Neues vom Bau: Nachrichten zwischen Fake-News und Kausalitätsumkehr


 

Das eine sind die nackten Zahlen. Das andere, was man daraus macht.

Kürzlich hatte das Statistische Landesamt Berlin-Brandenburg die aktuellen Zahlen des Baugeschehens in Berlin veröffentlicht. Oder korrekter: Jene der erteilten Baugenehmigungen. Und siehe, es geht voran. Nicht im Sprint, nicht im Galopp, aber im Trab. Immerhin.

Das gefällt möglicherweise nicht jedem.

Ralf Schönball vom Tagesspiegel zum Beispiel scheint damit Probleme zu haben.

Und so setzte er über die Nachricht, dass von Januar bis September des Jahres 2017 in Berlin Baugenehmigungen für 17.817 Wohnungen erteilt wurden und damit ein Anstieg der Genehmigungen im Vergleich zu den ersten neun Monate des Vorjahres um 5,1 Prozent zu verzeichnen war, unter die Überschrift:
 

Um dann nachzulegen:

„Der Zuwachs wäre aber noch viel höher gewesen, wenn der Ausbau von Dachgeschossen nicht ausgebremst worden wäre. Doch hier meldet das Amt für Statistik einen Rückgang der Baugenehmigungen um knapp ein Viertel: Nur noch 2.227 neue Wohnungen direkt unter dem Berliner Himmel wurden genehmigt. „

Woher er das hat?

„Eine Ursache dafür ist Experten zufolge eine neue Richtlinie des Senats, die den Ausbau von Dachgeschossen durch private, nicht durch Sozialmieten gebundene Projekte erschwert: Diese sollen nicht mehr durch kulante Regelungen etwa beim Beschnitt von Straßenbäumen oder bei den Rettungswegen erleichtert werden.“

Experten also.
 

Neben der Realität

Die Fakten:

1. Das Amt für Statistik meldete mitnichten einen Rückgang der Baugenehmigungen für Dachgeschosse um knapp ein Viertel. Tatsächlich teilte das Statistik-Amt mit:

„Durch Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden, z.B. Dachgeschossausbau und Nutzungsänderungen, werden dem Wohnungsmarkt weitere 2 227 Wohnungen zur Verfügung stehen. Das ist fast ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum (–24,4 Prozent).“

„Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden, z.B. Dachgeschossausbau und Nutzungsänderungen“ – da ist vom Umbau einstiger Erdgeschossräume, die entweder leer standen oder als Gewerberäume genutzt wurden (im Haus des Autors dieser Zeilen betrifft das zum Beispiel allein drei Wohneinheiten) bis hin zu enstigen Fabriketagen alles möglich.

2. Eine exakte Aufschlüsselung in Dachausbau, leerstehende Erdgeschossräumlichkeiten oder einstige Gewerberäume ist in der Statistik nicht vorhanden.

3. Auch die Gründe des Rückgangs dieser Position sind vom Statistikamt nirgendwo angegeben.

4. Weder führt Schönball an, welche „Experten“ konkret einen solchen Unsinn behaupten, noch, auf Grund welcher Zahlen und Berechnungsmethoden sie zu ihrer Feststellung kommen.

Bleibt nur der Schluss, dass Tagesspiegel-Redakteur Ralf Schönball hier eine – offenbar interessengesteuerte Falschnachricht in die Welt gesetzt hat. Beziehungsweise ein „Fake News“, wie das ja neudeutsch heißt.

Dass er den Berliner Bauämtern mit der angeblichen Versagung von rund 800 Dachgeschoss-Baugenehmigungen innerhalb von nur zehn Wochen einen geradezu schweißtreibenden destruktiven Fleiß andichtet, rundet die bizarre Darstellung ab.
 

Ursache und Wirkung

Wir leben – so zumindest die derzeit vorherrschende Meinung – in einer Welt der kausalen Abläufe. Das heißt: Jede Wirkung hat eine Ursache.

„Stimmt nicht!“, rief nun kürzlich die Boulevardzeitung BZ ihren Lesern zu. „Zuerst kommt die Wirkung und dann die Ursache!“

Natürlich wurde diese bahnbrechende Erkenntnis nicht so pur verkauft, wie hier dargestellt. Die BZ verpackte sie unter der harmlos erscheinenden Überschrift
 

Im Text heißt es dann:

„Pankow liegt bei Berlinern voll im Trend: Fast jeder fünfte Umzug (19,3 Prozent) innerhalb der Stadt führt in den Nord-Bezirk. Das ergab eine Studie von Movinga, einer Online-Plattform für Umzüge, die 6000 Umzugsanfragen auswertete.
Platz zwei geht an den Bezirk Mitte. In die Innenstadt und nach Wedding, Tiergarten und Moabit zogen 13 Prozent der von der Studie berücksichtigten Berliner.
Schlusslicht ist Spandau. Nur drei Prozent wollten demnach in den Bezirk im Nordwesten ziehen. Ein paar mehr (fünf Prozent) wollten nach Reinickendorf.“

Toll.

Und das liegt – laut BZ – nun daran, dass die Leute dorthin „wollen“.

Ein Blick auf die Zahl der Baugenehmigungen zeigt nun aber: Die meisten Baugenehmigungen werden seit Jahr und Tag in de Bezirken Mitte und Pankow erteilt – Spandau und Reinickendorf rangieren hingegen traditionell weit hinten.

Dass die Zahl Umzügler in einen Bezirk möglicherweise mit der Zahl der dort jeweils entstehenden Wohnungen zu tun haben könnte, sollten wir hier nicht weiter in Betracht ziehen. Das wäre altes Denken – nämlich: Ursache zeitigt Wirkung.

 

 


 

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