Die Künstlerin Käthe Kollwitz lebte von 1891 bis 1943 – also über ein halbes Jahrhundert lang – in Prenzlauer Berg. Die einstige Weißenburger Straße, in der sie wohnte und ihr Mann Karl Kollwitz eine Kassenarztpraxis betrieb, ist nach ihr benannt worden. Ebenso der frühere Wörther Platz, den sie von ihrer Wohnung aus im Blick hatte. Und ein Denkmal hat sie hier auch.

Wohnhaus Kollwitz in der Weißenburger Straße 25 (heute Kollwitzstraße 56) © Käthe Kollwitz Museum Köln
Nur ihr Werk – also das, was eine Künstlerin ausmacht – befindet sich anderswo.
Das von der Sparkasse Köln getragene Käthe Kollwitz Museum in Köln verfügt über die weltweit größte Käthe-Kollwitz-Sammlung die größten Privatsammlungen ihrer Kunst befinden sich in den USA.
Ein privates Käthe-Kollwitz-Museum Berlin existiert seit 1986 in in der Charlottenburger Fasanenstraße. Darüber hinaus bewahrt das Archiv Bildende Kunst der Berliner Akademie der Künste den schriftlichen Nachlass der Künstlerin und ihrer Familie.
In Prenzlauer Berg hatte das Kulturamt vor rund zwanzig Jahren ein „Denkzeichen“ ausgeschrieben, das an Käthe Kollwitz erinnern sollte.Den Zuschlag erhielt Pat Pinder mit Ihrer Idee „Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz“: Ein Leuchtkasten an dem Haus, das an der Stelle des im 2. Weltkrieg zerstörten Wohnhauses der Familie Kollwitz steht.
Dort waren dann zehn Jahre lang zeitgenössische Grafiken und Fotografien zu sehen, die „dem humanistischen Geist des Schaffens von Käthe Kollwitz verpflichtet“ sind.
Die 29 dort ausgestellten Arbeiten des 2016 beendeten Projekts befinden sich heute in der Sammlung des Prenzlauer Berg Museums. Heute hängt dort eine Tafel, die an den einstigen Wohnsitz von Karl und Käthe Kollwitz erinnert.
Nicht nur eine Ausstellung
Nun aber ist Käthe Kollwitz zurückgekehrt. Zumindest zeitweise.
Die Galerie Parterre im Kulturareal des Thälmannparks zeigt anlässlich des 150. Geburtstag von Käthe Kollwitz bis zum 24. September in einer Ausstellung siebzig Grafiken der Künstlerin.
Die Kunstwerke sind Leihgaben aus dem Bestand des Käthe Kollwitz Museums Köln. Blätter wie der Lithographie „Städtisches Obdach“ oder der Gouache „Arbeiter, vom Bahnhof kommend“ werden die Möglichkeiten des lokalen Bezuges im Werk der Künstlerin aufgegriffen.
Der „Weberzyklus“, an dem Käthe Kollwitz über fünf Jahre arbeitete und der sie 1898 schlagartig berühmt machte, bildet dabei den Ausgangspunkt.
Doch die Ausstellung ist nur ein Teil des Projekts „KÄTHE KOLLWITZ und BERLIN – Eine Spurensuche“.

