Das gab es so wohl noch nicht in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung: Ein von allen Fraktionen – von AfD bis Linke – sowie der Gruppe der FDP eingebrachter Eilantrag, der dann auch einstimmig angenommen wurde.
„Die BVV Pankow lehnt die aktuellen Planungen für die Durchführung von Sanierungsarbeiten auf dem Gelände des Bezirksamts Fröbelstraße durch die BIM hinsichtlich der Fraktionen und Gruppen der BVV, des BVV-Büros und der Arbeitsgremien der BVV ab“, heißt es einleitend in dem Beschluss, in dem die BVV die Umstände kritisiert, unter denen ihre Mitglider während de bevorstehenden Sanerungsarbeiten ihre Arbeit leisten sollen.
„Die Sanierungsplanungen der BIM“, heißt es weiter, „führen gemäß der Zielbeschreibungen zu einer Verschlechterung der derzeitigen Arbeits- und Raumsituation der BVV Pankow. Die für den Prozess der Sanierungsarbeiten vorgesehenen Zwischenumsetzungen stellen zugleich eine strukturelle Be- und Verhinderung der Arbeit der BVV Pankow über einen langen Zeitraum dar. Die BVV Pankow wird, kann und darf eine solche Einschränkung ihrer Arbeitsfähigkeit nicht akzeptieren.“
Architektonisch wertvoll, geschichtsträchtig…
Wild wuchernden Grünrabatten, die schon seit langem keine Gärtnerhand mehr gespürt haben, rankenbewachsene rot-gelbe Backsteinhäuser, buckliges Kopfsteinpflaster – das Bezirksamtsgelände zwischen der Prenzlauer Allee und der Fröbelstraße strahlt gerade jetzt im Sommer eine wilde Romantik aus.
Das Areal wurde 1886 bis 1889 nach den Plänen des damaligen Baustadtrates Hermann Blankenstein als Hospital und Siechenhaus erbaut.
Als die Einrichtungen 1934 an den nördlichen Stadrand nach Buch verlegt wurden, zog hier das Bezirksamt Prenzlauer Berg ein.
Nach der Einnahme Berlins durch die Rote Armee beanspruchte die sowjetische Militäradministration (SMAD) die Häuser 3, 7, 8 und 9 für ihre Zwecke. In das Haus 3 zog die Operativgruppe 4 der Stadt Berlin der SMAD, Kellerräume dienten als Gefängnis für etwa 30 Personen. In einem oberen Stockwerk tagte zeitweilig ein Militärtribunal. Die anderen Gebäude wurden weiter von der Prenzlauer berger Bezirksverwaltung genutzt.
Im Jahr 1950 gab die Sowjetische Besatzungsmacht alle Häuser an den Magistrat zurück. Mit Ausnahme des Haus 3, das bis 1985 als Dienstelle des Ministeriums für Staatssicherheit genutzt wurde, residierte hier nun wieder der Rat des Stadtbezirks Prenzlauer Berg. Seit der Bezirksreform von 2001 tagt hier auch die Bezirksverordnetenversammlung des Großbezirks Pankow.
Wegen der weitgehend erhaltenen Originalstruktur wurde das Areal bereits Ende 1970er Jahre unter Denkmalschutz gestellt.
…und baulich marode
Allerdings wurde das Denkmal nie wirklich gepflegt. In der DDR nicht – und auch nach der Wiedervereinigung Berlins waren erst einmal andere Dinge wichtiger, als die denkmalsgerechte Optimierung des Verwaltungsstandortes Fröbelstraße 17.
Lediglich ein Haus wurde teilsaniert, alle andere blieben mehr oder weniger in ihrem Ursprungszustand erhalten. Das bedeutete für den Bezirk neben auch immer größere Kosten bei der Instandhaltung der Bürogebäude.
Als Anfang 2012 bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2012/13 die Zählgemeinschaft von SPD und Grünen den haushaltspolitischen Bankrott vor der Tür stehen sah und alles verkaufen lassen wollte, was im Bezirk nicht niet- und nagelfest war, stand auch die Veräußerung des historischen Bezirksamtsgeländes und der Umzug in ein modernes, von einem privaten Anbieter angemietetes Bürohaus an der Prenzlauer Promenade auf der Agenda.
