Güterbahnhof Greifswalder Straße: Kein Wohnungsbau – Bezirksamt will Schulen und Grünzug

 

Die lange im Raum stehende Wohnbebauung des ehemaligen Güterbahnhofs Greifswalder Straße ist vom Tisch. Auf der gestrigen Sitzung des Pankower BVV-Ausschusses für Stadtentwicklung und Grünanlagen teilte Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Bündnis 90/ Die Grünen) mit, dass das Bezirksamt einen Bebauungsplan für das Gebiet vom Planetarium an der Greifswalder Straße bis zur Lilli-Henoch-Straße aufstellen wird.
Ziel des B-Plans sei die Sicherung von Grünflächen und einer öffentlichen Grünverbindung sowie die Sicherung von Gemeinbedarfsflächen für den Schulneu- und ausbau – konkret: für die Erweiterung der Schule am Planetarium und den Neubau einer Gemeinschaftsschule.

Mit der Entscheidung des Bezirksamtes, die Planungshoheit auch über das einstige Güterbahnhofsareal auszuüben endet eine über sechs Jahre währende Auseinandersetzung über die Zukunft dieses direkt an der Wohnanlage Ernst-Thälmann-Park gelegenen Grundstücks.
 

Immobilienhändler versus Anwohnerinitiative

Eigentümer ist der Immobilienhändler Christian Gérôme, der das Grundstück im Jahr 2010 von der deutschen Bahn erwarb.
Gérôme sah den Exgüterbahnhof als lukrativen Baugrund und kündigte den Bau von sogenannten Townhouses an.
Später änderte er seine Pläne und setzte auf Geschosswohnungsbau.

Gegen die Bebauung bildete sich eine Anwohnerinitiative aus dem angrenzenden Thälmannpark, die sich dafür einsetzte, dass der alte Güterbahnhof zu einem Grünzug sowie für die auf Grund des ungebrochenen Wohnungsbaus in Prenzlauer Berg notwendige soziale Infrastruktur wie Schulen und Kitas genutzt wird. Das Land Berlin, so die Forderung der Initiative damals, solle das Grundstück aufkaufen und entsprechend beplanen.

Doch die Bedenken der Anwohner fanden bei der Mehrheit der Bezirks- und Landespolitiker lange keinen Widerhall. CDU, Grüne und Sozialdemokraten befürworteten die Wohnbebauung – nur Linke ging mit der Argumentation der Anwohner konform.
 

Wohnungsbauvorhaben blieb bei der Bürgerbeteiligung ein Tabu

Die Auseinandersetzungen wurden seitens der Politik mit zuweilen rabiaten Mitteln geführt.

Als beispielsweise der Senat 2013 verlauten ließ, erhebliche Mittel für die Runderneuerung des Thälmannparks zur Verfügung zu stellen und der damalige Pankower Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/ Die Grünen) eine umfassende Bürgerbeteiligung ankündigte, hörte die Beteiligung genau an den Grenzen des Güterbahnhof auf. An der Bebauung wollte er nicht rütteln lassen.

Noch deutlicher wurde die (damals sozialdemokratisch geführte) Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Die Mittel für die Thälmannpark-Sanierung, ließ ein führender Mitarbeiter der Senatsverwaltung verlauten – werden erst freigegeben, wenn der Bezirk die Pläne von Christian Gérôme abgesegnet habe.

Einen ersten, aber nachhaltigen Riss bekam das Wohlwollen für die Vorhaben des Eigentümers, als Gérôme – offenbar ermutigt durch den Rückhalt, den er bei der Senatsverwaltung, aber auch beim Pankower Baustadtrat genoss – plötzlich mit Planungen anrückte, die die zuvor abgenickte Baumasse um einiges überschritt.

Eine 2015 erstellte angebliche Machbarkeitsstudie, die letztlich nur eine Bebilderung der Wünsche des Eigentümers darstellte, brachte den damaligen Stadtentwicklungsausschuss-Vorsitzenden und heutigen SPD-Fraktionsvchef Roland Schröder dermaßen in Rage, dass er von einer „investoroptimierte Planung“ sprach.
 