Projektleiterin Kathleen Krenzlin mit Arne Kollwitz, dem Enkel der Künstlerin, während der Ausstellungseröffnung
Die Beiträge greifen Themen auf, die in Biographien und Übersichtsdarstellungen bisher marginal behandelt wurden, und liefern neue Erkenntnisse, die zum Teil mit umfangreichen Forschungsarbeiten verbunden waren.
So befasst sich Michael Bienert Im Mittelpunkt mit dem Wohnhaus der Familie Kollwitz und die Berlin-Motive in ihrem Werk.
Annett Gröschner und Ralf S. Werder berichten über Conrad Schmidt, den Bruder von Käthe Kollwitz. Der Sozialdemokrat und Nationalökonom hielt Kontakt mit Friedrich Engels. Für Käthe und Karl Kollwitz war er lange ein wichtiger Gesprächspartner mit Einfluss auf deren eigene politische Haltung. Conrad Schmidt war auch Mitbegründer der Volksbühnenbewegung.Thomas Flierl befasst sich an Hand von Dokumenten aus Berliner und Moskauer Archiven mit dem Verhältnis von Käthe Kollwitz zur „proletarischen Kultur“ und zur Sowjetunion und bietet damit laut Projektleiterin Kathleen Krenzlin einen vollständig neuen Blick auf die politische Position der Künstlerin. Ein Beispiel dafür, wie die über ein Jahr andauernde Vorbereitungen für das Kollwitzprogramm Neues zu Tage brachte, erzählt Projektleiterin und Galerie-Chefin Kathleen Krenzlin: „Ich konnte das Blatt ‚Arbeiter, vom Bahnhof kommend‘ , das im ‚Werkverzeichnis der Zeichnungen‘ dem Lehrter Bahnhof zugeordnet wurde, neu verorten. Tatsächlich spielt die Szene am S-Bahnhof Prenzlauer Allee. Das bescheidene Bahnhofsgebäude und der große Abstand zur sichtbaren Bebauung im Hintergrund sind recht genau getroffen. Auch das Städtische Gaswerk war nur wenige Gehminuten entfernt, so dass es nahe liegt, dass Arbeiter auf dem Weg zu ihrer Arbeit im
Gaswerk gezeigt werden.“
Filme, Gespräche, Spurensuche
Neben Ausstellung und Buch stehen zahlreiche Veranstaltungen auf dem Programm.
Im Wortsinne auf „Spurensuche“ gehen kann man am 16. Juli und 17. September ab 14 Uhr bei den Stadtspaziergänge mit Michael Bienert zu Orten und Bildmotiven im Lebensumfeld der Künstlerin. Ausgangspunkt ist dabei das Denkmal auf dem Kollwitzplatz.
Eine öffentliche Präsentation des Begleitbuches findet an 13. Juli um 20 Uhr im Maschinenhaus der Kulturbrauerei statt.
Zahlreiche Filmveranstaltungen ergänzen das Angebot.Am 20. Juli steht das Thema Käthe Kollwitz im Fernsehen und Kino der DDR auf dem Programm.
Beginnend mit einem Beitrag der DEFA-Wochenschau „Der Augenzeuge“ aus dem Jahr 1946 kommen die Kurzdokumatarfilme „Käthe Kollwitz in Moritzburg“ (1987/ Regie: Ulrich Teschner), „Versuche – Die Kollwitz und ihre Kinder“ (1971, Regie: Christa Mühl) sowie Ausschnitte aus dem Fernsehfilm „Sieh‘ den Menschen – Eine Episode um Käthe Kollwitz“ (1964 Szenarium: Bodo Uhse nach einem Aufsatz von Herbert Tucholski, Regie: Hans-Erich Korbschmitt) zu Aufführung.
Am 7. September werden zwei frühe deutsche Dokumentarfilme („Wie der Berliner Arbeiter wohnt“, 1930, Regie: Slatan Dudow und „Um’s tägliche Brot / Hunger in Waldenburg“, 1929, Regie: Phil Jutzi) gezeigt.
Am 12. und am 17. September sind filmische Adaptionen von Maxim Gorkis Stück „Nachtasyl“ von Jean Renoir (1936) und Akira Kurosawa (1957) zusehen. Den Abschluss der Filmreihe bildet am 18. September der zum 150 Geburtstag entstandene Dokumentarfilm“Kollwitz – Ein Leben in Leidenschaft“ von Sonya und Yury Winterberg und Henrike Sandner.
Endgültige Heimkehr nach Prenzlauer Berg?
Überschattet wird das Kollwitz Jubiläum um die wahrscheinliche Schließung des einzigen Berliner Käthe-Kollwitz-Museums in der Charlottenburger Fasanenstraße.
Derzeit verfügt das Museum über rund 200 Zeichnungen und Druckgrafiken sowie 15 Originalplakate und ebenso viele plastische Bildwerke. Im Mittelpunkt der Sammlung stehen die Selbstbildnisse, die zwischen 1888/89 und 1938 entstanden sind sowie der Holzschnitt-Zyklus „Krieg“ von 1922/23 und die Arbeiten zum Thema Tod und zum Gedenkblatt für Karl Liebknecht aus den Jahren 1919/20.
Der Hauseigentümer will in den Räumen, in dem die Kollwitzsammlung bisher ihre Heimstatt hat, ein „Exilmuseum“ einrichten und hat dem als Ersatz Räume in einem mehrzweckgebäude in der Neuköllner Karl-Marx-Straße angeboten. Doch dies wird seitens der Museumsträger abgelehnt, weil, wie der Enkel der Künstlerin Arne Kollwitz in einem Artikel des Tagesspiegel darlegte.
Der ehemalige regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, der der Vorsitzende des Fördervereins Museums ist, erklärte der Prenzlberger Stimme, er selbst würde auch mit der Neuköllner Möglichkeit leben können. Viele Leihgeber hätten aber schon für den Falle eines Umzugs in die Karl-Marx-Straße mit der Rücknahme ihrer Leihgaben gedroht.Doch anderswo eine angemessene Unterkunft zu einem Preis zu finden, den sich die Trägerstiftung leisten könnte, erscheint derzeit so gut wie aussichtslos.
Das betrifft auch die Idee, das Museum sozusagen „nach Hause“, nach Prenzlauer Berg zu holen – also zum einstigen Wohnort von Käthe Kollwitz.
Er habe, so Diepgen, auch schon entsprechende Gespräche mit Pankows Bezirksbügermeister Sören Benn geführt, die allerdings ergebnislos blieben. Nirgendwo seien geeignete und zugleich für das Museum bezahlbare Räume gefunden worden.
Die einzige Möglichkeit wäre daher, einen Mäzen zu finden, der zugleich noch über eine entsprechende Immobilie verfügt. In der Kürze der Zeit – spätestens zum Ende des Jahres soll das Kollwitz-Museum aus der Fasanenstraße ausziehen – sei das aber ein fast aussichtsloses Unterfangen.
Das gesamte Programm der Pankower Käthe-Kollwitz-Ehrung ist hier zu finden
Impressionen von der Eröffnung



























Robert Sander
Juli 11. 2017
Laut https://twitter.com/Erik_Reger/status/884115902144421888 ist die Straße nach ihrem Mann benannt worden, der Platz nach ihr.
Wikipedia und Kauperts behaupten, die Straße wäre nach Käthe Kollwitz benannt. Hat sich eventuell mal geändert.