Der Mietvertrag dafür lag bereits unterschriftsreif vor, doch die Senatsverwaltung für Finanzen legte sich quer: Das Mietmodell, so die Begründung für die Ablehnung des Pankower Umzugsplans, würde den Bezirkshaushalt zwar ent-, den Landeshaushalt jedoch zusätzlich belasten.
Es wurde daher beschlossen, das Areal in das von der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) verwaltete Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin (SILB) zu überführen. So geschah es – seit 2016 ist die BIM Eigentümerin und vermietet die Immobilie an den Bezirk. Sie ist nun für die Sanierung des Verwaltungsstandortes zuständig.
Zu wenig Raum und kein Wasser
Doch die Planungen für die Sanierung bei laufendem Betrieb wurden offenbar mit heißer Nadel gestrickt. So sollen zwar provisorische Bürocontainer aufgestellt werden, doch nicht mit einem ausreichendem Platzangebot.
Wie die Prenzlberger Stimme von Bezirksverordneten erfuhr, müssten für die Zeit der Bauarbeiten mehrere Fraktionen ein und dieselben Räume nutzen.
Das hätte zur Folge, dass die Bezirksverordneten nicht mehr frei entscheiden könnten, wann sie wie oft und wie lange ihre Beratungen abhalten können. Als kürzlich auch noch mitgeteilt wurde, das ein Wasseranschluss für die Zeit des Provisoriums leider nicht zur Verfügung gestellt werden kann, platzte den Volksvertretern der Kragen.
„Die BVV Pankow, ihre Mitarbeiter*innen in der Verwaltung und in den Fraktionen, und ihre Gremien“, heißt es in der Begründung des Beschlusses, „werden sich aber als Verfassungsorgan nicht der Bauablauf-Planung eines Tochterunternehmens der Immobilienverwaltung des Landes Berlin unterordnen, solang diese nicht plausibel ist. Die Aufgaben und Funktionen der Bezirksverordnetenversammlung – die Kontrolle und Anregung des Verwaltungshandels und als Ansprechpartner für die Einwohnerschaft – sind nicht verhandelbar.“
Nicht „Grundsanierung“, sondern „Flächenoptimierung“
Unabhängig von diesem Konflikt gibt es weitere grundsätzliche Probleme. So wurde für die Sanierung des Standortes Fröbelstraße zwar vom Land Berlin die nicht unerhebliche Summe von 22,9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, doch damit sollen lediglich gröbere bauliche Mängel Mängel beseitigt werden.
Eine Erweiterung der Bürokapazitäten, die durch die Personalaufstockung der letzten Zeit notwendig geworden ist, lehnt das landeseigene Unternehmen ab. In einem Bericht an die Bezirksverordnetenversammlung von September vergangenen Jahres teilte das Bezirksamt mit:
„Die BIM hat in Abstimmung mit dem Bezirksamt Pankow die Errichtung eines modularen Ergänzungsbaus im Bereich der Fröbelstraße 17 geprüft und inzwischen verworfen. Nach dem SILB-Errichtungsgesetz sind ein Neubau und die Anwendung des Mieter-Vermietermodells nicht vorgesehen, eine Rücklagenentnahme für einen Neubau ist nicht möglich.“
Auch was die technische Ausstattung betrifft, beharrt das landeseigene Unternehmen auf eine Minimalausstattung. So wird der Ausbau mit einer leistungsfähigen IT-Infrastruktur mindestens nach Cat-7-Standard abgelehnt.
Die BIM GmbH habe deutlich gemacht, so das Bezirksamt im Mai 2017, “dass es sich nicht um eine Grundsanierung, sondern um ein Flächenoptimierungsprojekt handele und weder alle Häuser noch alle Medien grundsaniert werden könnten. Das beträfe auch die IT-Verkabelung, die nur ertüchtigt, aber nicht auf CAT 7 aufgerüstet werde”.
Mit anderen Worten: Sollte die “Flächenoptimierung” irgendwann einmal abgeschlossen sein, könnten die Bauarbeiten möglicherweise gleich wieder von vorn beginnen: Um die Häuser nach den erforderlichen IT-Standards neu zu verkabeln.
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Wolfgang Otto via Facebook
Juli 04. 2017
Richtig so der Beschluß. Das ist ein Trauerspiel mit der BIM.