Es war warm auf dem Teschsportplatz an der Dunckerstraße, das Thermometer kletterte über die 20-Grad-Marke und nicht ein einzige Wölkchen am Himmel ließ den Verdacht aufkommen, dass möglicherweise Feuchtes von oben auf den Platz regnen könnte.
Doch am Spielfeldrand stand ein Mann – hochkonzentriert das Geschehen auf dem Kunstrasen beobachtend – in einer grellgelben Regenplane eingehüllt.
Der Regenplanen-Mann heißt Sascha Kummer und ist der Trainer der 1.C-Jugend-Mannschaft der SG Rotation Prenzlauer Berg. Und die hatte an diesem Sonnentag ein ganz besonderes Spiel: Zu Gast war der Mariendorfer SC, dem Spitzenreiter der Bezirksliga dieser Altersklasse. Auf Platz Zwei der Tabelle die Prenzlauer Berger, die den Gästen den Spitzenplatz streitig machen wollen. Das gelbe Cape soll dabei helfen: Als Sascha Kummer es zum letzten Mal übergestreft hatte, gewann seine Mannschaft 3:0…
Die Mannschaft und ihr Trainer sind der sind zumindest den frühen Lesern der Prenzlberger Stimme nicht unbekannt: Vom Herbst 2010 an hatte die „Stimme“ die Jungs – damals noch als Knirpse der „2. F“ (später 1. F und 2. E – drei Jahre lang begleitet: Bei jeden Spiel, bei Turnieren in Berlin und anderswo – und sogar ins Olympiastadion, wo die Mannschaft 2010 als „Auflaufkids“ beim EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei vor über 70.000 Zuschauern die deutsch und die türkische Nationalmannschaft beim Einzug in den Stadionkessel begleiten.
Ganz so viel sind es an diesem Samstag auf dem Teschsportplatz nicht, aber mehr als sonst auf alle Fälle. Und es läuft ganz gut für Rotation. Nach rund zehn Minuten ein schneller Angriff auf den Mariendorfer Strafraum, Schuss – 1:0!
Über sieben Jahre betreut Sascha Kummer die Mannschaft nun schon. Im Laufe der Zeit sind manche seiner einstigen Spieler weggezogen, andere haben den Verein gewechselt – doch der Kern des Teams ist noch immer dabei.
Über mangelnde Nachfrage von fußballbegeisterten Jungprenzlbergern kann Kummer, der auch Leiter der Jugendbereichs der Fußballabteilung der SG Rotation Prenzlauer Berg ist, nicht klagen. Mit dem Wachsen des Stadtteils hat auch die Jugendarbeit des Vereins zugenommen.
Spielten 2010 noch neun Nachwuchsmannschaften in den Farben der Rotationer, sind es gegenwärtig sechzehn. Von den rund 450 Rotation-Fußballern spielen über 300 im Kinder und Jugendbereich.
Die Kapazitätsgrenze des Vereins ist damit schon auf Grund des begrenzten Raumes auf dem Teschsportplatz erreicht. Mittlerweile gibt es Wartelisten…
Die erste Halbzeit ist vorbei, es steht weiterhin 1:0 für die Prenzlauer Berger Jungs. Es hätten ruhig noch ein, zwei Tore mehr sein können.
Sascha Kummer und sein Ko-Trainer Benjamin Baier ziehen sich mit der Mannschaft in die Kabinen zurück.
Sascha und Benni machen ihren Trainer-Job übrigens ehrenamtlich, neben ihrer Berufstätigkeit – so wie alle siebzehn Jugendtrainer hier.
Und sie kümmern sich nicht nur um die wöchentlichen Trainingseinheiten.
Da werden zum Beispiel Fahrten zu Turnieren organisiert – nicht nur innerhalb Berlins. Jahrelang ging es nach Polen, aber auch in Bayern waren sie schon und in niederländischen Arnheim konnte die Truppe mit einem Turniersieg glänzen.
Sollte die Mannschaft am Ende der Saison in die Landesliga aufsteigen, winkt als Belohnung ein Trip nach Barcelona. Denn, so erzählt Sascha Kummer, dieser Aufstieg wäre etwas ganz Besonderes: Das erste Mal in der über 60jährigen Geschichte von Rotation Prenzlauer Berg würde der Verein mit einer Nachwuchsmannschaft in einer solchen Spielklasse vertreten sein.
Die Pause ist zu Ende, weiter geht’s. Wieder gibt es Möglichkeiten, das Ergebnis zu verbessern, aber irgendwie will der Ball nicht rein ins Tor. Dann ein Konter der Mariendorfer, der Rotation-Keeper streckt sich vergeblich – 1:1.
Nun sind die Gäste obenauf und versuchen das Spiel endgültig zu drehen. Aber nach zehn Minuten haben sich die Jungs vom Teschsportplatz wieder gefangen. Noch sind alle Möglichkeiten offen.
Doch auch die Mariendorfer sind nicht ohne. Immer wieder muss die Abwehr heftig einsteigen, um nicht in Rückstand zu geraten.
Wenige Minuten vor dem Schlusspfiff, eine unglückliche Rückgabe am eigenen Strafraum, der Rotation-Torwart kriegt den Ball nicht unter Kontrolle, die Kugel kullert ins Tor – 1:2! Jubel bei den Gästen, entsetzte Gesichter bei Rotation.
Nun geben die Jungs noch einmal alles – und umliegenden Häuser vibrieren die Scheiben der ob der lautstarken Anfeuerungsrufe der Prenzlauer Berger Eltern.
Die sind natürlich bei jedem Spiel dabei – und nicht nur das. Gemeinsam mit den Trainern bereiten sie die Feiern und Fahrten vor – auch im finanzielle Teil, denn nicht alle lässt sich durch Sponsoren regeln. Und sie haben auch eine Fanseite für ihre Mannschaft, auf der mit Bild und Text die Spiele ihrer 1. C dokumentiert werden.
Abpfiff – auch der Dauersturm auf das Mariendorfer Tor hat die Niederlage nicht mehr abwenden können. Freudentänze bei den Gästen, hängende Gesichter bei den Gastgebern. Die Stimmung ist am Boden.
Doch das nächste Punktspiel kommt steht schon bald ins Haus und wenn nicht wirklich alles daneben läuft – und es ist noch nie alles daneben gelaufen! – dann wird die Mannschaft die Saison mit Platz zwei in der Tabelle beenden. Auch der ist ein Aufstiegsplatz in die Landesliga – womit dem Sommerausflug nach Barcelona eigentlich nichts mehr im Wege stehen dürfte.
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