Kirchner muss nun doch gehen – vorerst. CDU kündigt „Missbilligungsantrag“ an

 

Auf der heutigen Sitzung des Berliner Senats wurde entsprechende des Antrags von Senatorin Regine Günther (parteilos, für Bündnis 90/ Die Grünen) der bisherige Staatssekretär für Verkehr Jens-Holger Kirchner in den einstweiligen Ruhestand versetzt und statt seiner Ingmar Streese, bisher Referent in der Bundesverbraucherzentrale, zum Verkehrsstaatssekretär ernannt.

Allerdings soll der an Krebs erkrankte und auf dem Weg der Genesung befindliche Kirchner nach seiner vollständigen gesundheitlichen Wiederherstellung in die Senatskanzlei einziehen und dort große Verkehrsprojekte, wie etwa die Siemans-Bahn oder die Anbindung des geplanten Wohn- und Gewerbegebietes auf dem – allerdings erst noch zu schließenden – Flughafengelände in Tegel koordinieren.
Kirchner stimmte dem nun gefundenen Kompromiss zu, der auf einen Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) zurückgeht.

 

Senatorin lehnte schrittweisen Wiedereinstieg bereits im September ab

Damit ist ein Streit beendet worden, der sowohl in der Öffentlichkeit, als auch in Kirchners Partei Bündnis 90/ Die Grünen für viel Unmut gesorgt hat.

Kirchner hatte im Juni dieses Jahres eine Krebsdiagnose erhalten und musste sich Operationen sowie einer Strahlen- und Chemotherapie unterziehen.

Als es im September absehbar wurde, dass die Heilungschancen gut stehen, bot der Senatorin Günther an, zunächst seine Arbeit zunächst ih einer Art Teilzeit wieder aufzunehmen. Der behandelnde Arzt Kirchners befürwortete einen solchen schrittweisen Wiedereinstieg ausdrücklich und verwies in einer ärztlichen Stellungnahme auf die positiven medizinischen Auswirkungen einer Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit.
Günther lehnte trotz der von ihr beklagten Arbeitsüberlastung, die in ihrer Verwaltung seit mit dem krankheitsbedingten Ausfall Kirchners herrscht, ab. Begann die Suche Günthers nach eine Kirchner-Nachfolger schon unmittelbar nach diesem Gespräch.

 

Verhältnis schon vorher schwierig

Mit eine Rolle gespielt haben dürfte das von Anfang an nicht von übergroßer Liebe gekennzeichnete Verhältnis der Senatorin zu ihrem Staatssekretär gespielt haben. Während der verwaltungserfahrene Kirchner – der nach der Wahl von 2016 selbst als Senator gehandelt wurde – es wie schon zu seinen Zeiten als Pankower Bezirksstadtrat öffentlich auf sich aufmerksam zu machen, hatte die als drittbeste Lösung in den Senat geholte Günther – zwei andere angefragte Kandidatinnen lehnten zuvor ab – stets Probleme, sich öffentlich darzustellen.

Der Unmut der Senatorin ging schließlich so weit, dass sie Kirchner im Mai vergangenen Jahres einen Maulkorb verpasste – selbstständige öffentliche Auftritte des Staatssekretärs waren seit diesem Zeitpunkt praktisch nicht mehr zu verzeichnen.

Als in der vergangenen Woche publik wurde, dass Senatorin Günther den Verkehrsfachmann trotz günstiger Heilungsprognose entlassen und an seine Stelle einen Nichtfachmann setzen wollte, brach ein öffentlicher Sturm der Entrüstung los.
Zum einen wurde die Stillosigkeit kritisiert, den kranken Staatssekretär ausgerechnet kurz vor Weihnachten den Stuhl vor die Tür zu setzen, zum anderen wurde bemängelt, dass ein Fach- und Verwaltungsfremder Kirchners Ressort übernehmen sollte.
 

Landesvorstand der Grünen ließ Pankower außen vor

Auch innerhalb der Grünen rumorte es heftig, zumal der Landesvorstand, der das Vorgehen Günthers billigte, in scheinbar weiser Voraussicht weder das Pankower Landesvorstandsmitlied, noch den Pankower Kreisverband der Grünen davon informiert hatte. Kreisvorsitzender Jens Haustein erklärte gegenüber der Prenzlberger Stimme, dass er und sein Kreisverband von der geplanten Emtlassung Kirchners erst aus der Presse erfahren haben.

