Begegnungszone Garbatyplatz

 

Möglicherweise ist das ja noch niemand aufgefallen: Eine „Begegnungszone“ – also einen Straßenbereich, den sich Fußgänger mit anderen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt teilen, gibt es in Berlin bereits seit 21 Jahren. Es ist der Alexanderplatz, auf dem sich immerhin Radfahrer, Straßenbahn, Fußgänger und Lieferverkehr gleichberechtigt einen gemeinsamen Raum teilen. Im Großen und Ganzen läuft das recht gut.

Etwas irritierend war es daher, dass im Jahr 2011 – mithin 13 Jahre nach der Eröffnung der erste Begegnungszone – die damalige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nun die Bezirke aufrief, mögliche Orte für ein „Modellprojekt Begegnungszone“ zu benennen. Was mehr als ein Jahrzehnt lang funktioniert hat, sollte nun als Experiment auf seine Funktionsfähigkeit überprüft werden.

Es gingen 33 Vorschläge ein, drei wurden ausgewählt: Die Maaßenstraße in Schöneberg, Die Bergmannstraße in Kreuzberg sowie der Bereich um den Checkpoint Charlie.

Letzterer flog allerdings wegen „der sich deutlich veränderten Rahmenbedingungen bei der städtebaulichen Entwicklung am Standort“ aus dem Kreis der Kandidaten wieder raus.
 

Mäßiger Erfolg

Begonnen wurde 2015 mit der Maaßenstraße, das Ergebnis war nicht so berauschend: Auf einer verengten Fahrbahn kamen sich Lieferverkehr, Autos und Radfahrer in die Quere, während viel freier Platz ungenutzt blieb. Im September vergangenen Jahres gab’s dann eine öffentliche Auswertung mit dem versprechen, die Situation zu verbessern. Seitdem geschah erstmal… nichts.

Bergmannstraße – Foto: Fridolin Freudenfett

Im vergangenen Jahr begann dann der Versuch in der Kreuzberger Bergmannstraße. Dort ist Grüne Florian Schmidt – der Lieblingsfeind des Großteils der Berliner Presse – der zuständige Stadtrat, so dass diesem Projekt eine besondere mediale Aufmerksamkeit zuteil wurde.

Mit Parklets (auch aus der Prenzlauer Berger Schönhauser Allee bekannt – sowie Findlingen zur Verhinderung von nicht erwünschten Autoabstellungen und verwirrenden grünen Punkten auf der Fahrbahn, waren ihm die Negativschlagzeilen sicher. Da hatte die Befürworter – die es im Bergmannkiez ebenfalls gibt, kaum eine Chance, Gehör zu finden.

Beide Versuche liefen nach dem Prinzip „learning by doing ab – erst mal machen, um dann zu sehen was draus wird.
 

Etwas treuherzige Vorstellungen

AmGarbatyplatz, dem westlichen Endstück der Florastraße – die übrigens 2011 ebenfalls unter den 33 Kandidaten war, aber nicht für würdig befunden wurde – will der Bezirk Pankow einen anderen Weg einschlagen. Zuerst soll eine Machbarkeitsstudie angefertigt werden, auf deren Grundlage dann entschieden werden soll, ob und wenn ja, wie eine solche Begegnungszone errichtet wird.

Das erscheint auch angeraten, denn die Vorstellungen, die zumindest die grünen Politikerinnen in einer Pressemitteilung dazu vertreten, scheinen doch etwas… nun ja… blauäugig zu sein.

So erklärte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Fraktion in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung Almuth Tharan die doch recht überschaubare Florastraße, auf der gerade einmal zwei Busse aneinander vorbeikommen (weshalb dort auch jüngst erste Haltestellenfurten für die Busse gebaut wurden), sei „sehr breit“ und und möchte statt der breiten“ Straße lieber einen Bahnhofsvorplatz.

Ihre Fraktionsvorsitzende Cordelia Koch glaubt an das Gute zumindest im weiblichen Großfahrzeugführer und vertrat daher die Ansicht: „Weil eine LKW-Fahrerin damit rechnen muss, dass ein Fahrrad oder Fußgänger ganz selbstverständlich ihren Weg kreuzen, muss sie langsamer und achtsamer fahren.“
Andererseits müssen nicht nur LKW-Fahrerinnen (und -fahrer), sondern auch ganz simple PKW-Chauffeure stets damit rechnen, dass auf grün bemalten Straßenstreifen Fahrradfahrer des Wegs kommen – und stellen ihr Gefährt dennoch dort ab.

 

Das gesamte Bahnhofsumfeld ist problematisch

Auch wird sich zeigen, ob eine Verkehrslösung nur am Garbatyplatz, der seit dem Bau jenes den eigentlichen Platz überdachenden Geschäftshauses gar keiner mehr ist, überhaupt ausreicht.

Flora-/ Ecke Berliner Straße

Denn so richtig es ist, dass die Initiatoren darauf hinweisen, dass der Garbatyplatz „von einer sehr großen Zahl von Pankowerinnen und Pankowern genutzt bzw. überquert, um zwischen verschiedenen Linien des ÖPNV zu wechseln, beim Einkaufen oder auf dem Weg nach Hause“ – so ist das eben nur ein Teil des Verkehrsproblems.

Denn da, wo die Florastraße auf die Berliner Straße trifft, ist der Umsteigeverkehr mindestens ebenso groß und nicht weniger problematisch.

Auf der vorangegangenen BVV-Tagung hatten die Bezirksverordneten daher den Beschluss gefasst, dass Bezirksamt zu bitten, bei der BVG vorstellig zu werden, damit diese mittels Durchsagen ihre Fahrgäste darauf hinweist, das Umsteigen von der Straßenbahn in die U2 (und umgekehrt) möglichst nicht am S-Bahnhof Pankow, sondern an der Haltestelle U-Bahnhof Vinetastraße vorzunehmen – weil das einfach sicherer ist.

Gefährliches Umsteigen

Die Einrichtung einer Begegnungszone lediglich am S-Bahnausgang Garbatyplatz würde das Problem am Bahnhof Pankow nicht wirklich beseitigen, auch wenn dabei laut Almuth Tharan dadurch „das schöne Bahnhofsgebäude mehr zur Geltung käme.“

Eine wirkliche Lösung des Verkehrsproblems wäre wohl erst mit einem Umbau der Bahnhofsumgebung unter Einbeziehung eines Teilstücks des noch immer brachliegenden ehemaligen Rangierbahnhofs möglich.

 

 


 



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