Freitag, dem 1. Februar 2019 klingelte gegen 13.30 Uhr das Telefon. Am Apparat war ein Bekannter mit einer etwas surreal erscheinenden Nachricht: „Du, deine Internet-Domain ‚prenzlberger-stimme.de‘ wird gerade versteigert!“
Hä?
Ein Blick auf die genannte Internetseite, auf der die Auktion in den letzten Zügen lag, ließ die Vermutung, dass es sich vielleicht um einen bizarren Scherz handeln könnte, schnell zerbröseln.
Die Seite heißt Justizauktion, als Anbieterin war eine Gerichtsvollzieherin aus Hellersdorf benannt.
Justizauktion? Gerichtsvollzieherin?
Diese Kombination konnte eigentlich nur eines bedeuten: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup hat einen erneuten Versuch unternommen, die ihm so verhasste „Prenzlberger Stimme“ in seine Hand und damit vom Netz zu bekommen.
Ein kurzer Rundruf bei mehreren SPD-Genossen scheint die Vermutung zu bestätigen: Schon seit Wochen, so erzählten die Befragten unabhängig voneinander, sei Mindrup damit hausieren gegangen, dass dem „Blogger“ (der von Klaus Mindrup verwendete Kosename für den Betreiber dieses kleinen, aber feinen Webportals) nun endgültig das Handwerk gelegt werde. Dazu werde er, soll er herumerzählt haben, offene Verfahrenskosten pfänden und die Domain versteigern lassen.
Klaus Mindrup wollte keine Stellung nehmen. Er habe „kein Interesse“ darüber zu reden, erklärte er kurz und bündig, bevor er das Telefon wieder auflegte.
Ich selbst habe bisher keinen diesbezügliche Pfändungs- oder Versteigerungsbeschluss in Händen gehalten und auch der mich in Sachen Mindrup vertretende Rechtsanwalt wurde von dem Vorgang nicht informiert.
Die Gerichtsvollzieherin, die laut Auktionsportal die Versteigerung veranlasst hatte, war bisher nicht zu erreichen. Unter der Nummer ihres Festnetzanschlusses sprach eine Tonbandstimme, dass dieser Anschluss nicht existiert.
Auf die E-Mail des mich vertretenden Rechtsanwalts, der die rechtliche Fragwürdigkeit der Aktion hinwies – „Prenzlberger Stimme“ ist der Titel eines Magazin, also urheberrechtlich geschützt und damit einer Pfändung entzogen – wurde bisher nicht reagiert. Das ist auch deshalb unschön, weil hier bis jetzt nicht einmal ein Aktenzeichen bekannt ist – und das braucht man natürlich, um gegen diese Auktion juristisch vorzugehen.
Der mögliche Verursacher möchte nicht reden, die Veranlasserin ist telefonisch nicht zu erreichen und reagiert auf anwaltliche E-mails nicht – so bleibt es vorerst bei der, allerdings begründeten, Vermutung dass die Auskünfte der beftragten SPDler korrekt ist und die Sache von Klaus Mindrup in die Wege geleitet wurde
UPDATE 5. September 2019
Nach nunmehr 7 (in Worten: sieben) Monaten, nachdem meine Anfrage an Klaus Mindrup bezüglich der Urheberschaft der bizarren Domain-Pfändung von ihm ohne Aussage brüsk zurückgewiesen wurde, meldete sich nun sein Anwalt Philipp Zeltner schriftlich zu Wort. Sein Mandant, so Zeltner, hätte die Pfändung nicht veranlasst.
Aha.
Die Vorgeschichte
Eines vorweg: Alle von der Prenzlberger Stimme recherchierten Fakten betreffs der bemerkenswerten Grundstücksgeschäfte des SPD-Bundestagsabgeordneten Klaus Mindrup hatten vor Gericht Bestand.
Alle.
Was bei dem SPD-Politiker Anstoß erregte, waren seine eigenen, in der Prenzlberger Stimme zitierten Aussagen.
