Probleme, die Ihnen ihr Amtsvorgänger Mario Czaja hinterlassen hat? Ich denke da an die Hiobsbotschaften, die in den vergangenen Tagen öffentlich wurden – zum Beispiel dass es Fehler in der Ausschreibung für das Betreiben der neu errichteten Flüchtlingsunterkünfte gegeben hat. Man hatte offenbar vergessen, die Ausschreibung EU-weit durchzuführen.
Ja, die Ausschreibungen wurden zurückgezogen und müssen jetzt möglichst schnell neu erstellt werden. |
Wie muss man sich eine solche EU-weite Ausschreibung vorstellen?
Woher rührt diese Klagebereitschaft?
Mit der Unterbringung von Geflüchteten, das haben jetzt ganz viele gelernt, kann man sehr viel Geld machen. Und es hat sich auch herumgesprochen, dass es da wenig Kontrolle gab. |
Sie spielen auf die schwarzen Schafe an, über die in der Vergangenheit immer wieder berichtet wurde.
In der Vergangenheit machten ja immer wieder Nachrichten von Notunterkünften die Runde, die nicht den geforderten Mindeststandards entsprachen, obwohl seitens des Senats dafür die entsprechenden Gelder zur Verfügung gestellt wurden.
Wird es durch Ihre Senatsverwaltung eine rückwirkende Überprüfung geben, ob Mittel, die eigentlich zur Einhaltung jener Minimalstandards vorgesehen waren, in die Privatschatulle des einen oder anderen Betreibers geflossen sind?
Wie soll eine solche Beteiligung der Flüchtlinge aussehen? Wird es in jeder Unterkunft einen gewählten Bewohnerbeirat mit einem direkten Draht in die Senatsverwaltung oder in das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten geben?
Das muss man sich noch genauer ansehen. Es gab da ein Vorbild aus Sachsen – man glaubt es kaum! - den sogenannten „Heim-TÜV“. Dort wurden gemeinsam mit den gesellschaftlichen Akteuren Mindeststandards entwickelt, die auch regelmäßig gemeinsam kontrolliert worden sind. Da wird sicher nicht aus jeder Unterkunft jeder anrufen können, sondern es wird einen Beirat geben. In diesem Beirat müssen auch geflüchtete Menschen selbst vertreten sein, genauso wie Flüchtlingsorganisationen oder Unterstützerinnen und Unterstützer. |
Konkret liegt da aber noch kein Plan in der Schublade?
Das müssen wir jetzt angehen. Da wird der Senat mit dabei sein, da wird die bezirkliche Ebene vertreten sein, die ja bis jetzt auch immer außen vor steht – und eben die anderen bereits genannten. |
Die derzeit im Bau befindlichen Flüchtlingsunterkünfte werden demnächst bezugsfertig sein, andererseits gibt es wegen des neu in Gang zu setzenden Ausschreibungsverfahren keine Betreiber für diese Unterkünfte. Bleiben die nun bis zum Abschluss des Verfahrens leer?
Da werden wir am Dienstag im Senat drüber sprechen – und erst danach werde ich dazu etwas sagen. |
Die andere Seite des Problems ist ja die Verwaltung: Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), dass aus dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hervorgegangen ist.
Da gab es einen Brandbrief von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LAF, der auf unhaltbare Zustände und unterirdische Arbeitsbedingungen jener neu geschaffenen Behörde hinwies. Haben Sie sich in der kurzen Zeit, in der sie im Amt sind, schon einmal näher mit den Beschwerden befasst?
Angeprangert wurde unter anderem eine schlechte Organisation des Amtes, fehlende klare Arbeitsanweisungen, zu wenig Räume, eine mangelhafte Ausstattung…
Bei allen Problemen, die zu bewältigen sind, bewegt die Öffentlichkeit aber vor allem die Frage: Wann wird der letzte Umzug von Flüchtlingen in eine menschenwürdige Behausung vonstatten gehen, wann wird die letzte Sporthalle freigezogen? Haben Sie da bereits einen festen Termin im Auge?
Jan L.
Dez 14. 2016
Es ist mir gleich welcher Partei die Dame angehört. Aber sie hat verdammt nochmal recht. Hoffentlich redet sie nicht nur …
Gabriela Graetz via Facebook
Dez 14. 2016
Es wird von rot-rot-grün an vielen Stellen erwartet, dass sie „schnellstens“ die Suppe auslöffeln, die der Vorgängersenat hinterlassen hat. Und: es ist anzunehmen, dass der neue Senat von allen Seiten scharf beobachtet wird.
Sven
Dez 15. 2016
Wenn es derzeit noch keine Betreiber für einige Unterkünfte gibt, wäre doch eigentlich mal recht interessant einen Versuch der demokratischen Selbstverwaltung zu starten. Dann würde nämlich kein Unternehmen mehr Gewinne mit dem Betreiben einer solchen Unterkunft machen können.
Gabriela Graetz via Facebook
Dez 15. 2016
Das halte ich für außerordentlich schwierig, wie sollen Menschen, die nicht deutsch sprechen, sich durch den Ämterdschungel wühlen, für Essen sorgen, für medizinische Hilfe, für die sogenannte „Beschulung“ ihrer Kids..ich glaube nicht, dass das funktionieren kann. Vielleicht, wenn ausreichend Helfer zur Verfügung stünden, aber gerade am Anfang gibt es doch jede Menge Klärungsbedarf