„Immer daran denken, was man wirklich beschlossen hat“


 

Nach 20 Jahren an der Spitze der Seniorenstiftung Prenzlauer Berg – erst als Geschäftsführer, dann als Vorstandschef – wird sich Wilfried Brexel in diesem Jahr in den Ruhestand verabschieden.
In seine Amtszeit fällt der Umbau und die Modernisierung der einstigen in DDR-Kommunalbesitz befindlichen Altenheime zu modernen Pflegeeinrichtungen. An zwei Standorten – in der Gürtelstraße und der Stavanger Straße – stehen heute 565 Plätze für Bewohnerinnen und Bewohner aller Pflegestufen zur Verfügung.

Eigentlich, so erklärte Wilfried Brexel am Beginn der Ansprache auf seinem letzten Neujahrsempfang als Stiftungsvorstand, könnte er seine im vergangenen Jahr gehaltene Rede 2019 wortgleich wiederholen, denn die Probleme hätten sich nicht geändert. Das tat er dann zwar nicht, aber ein paar Eigenzitate aus dem Vorjahr ließ er aber doch mit einfließen.

Die Prenzlberger Stimme dokumentiert Auszüge aus der Ansprache, die recht deutlich zeigt, wie eng es im Pflegebereich zugeht.

 

13.000 neue Stellen sind erst einmal nur 13.000 neue unbesetzte Stellen

„Im letzten Jahr wurden viele Ideen produziert, wie man den Pflegenotstand bekämpfen könnte. Da ging es um Rückkehrprämien für Pflegekräfte, die aus dem Beruf ausgestiegen sind, um Umwandlung von Teilzeitstellen in Vollzeitstellen und gleichzeitig um die Reduzierung von Vollzeit auf Teilzeit, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren

Meine Bitte an die Politiker: Immer daran denken, was hat man wirklich beschlossen und was sind nur Ideen geblieben.
Beschlossen wurden 13.000 Fachkraftstellen durch die Krankenkassen. Super. 13.000 neue Stellen, ohne die Pflegebedürftigen zu belasten. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. 13.000 Stellen, die auf 13.000 vollstationäre Einrichtungen verteilt werden – das ist so gesehen dann natürlich auch nur ein Anfang.

Stellen sind das eine. Aber man braucht auch Menschen, die diese Stellen besetzen können.Ende 2018 fehlten in Deutschland nach aktuellen Meldungen 40.000 Mitarbeiter in der Pflege. Jetzt fehlen also 53.000.

Als das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in Form gegossen wurde, schien noch klar zu sein, wir müssen den Pflegeberuf durch eine bessere Vergütung und eine geringere Arbeitsbelastung attraktiver machen, damit damit das Ziel erreicht wird. (…)
 

Zwei neue Stellen können nur ein Anfang sein

Auch wenn der Beitrag zur Pflegeversicherung jetzt gestiegen ist, ist bei den Leistungen der Pflegekassen keine höhere Vergütung der Mitarbeiter vorgesehen. Zitat aus meiner Rede vom letzten Jahr: ‚Eine wesentliche Verringerung der Belastungsfaktoren kann nur über wesentliche Verbesserung der Personalschlüssel erreicht werden. Hier kann und muss die Politik aktiv werden. Die damit verbundenen Mehrkosten sollten jedoch nicht von den Pflegebedürftigen getragen werden müssen.‘

Die Mehrkosten für die zusätzlichen Stellen tragen also nicht die Bewohner, sondern die Krankenkassen. Sehr gut.
Gebraucht haben wir mit der derzeitigen sehr guten Auslastung 60 Vollzeitstellen in der Pflege. Es sind zwar mehr Köpfe, weil nicht jeder Vollzeit arbeitet, aber 60 Vollzeitäquivalente. Von den 13.000 neuen Stellen kommen nach der gesetzlichen Regelung zwei für das Haus dazu. Wenn ich denn Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt finde.
 

In jedem Dienst eine Pflegefachkraft mehr

Nach Adam Riese bedeuten zwei Stellen bei 60 Mitarbeitern ein Plus von 3,33 Prozent. Die jetzigen Stellenschlüssel erlauben eine Dienstbesetzung von drei Kräften im Frühdienst, zwei Kräften im Spätdienst und ein Kraft im Nachtdienst in einem Wohnbereich von 28 Bewohnern.

Welche Besetzung würde von den Mitarbeitern und den Bewohnern als wesentliche Verbesserung wahrgenommen werden? In jedem Dienst eine Kraft mehr – vier im Frühdienst drei im Spätdienst und zwei im Nachtdienst. Das wäre allerdings eine Steigerung des Personaleinsatzes um 50 Prozent. Und das ist die Dimension für eine zukünftige qualitativ hochwertige Pflege.
(…)
 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerhalb der Pflege nicht vergessen

Um genügend Mitarbeiter für die Pflege zu gewinnen, müssen die Perspektiven für die Menschen klar sein. Die Arbeitsbelastung muss durch eine schrittweise Verbesserung des Personalschlüssels sinken und die Mitarbeitervergütung muss steigen. Auch in Relation zu den Gehältern, die in anderen Branchen gezahlt werden. Und Gleichzeitig dürfen unsere Pflegebedürftigen nicht mit immer höheren Zahlungen belastet werden.

Dazu – weil es ja bundesweit Diskussionen gibt um den Tarifvertrag Pflege – vielleicht noch eine kleine Anmerkung: Es reicht nicht, sich nur um die Pflege zu kümmern. In stationären Pflegeeinrichtungen gilt das Gleiche wie in Krankenhäusern. Ohne engagierte und zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerhalb der Pflege wie zum Beispiel Küche Wäscherei, Haustechnik, Verwaltung, Betreuung funktioniert das Ganze nicht. Auch das war ein Zitat aus dem letzten Jahr. Und auch das gilt für die Zukunft.“

 

 

 

 



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