Als im Sommer vergangenen Jahres ein sich von der Musik im Mauerpark gestört fühlender Anwohner des Arkonaplatzes gegen die dort stattfindende Kleinkunst aggressiv mobil machte und den Park am liebsten in eine Flüsterwiese verwandelt gesehen hätten, richtete das Bezirksamt einen „Runden Tisch“ ein. Dort sollten Anwohner, Künstler und Mauerparkfreunde zusammen einen für alle akzeptablen Kompromiss finden, der das Ruhebedürfnis von Anwohnern genauso berücksichtigt, wie den besonderen Charakter des Mauerparks, der ohne Künstler und Musiker nicht denkbar wäre.
Das Ergebnis dieser Gespräche fand in den kürzlich veröffentlichten „Mauerpark-Regeln“ des Bezirksamtes seinen Niederschlag, die nicht zuletzt auch den dort auftretenden Musikern eine gewisse (Rechts-)Sicherheit gibt.
Um gleiches auch für die außerhalb des Parks spielenden Straßenmusiker zu gewährleisten, hatte die Bezirksverordnetenversammlung im November das Bezirksamt aufgefordert, auf seinen Internetseiten Informationen darüber zur Verfügung zu stellen, welche Regelungen für Straßenkünstler im Bezirk Pankow gelten.
Verhinderung statt Regeln
Denn Kunstausübung im öffentlichen Raum, so die Begründung, „gehöre zu den Reizen der Metropole Berlin“. Und wenn die Regeln bekannt sind, könnten Konflikte vermieden oder doch zumindest begrenzt werden – zumal es keine berlinweit einheitliche Regelung gebe, sondern die Vorgaben von Bezirk zu Bezirk variieren. Und da die Musikerszene international ist, sollte das Ganze auch in mehrere Sprachen verfügbar sein.
Das, was das Bezirksamt nun unter Federführung des zuständigen Stadtrats für Verkehr und öffentliche Ordnung Daniel Krüger (für AfD) als Bezirksamtsbeschluss vorlegte, waren allerdings nicht einfach nur Verhaltensregeln, sondern kam einer Verhinderung von Straßenkunst gleich.
Da waren zu einen die Zeiten, an denen das Musikmachen erlaubt sein sollte, nämlich werktags von 8:00 bis 13:00 Uhr und 15:00 bis 20:00 Uhr. An Sonn- und Feiertagen sollte ein gänzliches Musizierverbot herrschen.
Noch krasser war die Liste von Orten, an denen das Musizieren grundsätzlich untersagt werden soll.
So zum Beispiel auf dem Kollwitzplatz und den umliegende Straßen, in der Kastanienallee, der Oderberger Straße, der Knaackstraße sowie in „in ausgewiesenen Grünanlagen“.
Und schließlich „vor Wohnhäusern (im Abstand von mindestens 20 m)“. Was nichts anderes bedeutet, als ein generelles Verbot etwa in Prenzlauer Berg, weiten Teilen von Weißensee und Alt-Pankow.
Darüber hinaus sollten von den Künstlern gebührenpflichtige Genehmigungen beantragt werden – mindestens für vier Wochen im Voraus.
„Realitätsfremd und „für die Praxis nicht geeignet
Das irritierte nicht nur die spätestens seit dem Runden Tisch zum Mauerpark ziemlich gut vernetzte Musikerszene, sondern brachte auch die Mehrheit der Bezirksverordneten in Wallung.
In einem Dringlichkeitsantrag von SPD, Linken und Bündnisgrünen wurde das Bezirksamt auf der gestrigen BVV-Tagung aufgefordert, den Beschluss aufzuheben und dessen Veröffentlichung zurückzustellen.
Die aufgestellten Regeln, so die Begründung, seien „in sich widersprüchlich, zu intransparent, und und für die Anwendung in der Praxis nicht geeignet.“
Nicht nachvollziehbar sei zum Beispiel das Sonn- und Feiertagsverbot an belebten Plätzen. Auch der Quasi-Ausschluss durch die 20-Meter-Vorgabe wurde kritisiert.
Die vierwöchige Voranmeldefrist bezeichneten die Antragsteller als realitätsgfremd, zumal sie auch der der Straßenmusik eigenen Spontanität widerspreche und dazu die Wetterabhängigkeit der Auftritte außer acht lässt.
BVV erwartet „Wohlwollenden Umgang mit Straßenmusikern“
In dem Dringlichkeitsantrag, der mit einer guten Mehrheit von der BVV beschlossen wurde, verlangten die Bezirksverordneten, dass die Regeln für Straßendarbietungen – ähnlich wie beim Runden Tisch zum Mauerpark – zusammen mit den Künstlern erarbeitet werden sollen. Dabei soll auf einen Ausgleich der Interessen zwischen Anwohnern und Künstlern geachtet werden.
Das so erarbeitete Regelwerk soll vor dem Inkrafttreten dem BVV-Kulturausschuss vorgelegt werden.
„Bis zum Abschluss des Verfahrens“, stellten die Bezirksverordneten klar, „erwartet die BVV einen wohlwollenden Umgang mit Straßenmusiker*innen und die grundsätzliche Fortführung der bisherigen Praxis im Umgang mit Straßenmusik.“
Fritz Bocks
Mai 21. 2019
Die Rechtslage ist eindeutig und Gesetze sind dafür da, daß man sich daran hält. Fordert also die rot-rot-grüne Zählgemeinschaft das Bezirksamt auf, einen Rechtsbruch zu begehen?