Eine Ehe, so die landläufige Meinung, ist eine Angelegenheit von Menschen, die ihre Lebensplanung auf größere Zeiträume ausgelegt haben.
Allerdings hält das nicht jeder durch. Daher wäre eine gewissenhafte Selbstprüfung angebracht.
Pankow ist dafür der richtige Ort. Wie der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste Vollrad Kuhn (Bündnis 90/ Die Grünen) vor Bezirksverordneten erklärte, ist aktuelle Online-Terminvergabe zur Anmeldung der Eheschließung ist bis Mitte Dezember ausgebucht. Die vom Eheregister direkt zu vergebenen Anmeldetermine für die Donnerstagssprechstunde sind gar bis Ende März 2019 belegt. Weitergehende, zusätzliche Termine können nicht angeboten werden.
Einen Termin ergattert zu haben, ist das eine. Dass beim Termin dann tatsächlich auch ein Standesbeamter – oder eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter – vor Ort ist, ist dann nochmal eine andere Sache.
Immerhin musste in Pankow kein angemeldeter Heiratswilliger das Standesamt unverehelicht verlassen, doch die vereinbarten Termine zur Eheschließung können, so Kuhn, nur durch Rückgriff auf die Standesbeamten und Mitarbeiter aller anderen, „Register“ genannten Bereiche realisiert werden.
In Pankow wurden in diesem Jahr 1.641 Anmeldungen zur Eheschließung abschließend bearbeitet und 599 Eheschließungen durchgeführt. Der Bedarf ist aber bedeutend größer.
Rund 60 Tote in der Warteschlange
Wer nicht so lange warten wollte und sich deshalb – oder aus anderen Gründen – das Jawort in Las Vegas, Havanna oder Wladiwostok gab, war letztlich auch nicht besser dran.
Denn die Glücklichen sind dann zwar für sich verheiratet, aber noch längst nicht für die deutschen Verwaltungen. Auch hier heißt es warten, denn die Nachbeurkundung von Auslandseheschließungen und die Entgegenahme von Namenserklärungen zur im Ausland geschlossenen Ehen können aktuell nicht dem Andrang entsprechend bearbeitet werden. Die Rückstände und somit die Bearbeitungszeiten wachsen hier laut Stadtrat Kuhn stetig an.
Während man eine Hochzeit noch irgendwie aufschieben kann, sieht das bei Geburten schon anders aus. Aktuell sind in diesem Jahr im Bezirk Pankow bisher 4.424 Geburten beurkundet worden. Die Tendenz ist steigend.
Die Bearbeitungszeit beträgt derzeit zirka eine Woche. Außerdem wurden in diesem Jahr bislang 73 Geburten von deutschen Staatsangehörigen im Ausland nachbeurkundet. 45 Fälle sind noch nicht abschließend bearbeitet.
Beim Sterben sieht es momentan nicht viel anders aus: Hier dauert die Bearbeitungszeit vom gemeldeten bis zum standesamtlich registrierten Tod rund zehn Tage. Rund sechzig Verstorbene warten derzeit noch auf die standesamtliche Bestätigung ihres Ablebens.
Aufarbeitung der Rückstände nur sporadisch möglich
Die Registrierungen von Geburt, Heirat und Tod sind das eine – was aber, wenn man vergessen hat, ob, und wenn ja, wann man geboren wurde und zu Hause die Unterlagen nicht mehr findet? Richtig, man geht zum Standesamt und lässt sich eine Kopie seiner Geburtsurkunde ausfertigen.
In diesem Jahr wurden bisher 6.250 gebührenpflichtige Urkundenanforderungen von Kunden bearbeitet, die das Standesamt postalisch oder per Online-Anforderung erreicht haben. Hinzu kommen die Urkundenausstellungen zu den persönlichen Vorsprachen in der Sprechzeit.
Dabei nicht berücksichtigt sind Anforderung von Behörden, Rentenstellen, Amtsgerichte und Notare zur Ausstellung kostenfreier Urkunden, die ständig zunehmen.
Die Bearbeitungszeiten für die Urkundenanforderungen betragen zurzeit 14 Tage. Doch auch diese Bearbeitungszeiten können nur gehalten werden, wenn die Urkundenstelle vollständig besetzt ist.
So ist denn die Aufarbeitung der Rückstände im Bereich der Urkundenstelle nur sporadisch möglich. Die Abwicklung des Tagesgeschäfts bindet nach Angaben von Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn die vorhandenen Kräfte.
Dabei müssen noch 13.000 Hinweismitteilungen zu den Geburtenregistern eingearbeitet werden, rund 2.500 Folgebeurkundungen über Scheidung und Tod sind in den Eheregistern noch nicht eingetragen.
Entspannung der Lage nur mit mehr Personal
Als Hauptursache für die Pankower Standesamtsmisere sieht der Stadtrat die unzureichende Personalsituation. Selbst da, wo eingestellt werden könnte, mangelt es an Leuten.
So sollte das Standesamt ab dem 15.11.2018 durch eine befristete Einstellung im Rahmen des Modellprojekts „Beschäftigung von Juristen nach dem ersten Staatsexamen“ für einige Monate verstärkt werden. Die Bewerberin hatte sich dann allerdings kurzfristig anders entschieden.
Immerhin befindet sich derzeit eine Mitarbeiterin in der Ausbildung zur Standesbeamtin.
Bezüglich der aktuell ausgeschriebenen Mitarbeiter- und Standesbeamtenstellen sind die Auswahlgespräche für November und Dezember vorgesehen.
Sollten die Kandidaten dann nicht auch wieder abspringen, könnte sich die Situation im kommenden Jahr etwas verbessern.