„Verarschung“ der Bezirksverordneten

Als im Juni 2016 trotz der bereits signalisierten Ablehnung der vergrößerten Baumasse, Stadtrat Kirchner das Gérôme-Projekt erneut favorisierte, nannte das der heutige Ausschussvorsitzende Mike Szidat eine „Verarschung“ der Bezirksverordneten.

Dennoch blieb der grundsätzliche Wille der Grünen, als auch der Sozialdemokraten zur Bebauung – wenn auch in kleinerem Rahmen, als von Gérôme und Kirchner vorgesehen – erhalten.

Der Beharrungswille war so stark, dass er zu einem ernsten Problem für die Verhandlungen zur nach der Berlin-Wahl 2016 ins Auge gefassten rot-grün-roten Zählgemeinschaft wurde. Am Ende einigte man sich auf eine Formelkompromiss, der da lautete: „Am Ziel der Errichtung von Wohnungen wird festgehalten. Die Herstellung eines Grünzugs von der Prenzlauer Allee bis zum Anton-Saefkow-Park wird in die Planungen integriert. Über Wege und Verfahren wird im weiteren entschieden.“
 

Auf die lange Bank geschoben

Im Juli 2017 fasste die BVV dann einen Beschluss, dessen Kernsatz lautete: „Die Bebauung soll blockrandbildend der Greifswalder Straße folgen und sich in der Lilli-Henoch-Straße – ebenfalls blockrandbildend – rücksichtsvoll in die Wohnqualität der Bestandsbebauung einfügen.“ Vom Güterbahnhof war da schon nicht mehr die Rede,

Währenddessen verschärfte sich die Situation auf Grund der enormen Bautätigkeit in Prenzlauer Berg und des damit im Zusammenhang stehenden Bevölkerungswachstums gerade in Sachen Schulplätze immer mehr. Doch selbst noch im Spätherbst vergangenen Jahres scheute man sich im Bezirksamt, nun endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Stattdessen versuchte man kunstvoll, Wege, die zur Erweiterung der Schule am Planetarium nötig wurden, kunstvoll so zu planen, dass die nicht das Grundstück von Christian Gérôme tangierten,

 

Schulplatznot und Gerichtsurteil zwangen zum Handeln

Der Umschwung kam mit einer Machbarkeitsstudie zur Nachnutzung des alten Vivantes-Krankenhausgebäudes in der Fröbelstraße, Neben Büroräumen für die Pankower Bezirksverwaltung sollten dort auch Wohnungen entstehen – und eine modulare Unterkunft für zirka 500 Flüchtlinge. Das machte den bau einer neueb Schule notwendig. Aber wo sollte die gebaut werden? Da blieb nur das Gelände des Güterbahnhofs.

Als vor knapp vier Wochen dann noch ein von Christian Gérôme erstrittenes Verwaltungsgerichtsurteil bekannt wurde, musste schnellstens gehandelt werden.

Gérôme hatte gegen einen 2012 abgelehnten Bauvorbescheid geklagt und die Meinung vertreten, dass der Bau der von ihm Häuser gar keiner besonderen Erlaubnis bedürften, sondern nach § 34 des Baugesetzbuches zu genehmigen sei. Nach dieser Rechtsgrundlage ist alles Genehmigungsfähig, was sich in die angrenzende Umgebung einpasst.

Das Gericht entschied: Der § 34 sei zwar anzuwenden, doch die vom Eigentümer geplanten bauten passen sich nicht der Umgebung an. Darauf stellte Gérôme eine neue Bauvoranfrage, in denen er Gebäude ankündigte, die sich in das Thälmannpark-Ensemble einfügen würden.

Die Mühe – das ist seit gestern klar – war umsonst.

 



2 Kommentare zu “Güterbahnhof Greifswalder Straße: Kein Wohnungsbau – Bezirksamt will Schulen und Grünzug”

  1. neu,joachim

    Mrz 29. 2019

    Wir vom westkreuz gatulieren euch
    auch bei uns ist gerome gescheitert
    zwar kaufte jetzt ein anderer hai (grien)
    das gelände von der bahn.
    doch bezirk und land werden vorkaufsrecht
    ausüben

    mehr auf webseite

    https://westkreuzpark.de/

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