BVV Pankow: Milieuschutz beschlossen – Weißenseer Wohngebiet gefährdet


 

Die Einrichtung der drei neuen Erhaltungsgebiete Komponistenviertel, Langhansstraße (beide Weißensee) und Pankow Süd sowie die Erweiterung der Prenzlauer Berger Milieuschutzgebiete, Bötzowstraße und Humannplatz (die Prenzlberger Stimme berichtete) wurden am Mittwoch erwartungsgemäß mit den Stimmen der rotrotgrünen Zählgemeinschaft von der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen.

Die neuen beziehungsweise erweiterten Erhaltungsgebiete gehen auf einen Beschluss der BVV vom Sommer 2015 zurück. Darin wurde das Bezirksamt aufgefordert, mit Voruntersuchungen zu prüfen, ob grundsätzlich die Voraussetzungen für den Erlass von sozialen Erhaltungsverordnungen vorhanden sind. Nachdem das Gutachten der Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung: S·T·E·R·N vorlag, machten die Bezirksverordneten einige Abstriche an den zuvor ins Auge gefassten fünf Gebieten.
 

„Schwerwiegender Eingriff in das Privateigentum“

Nach dem Aufruf des Tagesordnungspunktes verzichtete Stadtentwicklungsstadtrat Vollrad Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) auf eine mündliche Begründung der vom Bezirksamt eingebrachten Anträge. So kamen zuerst die Kritiker der Erhaltungssatzungen zu Wort.
Der Bezirksverordnete Stefan Kretschmer von der Fraktion der AfD bezeichnete die Erhaltungssatzungen als „schwerwiegenden Eingriff in das Privateigentum“, der durch die prognostizierte Verdrängungsgefahr alteingesessener Bewohnerschichten nicht zu rechtfertigen sei.

Bedeutend mehr Mühe, seine Ablehnung gegen den erweiterten Mieterschutz zu begründen, gab sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Kraft. Er bezweifelte die Wirksamkeit von Erhaltungssatzungen und verwies auf den Stadtteil Prenzlauer Berg, der trotz des hohen Anteils an sozialen Erhaltungsgebieten durchgentrifiziert sei.
Außerdem habe es in den bisher ausgewiesenen Erhaltungsgebieten nur wenige Anträge auf Umwandlung in Wohneigentum und Luxusmodernisierung gegeben, was gegen eine Notwendigkeit solcher Satzungen spricht.

In den nun auf der Tagesordnung stehenden Gebieten, so Kraft weiter, sei die Anzahl jener Wohnungen, die möglicherweise bedroht seien, eher gering. Auch sei das Verbot von Grundrissänderungen kontraproduktiv, da dies verhindere, größere und damit familienfreundliche Wohnungen zu schaffen.
Außerdem wünschten in den künftigen Erhaltungsgebieten rund die Hälfte eine Modernisierung ihrer Wohnung.

Angesichts des hohen Anteils von Wohnungen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wäre es nach Ansicht des CDU-Fraktionsvorsitzenden zielführender, wenn der Bezirk darauf hinwirkt, dass diese Gesellschaften preisgünstige Wohnungen zu Verfügung stellen. Man soll, erklärte Kradt abschließend, den Menschen vor Ort helfen und nicht pauschal in Eigentumsrechte eingreifen.

 

„Modernisierungen, bei denen Mieten bezahlbar bleiben“

Es schien, als habe Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn, der nun doch ans Rednerpult trat, auf dieses Stichwort gewartet. „Eigentum verpflichtet“, hielt er dem CDU-Politiker entgegen.
Selbstverständlich wünschten sich die Mieter eine Modernsierung ihrer Wohnungen, die Frage sei aber, wer danach dann noch die Miete zahlen kann.

Kuhn räumte ein, dass eine Erhaltungssatzung kein sehr starkes Instrument für den Mieterschutz sei, aber: „Bei diesem Wohnungsmarkt, in dem alle in Betongold anlegen wollen, haben wir nur sehr wenige Steuerungsinstrumente.“ Für die Mieter sei es besser, die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, als alles frei zu geben. Kuhn: „Wir wollen akzeptale Modernisierungen, bei denen die Mieten bezahlbar bleiben.“
Um den Mieterschutz zu verbessern, werden die Prüfkriterien für die Erhaltungsgebiete derzeit vom Bezirksamt überarbeitet.

Der SPD-Fraktionisvorsitzende Roland Schröder wies die Darstellung der CDU zurück, dass die wenigen Anträge, die über die erlaubten Modernisierungsstandards hinaus gehen, die fehlende Notwendigkeit der Erhaltungssatzungen belegen. Nur weil die Bauherren und Architekten wüssten, was bei Modernisierungen in sozialen Erhaltungsgebieten genehmigungsfähig ist und was nicht, sei die Anzahl der darüber hinausgehenden Anträge überschaubar.

 

Weißensee: Ohne Erhaltungssatzung schwerer Stand für Mieter

Ein Beleg für die Notwendigkeit von Erhaltungssatzungen brachte der kurz darauf folgende Tagesordnungspunkt. In einem Antrag der Grünen und der Linken wurde das Bezirksamt aufgefordert, mit dem Immobilienkonzern „Deutsche Wohnen“einen Vereinbarung zur sozialverträglichen Modernsierung des in Weißensee gelegenen Wohnblocks im Karree Blechenstraße -Schönstraße – Große Seestraße – Parkstraße zu treffen.
„Diese Vereinbarung“, heißt es im Antragstext. „soll sich an den bei vergleichbaren Modernisierungen stets angewandten Rahmenvorgaben und Zielen orientieren.“
Eine Vertreterin der Mieter des Weißenseer Wohnareals schilderte die Ängste und Befürchtungen der Mieter und berichtete unter anderem über Probleme, die man mit der Anerkennung von Härtefällen durch die „Deutsche Wohnen“ hat.

Das Problem: Während in den sozialen Erhaltungsgebieten vieles von dem, was für den Schutz der Mieter nötig ist, ist gesetzlich festgeschrieben. Der Weißenseer Wohnblock befindet sich jedoch nicht in einem Milieuschutzgebiet, was die Verhandlungen schwieriger macht.
 

Pauschallösung für „Deutsche Wohnen“-Objekte angestrebt

Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn kündigte an, in Gesprächen mit der „Deutsche Wohnen“ sowohl für die Weißenseer Wohnanlage, als auch bei einem weiteren von dem Konzern geplanten Modernisierungsvorhaben in Prenzlauer Berg auf die selben Konditionen zu abzuzielen, wie sie in der Vereinbarung über die Modernisierung der Wohnanlage Grellstraße/ Prenzlauer Allee festgeschrieben wurden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Roland Schröder regte darüber hinaus an, mit der „Deutsche Wohnen“ eine Pauschalvereinbarung über alle im Bezirk von dem Unternehmen geplanten Modernisierungen anzustreben – ähnlich wie man es vor einigen Jahren mit der landeseigenen GESOBAU gehalten hatte.

 

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