Das „Pankower Tor“ auf dem Gelände des ehemaligen Güter- und Rangierbahnhof ist ein Berliner Projekt. Also war erstens nicht zu erwarten, dass es schnell geht und zweitens nicht, dass irgend welche terminlichen Ansagen eingehalten werden.
Das sich um die zehn Jahre hinziehende Gerangel war auch Anlass zahlreicher Artikel der Prenzlberger Stimme, die – so der geneigte Leser über ein ausreichendes Zeitbudget verfügt – hier nachgelesen werden können.
Der Ende 2017 neu gewählte Bezirksbürgermeister Sören Benn versuchte nach seinem Amtsantritt, die vielfach verknoteten Stränge zu entwirren und eine gewisse Struktur in das Verfahren zu bringen – was im April 2018 zu einer dreiseitigen „Grundsatzvereinbarung“ zwischen dem Bezirk, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und dem Immobilieneigner Kurt Krieger führte.
Danach sollte auf dem Gelände 2.000 Wohnungen, Zwei Möbelhäuser und ein Shoppingcenter entstehen. Auch eine Schule ist vorgesehen und eine Straßenbahnlinie, die das Gelände durchquert. Ende 2021 so die Ankündigung – sollten sich bereits die Kräne drehen.
„Unterschiedlichen Prüfungsprozesse“ sorgen für weiteren Zeitverzug
Auch eine Bürgerbeteiligung war vorgesehen. Nach einer einer Bürgerversammlung im November 2018 wurde ein Onlineportal freigeschaltet, auf dem interessierte Mitmenschen bis zu 23. Dezember – einen Tag vor Heilig Abend, wie passend – ihre Wünsche an das Projekt formulieren konnten.
Im Frühjahr dieses Jahres sollten auf einer „Bürgerwerkstatt“ die Zwischenergebnisse der Planungen präsentiert werden.
Das Frühjahr ist bald vorbei – und von der „Werkstatt noch lange nichts in Sicht. Stattdessen gab es erst Irritationen um die Trassenführung des über den ehemaligen Güterbahnhof führenden Radschnellwegs „Panketrail“, auch konnte man noch immer keine Einigung über den Schulstandort herstellen und ein von Kurt Krieger in Auftrag gegebenes „Mobilitätskonzept“ soll nicht die Qualität besessen haben, die man von einem solchen Werk erwartet.
In einer vom Bezirksamt Pankow gerade herausgegebenen Pressemitteilung wird das dann so formuliert: „Durch die unterschiedlichen Prüfungsprozesse verschiebt sich der ursprüngliche Zeitplan für das weitere Verfahren zur Entwicklung des Pankower Tors. Erst wenn in den jeweiligen Fachplanungen Lösungen in Sicht sind, geht es mit einem Workshopverfahren weiter, in dem Architekt*innen- und Planungsteams einen Masterplan für das Pankower Tor entwickeln sollen.“
Aber immerhin: Mittlerweile ist die vorweihnachtliche „Onlinebeteiligung“ ausgewertet und deren Ergebnisse abrufbar.
„Mobilität“ bei der Onlinebeteiligung ganz oben
Leicht über 600 Beiträge und Kommentare zur Entwicklung des ehemaligen Rangierbahnhofs Pankow zu einem neuen Stadtquartier zusammen.
Zum Themenfeld „Mobil im Quartier“ kamen mit 283 Hinweisen die meisten
Äußerungen ein, gefolgt von „Einkaufen und Freizeit im Quartier“ mit 167
Diskussionshinweisen. Zum Themenfeld „Leben im Quartier“ gingen insgesamt 109, zu „Grün im Quartier“ 61 Hinweise ein.
Beim Spitzenreiter „Mobil im Quartier“ zeigte sich eine bemerkenswerte Spreizung der Ansichten. Während ein Teil der Kommentatoren ein autoarmes oder -freies Quartier wünscht, besteht ein anderer Teil auf eine autogerechte Anbindung und einer größeren Anzahl von Parkplätzen. Begründet wird letzteres nicht zuletzt mit der Ansiedlung von Shoppingcenter und Möbelmarkt – was ganz nebenbei für die Forderung der Bündnisgrünen spricht, zumindest Möbelhäuser nicht in einem städtischen Wohnquartier zu platzieren.
Ganz groß ist auch das Thema Radfahren – inclusive des geplanten Großparkhauses für Fahrräder.
Skepsis bei der Shopping-Mall, Ablehnung des Möbelmarktes
Was sich bereits beim Thema Verkehr durchklang, bestimmte auch beim Komplex „Einkaufen und Freizeit im Quartier“ die Diskussion: Shoppingmall ziehen Verkehr an und beeinträchtigen die Lebensqualität eines Wohnviertels. Besonders deutlich wurde die Ablehnung des Möbelmarktes artikuliert – was für Eigentümer Kurt Krieger, der im Hauptberuf Möbelhändler ist und der das Grundstück gerade wegen der Errichtung von Möbelhäusern erworben hatte, sicher keine frohe Botschaft ist.
Das korrespondiert deutlich mit den in der Rubrik „Leben im Quartier“ dargestellten Meinungen, dass es mehr Wohnungen auf dem Gelände geben sollte. Darüber hinaus wurde eine „lebendige Durchmischung von Wohnen, Leben und Arbeiten“ angemahnt, wobei explizit kleine Geschäfte, Restaurants und Cafés „für Gemütlichkeit und Begegnung“ genannt wurden, ebenso „Orte für den Feierabend“ wie Kneipen, Biergärten und Freiflächen.
Die Kräne lassen auf sich warten
Die Krieger Handel SE und das Land Berlin nun die Ergebnisse des Bürgerdialogs für die Vorbereitung einer Auslobung für das Workshopverfahren nutzen, das in der zweiten Jahreshälfte 2019 starten und zu dem dann auch der Bürgerdialog weitergeführt werden soll. Aus Frühjahr wurde nun also Herbst oder Winter.
Dass sich – wie vor einem guten halben Jahr angekündigt – bereits Ende 2021 auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs „die Kräne drehen“, dürfte also eine Vision bleiben. Aber vielleicht wird es ja 2022 was. Oder 2023. Oder…
Hier geht’s zur ausführlichen Auswertung der Onlinebeteiligung
Klaus Teßmann via facebook
Mai 19. 2019
sicher wird es eines guten Tages zu einem wertvollen Biotop erklärt, das geschützt werden muss….ist sicherlich auch richtig,, denn überall in der Stadt werden die Frischluftschneisen zugebaut, die extra für den frischen Wind von der Gründungsvätern frei gehalten wurden….
Jens Rother
Jun. 04. 2019
Rund 600 Einträge, wieviele davon von denselben Leuten, wissen wir nicht. Bei weit über 400.000 Einwohnern in Pankow und rund 100.000 davon im unmittelbar an das Pankower Tor angrenzenden Alt-Pankow, Pankow-Süd und Heinersdorf kann man von Repräsentativität nicht ansatzweise sprechen. Weil aber die Fans des Pankeschnellweges und Gegner von Einkaufszentrum und Möbelhaus ordentlich getrommelt haben zeigt es den Pankowern, wie überschaubar die Unterstützung einer ansonsten recht lautstarken Gruppe ist.