Und das auch nicht etwa, weil sie falsch oder entstellend wiedergegeben wurden. Nein, Klaus Mindrup klagte gegen seine eigenen Aussagen – weil er sie plötzlich, nachdem sie von mir wiedergegeben wurden, für wahrheitswidrig, ehrverletzend und Schlimmeres hält.
Mit einigem Abstand und dem Wissen um den Verlauf der Angelegenheit, lehnt man sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man vermutet, dass er sie mir genau aus diesem Grund in den Block diktiert hatte.
Den eigenen Genossen verschwiegen
Die Geschichte selbst dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein.
Klaus Mindrup hatte im mecklenburgischen Silz am Fleesensee die Erstellung eines Umweltverträglichkeitsgutachtens verantwortet, auf dessen Grundlage 26 Hektar eines Landschaftsschutzgebietes zugunsten eines geplanten Hafendorfes entwidmet wurden.
Anschließend wurde er „Projektplanungsleiter“ des 70-Millionen-Projektes und profitierte so von seinem eigenen Gutachten. „Erheblicher Interessenskonflikt“ ist wohl die zutreffende Mindestbewertung einer solchen Konstellation.
Auch das Personal hatte Schmackes: Mindrups Planungspartner Klaus Wiesner war Erfinder und Cheflobbyist der sogenannten „Mövenpicksteuer“. Die Älteren werden sich erinnern: Von diesem „Skandal“ lebte – ausgerechnet! – die SPD propagandistisch eine ganze Legislaturperiode lang.
Grundstückseigentümer und spiritus rector des Hafendorf-Plans war der Schweizer Geschäftsmann Werner Bleiker, der zwischendurch mal eben wegen Schwarzgeldgeschäften zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt wurde und sich nach seiner Freilassung hinter eine luxemburgischen „Familienstiftung“ versteckte.
All das hatte Mindrup, bei seiner damaligen Bundestags-Kandidaten-Werbetour durch die Pankower SPD-Ortsvereine seinen Genossen, die ihn natürlich auch nach seinen beruflichen Aktivitäten befragten, verschwiegen.
So stand er nach der Veröffentlichung seiner beruflichen Aktivitäten durch die Prenzlberger Stimme vor seinen Genossen als ein ziemlich unehrlicher Patron da, der zwar nicht direkt gelogen, aber vorsätzlich Tatsachen verschwiegen hatte.
Wäre das vor seiner unter bemerkenswerten Umständen erfolgten Kür zum Bundestagskandidaten bekannt geworden, hätte es in den Parteigremien wohl kaum zu einer Mehrheit für seine Kandidatur gereicht. Doe Parteibasis wollte ihn da ohnehin nicht und votierte für eine konkurrierende Genossin.
Ein merkwürdiger Eigentümerwechsel
Und das war ja noch nicht alles.
Das „Dream-Team“ um SPD-Mindrup, Mövenpick-Wiesner und dessen Bruder, das keinerlei Expertise über ein auch nur annähernd großes Projekt verfügte, versagte kläglich. Der Eigentümer bemängelte die hohen Kosten und magere Ergebnisse. Als der Schweizer die aus seiner Sicht unfähigen Kostgänger loswerden wollte, gingen die zum Gegenangriff über. Sie stellten offenbar so astronomisch hohen Forderungen, dass sie der Eigentümer nicht begleichen konnte oder wollte – die Insolvenz der Hafendorf-Gesellschaft war die Folge.
Zeitgleich mit dem Hafendorf „entwickelte“ Mindrup zusammen mit seinem Büropartner Matthias Zinnen (GMZ Planungsgesellschaft), mit dem er auch beim Hafendorf führend zugange, war auf einem 800 Meter entfernten Grundstück die Planungen für eine Ferienhaussiedlung. Das Grundstück gehörte ebenfalls dem Schweizer.
Eine Ferienhaussiedlung mit 21 Ferienhäusern und sechs Doppelhaushälften, die nur dann Sinn macht, wenn eine technische, verkehrliche und touristische Infrastruktur vorhanden ist, wie sie bei der Errichtung des Hafendorfes entstanden wäre. So aber schien auch das Schicksal dieser Immobilie besiegelt zu sein.