In mehreren Krisensitzungen über das Wochenende wurde dann versucht, eine Lösung zu finden. Der Vorschlag der bündnisgrünen Wirtschaftssenatorin und Bürgermeisterin Ramona Pop, Kirchner als quasi dritten Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zu halten, fand keinen Widerhall. Es wäre auch schwer vorstellbar gewesen, wie sich das schon vor der Erkrankung angespannte Verhältnis zwischen Kirchner und Günther nach dem von der Senatorin herbeigeführten Eklats hätte erträglich gestalten können.

Doch auch der jetzt gefundene Kompromiss hat nicht jeden überzeugt. Von Kultursenator und Bürgermeister Klaus Lederer wird berichtet, die Linke hätte dem nur zugestimmt, weil Jens-Holger Kirchner der nun gefundenen Lösung sein Einverständnis gegeben hat.(1)
 

CDU will Missbilligungsantrag gegen Senatorin Günther stellen

Kirchner selbst erklärte auf der Webseite der Berliner Grünen: „Ich freue mich sehr, dass ich auch künftig für diese Koalition und das Gelingen der Verkehrswende arbeiten kann. Ich bin froh, dass in dieser schwierigen Situation gute Zusammenarbeit und Gespräche zwischen Grünen, SPD und Linken zu dieser tragfähigen Lösung geführt haben.“

Für die Opposition im Abgeordnetenhaus ist die Causa Kirchner allerdings noch nicht zu Ende. „Trotz seiner schweren Krankheit mit Aussicht auf Genesung“, erklärte Fraktionschef Burkhard Dregger, „hat der Senat heute Verkehrsstaatssekretär Kirchner in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Meine Fraktion und ich distanzieren uns von dieser Entscheidung. Sie wird auch nicht dadurch besser, dass Kirchner ihr zugestimmt hat – was blieb ihm in dieser Situation auch anderes übrig?“

Er kündigte an, dass seine Fraktion auf der nächsten Sitzung im Abgeordnetenhaus am kommenden Donnerstag einen Missbilligungsantrag gegen Senatorin Regine Günther einbringen wird.

 

(1) Wie Kultursenator Klaus Lederer der Prenzlberger Stimme auf Anfrage mitteilte, sei diese auch anderswo zitierte Äußerung von ihm nicht gemacht worden. Lederer: “ Es ist nicht das, was ich im Senat gesagt habe, sondern was andere interessengeleitet durchgestochen haben.“ Und weiter: „Senatssitzungen sind vertraulich. Ich halte mich dran.“

 

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6 Kommentare zu “Kirchner muss nun doch gehen – vorerst. CDU kündigt „Missbilligungsantrag“ an”

  1. Nicht eben mein Parteifreund- aber das ist eine Sauerei erster Güte und sehr gut, dass die CDU das mißbilligt.

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  2. Tschüssikowsky!

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  3. Aus der verfahrenen Situation rettet die Grünen jetzt ausgerechnet der SPD-Regierende Michael Müller (54). Kirchner soll, nach Ende seiner Chemotherapien und der Reha, als Staatssekretär a.D. im Roten Rathaus arbeiten.

    Kirchner wird Koordinator von Mobilitäts-Projekten
    Seine neue Aufgabe nach der Genesung: Koordinator von Mobilitäts-Projekten. Etwa beim Spandauer Siemens-Campus, wo autonomes Fahren geplant ist und die Wiederbelebung einer S-Bahn-Trasse ansteht. Oder der Nicht-Mehr-Flughafen Tegel, der in einen Forschungs- und Industriepark verwandelt werden soll.

    Müller und Kirchner kamen schon immer gut miteinander klar. Der Regierende hatte dem Kranken im Oktober einen sehr persönlichen Brief geschrieben. Montag haben die beiden telefoniert – und Kirchner schlug ein.

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  4. Die Dame hat wenig Sozialkompetenz und noch weniger eine Verantwortung der Fürsorgepflicht! Und man Staune, sie ist bei der Grünen Partei. Wer hätte das gedacht ….

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  5. von ODK

    Dez 12. 2018

    Das ist ein Irrtum. Frau Guenther ist parteilos

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