Neuer Mietspiegel: Prenzlauer Berg sieht Rot

 

Während sich Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) gestern bei der Vorstellung wegen eines etwas abgemilderten Anstiegs der Wohnungsmieten feiern ließ, dürften viele Mieter (nicht nur) in Prenzlauer Berg für die Zukunft kräftige Mieterhöhungen erwarten. Denn im Vergleich zu den vorangegangenen Erhebungen wurde etliche Gebiete „aufgewertet“, dass heißt, anstelle der Kategorie „einfache Lage“ befinden sie sich nun offizielle in einer „mittleren Wohnlage“ und nicht wenige, die bis eben noch zur „Mitte“ zählten, finden sich plötzlich – ohne dass sich in ihrem Wohnumfeld zum Besseren gewandelt hätte – in einer „guten Wohnlage“ wieder.

Das betrifft mittlerweile fast ganz Prenzlauer Berg: Kaum ein Fleckchen des Stadtteils, das auf der „Wohnlagenkarte“ zum Mietspiegel nicht mit der Farbe Rot für die höchste Wohnwertkategorie gekennzeichnet ist.

Das eröffnet den Vermietern die Möglichkeit, die Kaltmieten in bisher ungeahnte Höhen zu treiben.
 

Innerhalb von zwei Jahren auf dem Papier von der „einfachen“ zu „guten Wohnlage“

Als Beispiel seinen hier die Mieter des Hinterhauses Wichertstraße 48 genannt. Da hatten es die bewohner sonnig, denn das Vorderhaus war einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg zum Opfer gefallen und wurde hernach nicht wieder aufgebaut.

Bis Anfang Mai 2017 wies der (2015 erstellte) Mietspiegel die Wichertstraße als „einfache Lage“ aus. In der Mietspiegeltabelle war bei einer Wohnung mit einer Größe bis 60 m² eine Kaltmiete bis zu 7,99 Euro möglich gewesen (mittlerer Richtwert: 5,91 Euro)

Beim Inkrafttreten des Mietspiegels 2017 im Mitte Mai jenen Jahres wären bei einfacher stieg der Höchstwert in der „einfachen Lage“ bereits auf 8,62 Euro (mittlerer Richtwert: 6,00 Euro). Doch die Bewohner des Hauses befanden sich laut Mietspiegel plötzlich in einer „mittleren Lage“, die es dem Vermieter ermöglichte, bis zu 10,27 Euro je Quadratmeter zu fordern (mittlerer Richtwert: 6,78 Euro). Und das, obwohl sich Umfeld der Mieter nichts verändert hatte.
 

Mietspiegelmiete um ein Drittel erhöht

Änderung trat erst ein knappe Jahr später ein, als der Immobilieneigner die kriegsbedingte Baulücke schloss und den Altmietern ein neues Vorderhaus vor die Sonne setzte.
Ein halbes Jahr, nachdem der Schattenbringer fertiggestellt wurde, gibt’s nun einen weiteren Preisschub: Seit gestern ist die Wichertstraße eine „gute Wohnlage“. Der Vermieter kann nun bis zu 10,97 verlangen (mittlerer Richtwert: 8,04 Euro).

Damit hat sich der zulässige Höchstwert von April 2017 bis Mai 2019 um 2,98 Euro pro Quadratmeter beziehungsweise um mehr als ein Drittel erhöht, der mittlere Richtwert um 2,13 Euro oder knapp ein Drittel erhöht.
Zum Ausgleich sind die Mieter nicht mehr der lästigen Sonneneinstrahlung ausgesetzt und darüber hinaus auch nicht mehr gezwungen, beim Blick aus dem Fenster über die Straße hinaus sehen zu müssen.
 

Leistungsloser Vermieterprofit wird Verdrängung beschleunigen

Das mag ein Extrembeispiel sein , aber die massenhaft Heraufstufung – die nach Lompschers Angaben „wissenschaftlich“ herbeigeführt wurde – wird dazu beitragen, auf diese „stille“ Art verteuerten Gegenden wie Prenzlauer Berg noch weiter sozial zu „säubern“. Denn was erlaubt ist, wird auch genutzt werden.
Der Mietspiegel 2019 trägt somit dazu bei, auf der einen Seite den Eigentümern einen zusätzlichen leistungslosen Profit zu garantieren und auf der anderen Seite die so geadelten Kieze noch gründlicher von Geringverdienern und Transferleistungsempfängern zu „säubern“.

Auch das Schielen auf den vielgerühmten, aber längst nicht in Aussicht stehenden „Mietendeckel“ hilft da nicht weiter. Zumal gerade heute der Tagesspiegel-“Checkpoint“ darüber zu berichten wusste, dass die Vorbereitung dieses angeblichen Wundermittels derzeit gerade von Lompschers eigener Verwaltung fröhlich sabotiert wird.

 

Hier gehts zum Mietspiegel-Portal des Senats

 



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