Doch nach der Insolvenz der Hafendorfgesellschaft wurde der Sitz der GmbH, die die 800 Meter entfernt liegenden Grundstücke besaß, plötzlich an die Büroadresse Mindrups verlegt, Geschäftsführer wurde Mindrups Büropartner Matthias Zinnen. Dort wurde die GmbH „entkernt“, das heißt, die Grundstücke gingen unter ungeklärten Umständen an Klaus Mindrup über. Die leere Geschäftshülle wanderte danach wieder an den Schweizer Werner Bleiker zurück.
Schon diesen seltsamen Bewegungen lassen vermuten, dass es sich ganz offenbar nicht um einen normalen Grundstücksverkauf handelt. Tatsächlich liegen die genauen Umstände der Transaktion – zum Beispiel von welchem Geld Klaus Mindrup, der seinerzeit nicht als vermögend galt, die mit mit einem Bebauungsplan versehene und daher wohl nicht ganz billige Immobilie erworben hat – nach wie vor im Dunkeln.
Erst einen bestimmten Eindruck erweckt…
Nachdem der SPD-Bundestagsabgeordnete lange Zeit leugnete, überhaupt privater Grundstücksbesitzer am Fleesensee zu sein, musste er – nach heftigem Winken mit einer Grundbucheintragung – zugeben, dass er nämliche Immobilie in sein Eigentum gebracht hatte.
In die Betreffzeile der E-Mail, in der das Eingeständnis mitgeteilt wurde, schrieb Mindrup „Fragen zum Projekt Fleesensee“
um dann unter anderem zuzugeben:
Das durch die Macht des Faktischen erzwungene Eingeständnis des Klaus Mindrup, alleiniger Eigentümer eines Grundstücks am Fleesensee zu sein, wurde am 13. September 2013 in einem Artikel mit der Überschrift: „Überraschung: Mindrup doch Grundeigentümer am Fleesensee“ verkündet. Eingeleitet wurde der Bericht mit folgenden Sätzen:
„Der SPD-Bundestagskandidat Klaus Mindrup ist entgegen seiner öffentlichen Darstellungen doch Privateigentümer von Grundstücken des Projekts ‚Hafendorf Fleesensee‘ am Landschaftsschutzgebiet Nossentiner Schwinzer/Heide. Von der Prenzlberger Stimme auf entsprechende Grundbucheintragungen hingewiesenm, musste Mindrup nun zugeben,
„dass ich im Jahre 2010 ein Grundstück mit einer Kommanditgesellschaft per Kaufvertrag von der Wohnbau
Müritz erworben habe, bei der die von Ihnen benannten UG (haftungsbeschränkt) als Komplementärin agiert. Privat hat mir die Wohnbau Müritz weitere Grundstücke verkauft. „“
Damit steht fest, dass Mindrup in bvedeutend größerem Umfang von einer unter seiner Leitung erstellten Umweltverträglichkeitsstudie profitiert, mit der ein Teil des Landschaftsschutzgebietes am mecklenburgischen Fleesensee für eine Bebauung herausgegutachtet wurde, als bisher bekannt wurde.“
…und danach dagegen geklagt
Es dauerte nicht lange, da flatterte der Prenzlberger Stimme eine Unterlassungsklage ins Haus, Darin wurde gefordert: Der Beklagte wird verpflichtet, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es künftig zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu äußern und/oder zu verbreiten:
„Der SPD-Bundestagskandidat Klaus Mindrup ist entgegen seiner öffentlichen Darstellungen doch Privateigentümer von Grundstücken des Projekts ‚Hafendorf Fleesensee‘ am Landschaftsschutzgebiet Nossentiner Schwinzer/Heide.“
Klaus Mindrup begründete das Zensurbegehren damit, dass das 800 Meter von der eigentlichen Hafendorfanlage gelegene Grundstück, das unter unklaren Umständen in seinen Besitz gelangt war, nichts, aber auch gar nichts mit dem Hafendorf zu tun habe.
Da hatte Mindrup also zuvor unter der Betreffzeile „Fragen zum Projekt Fleesensee“ zugegeben, dass er in den Besitz des zweiten, in unmittelbarer Nähe der „Hafendorf“-Immobilie gelegenen Grundstück gelangt ist, das vom selben Eigentümer stammte, für das die selben Projektplaner wie beim Hafendorf einen Bebauungsplan für ein Ferienhausdorf ohne touristische Infrastruktur – die befand sich ja in den Planungen zum Hafendorf – erarbeitet hatten und klagte nun dagegen, dass die Berichterstattung der Prenzlberger Stimme den Eindruck erwecke, beide Planungen hätten miteinander zu tun.
Ein solcher Eindruck, so Mindrups Klage, könnte den Leser auf den Gedanken bringen, dass erstens die Umweltverträglichkeitsstudie auch das Ferienhausgrundstück betreffe und Mindrup bereits 13 Jahre vor der Übernahme der künftigen Ferienhaus-Immobilie dessen Einverleibung geplant hätte.
Das ist natürlich Quatsch und wurde auch in keinem Artikel von mir behauptet.
Vor Gericht gelogen
Die Verhandlung vor der Pressekammer des Berliner Landgerichts war in mindestens zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen akzeptierte das Gericht einen Schriftsatz, den Mindrups damaliger Anwalt Johannes Eisenberg erst nach Ablauf der gesetzten Frist erst am Verhandlungstag einreichte. Eine Entgegnung war so nicht mehr möglich.
Welches Gewicht jenes Papier bei der Entscheidungsfindung des Gerichts hatte, ist nicht feststellbar.
Feststellen musste ich aber später, dass das nicht das einzige „Entgegenkommen“ war, das die Richter dem Bundestagsabgeordneten zuteil werden ließen.
Zum anderen: Bei einem Wortwechsel während der Verhandlung stellte ich – zugegeben etwas freihändig – die Behauptung auf, dass die Zusammengehörigkeit von Hafendorf und der geplanten Ferienhaussiedlung auf Mindrups Privatgrundstück schon deshalb logisch sei, weil beide Flächen nicht nur zuvor denselben Eigentümer (den Schweizer Werner Bleiker) hatten und den selben Grundverwendungszweck zugeführt werden sollten, sondern auch deshalb, weil darüber hinaus die später von der Gemeinde abgesegneten Bebauungspläne zum ungefähr gleichen Zeitpunkt von denselben Leuten (nämlich Mindrup und der GMZ) erstellt wurden. Mindrup wies letzteres brüsk zurück – und ich konnte es damals nicht beweisen.
Mittlerweile steht fest: Klaus Mindrup hatte vor Gericht gelogen: Der Bebauungsplan des Ferienhausgeländes ist mittlerweile im Internet frei zugänglich, das Logo der GMZ ist, wenn auch nur angeschnitten, deutlich zu erkennen.
Und Genehmigungsdaten der Bebauungspläne liegen in entsprechend logischer Reihenfolge: Im April 2006 erfolgte die öffentliche Bekanntmachung für das Hafendorf und im Juni des selben Jahres jene für die 800 Meter weiter befindliche Ferienhaussiedlung.
(Zur Vollansicht B-Plan Hafendorf und B-Plan Ferienhaussiedlung (die angeschnittene „GMZ“-Signatur befindet sich unten rechts))
Am Ende folgte das Gericht den Darstellungen Mindrups.
Auf eine Berufungsverhandlung hatte letztendlich ich mangels finanzieller Masse verzichten: Bei Presserechtsangelegenheiten werden die Kosten schnell fünfstellig – und ich war schon mit dem Prozess in der ersten Instanz quasi überfordert.
Darüber hinaus – und das war noch viel schwerwiegender – nahm mich zu dieser Zeit eine private, sehr persönliche Angelegenheit so sehr in Anspruch, dass zu dieser Zeit alles andere dahinter für mich zehntrangig war.
Also „überklebte“ ich den angegriffenen Satz mit einer „Zensiert“-Aufschrift und glaubte, das wäre es dann gewesen.
War es aber nicht.
Hier gehts zum zweiten Teil des Dramas::
Die Pfändung mit dem Klaus (Ein Bubenstück – Teil 2)
Beate Winzer
Apr 09. 2019
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