Prenzlauer Berg soll Barcelona werden


 

Es ist eine dieser Ideen, die für großen Jubel sorgen. Oder für große Wut. Je nachdem wie man zum Autofahren in der Innenstadt steht. Geht es nach den Pankower Bezirksverordneten, könnten möglicherweise schon in nicht allzu ferner Zukunft einige Straßen in Prenzlauer Berg so verkehrsberuhigt werden, dass nur Anwohner und Versorgungsfahrzeuge noch im Notfall Autos passieren dürften.

 

Unter dem sperrigen Titel „Mehr Raum zur Entfaltung – attraktive Wohnviertel durch Entschleunigung“ hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwoch auf Empfehlung des BVV-Verkehrsausschusses einen Antrag der SPD-Fraktion angenommen, der sich an das „Superrilles“(Superblock)-Konzept von Barcelona anlehnt.

Bei diesem Konzept werden mehrere Häuserblöcke zu einem sogenannten Superblock zusammengefasst, in dem nur noch Anwohner- sowie Ver- und Entsorgungsautos hineinfahren dürfen. Der übrige motorisierte Verkehr wird um die Superblöcke herumgeleitet. Dabei dürfen auch jene Autofahrer, die Einfahrt in einen Superblock hinein gestattet ist, nicht durch den ganzen Block fahren, sondern immer nur um einzelne Teilblöcke.
 

 

Die Höchstgeschwindigkeit für ist für sie zudem auf 10 km/h begrenzt. Die Straßen sind samt und sonders Einbahnstraßen und das Abbiegen ist stets nur nach Links erlaubt. Fußgänger und Radfahrer haben Vorrang vor den noch verbliebenen Autofahrern.

Die so frei gewordenen Flächen wurden zu Spielplätzen, Fußballfeldern oder einfach nur zu begrünten Begegnungs- und Ruheräumen umgewidmet. Blumenkübel, Tische und Bänke oder auf den Boden gemalte Spiele machen auch optisch deutlich, dass diese Straßenzüge Kindern, Anwohnern und Spaziergängern gehören (siehe Video am Ende des Artikels). Autos sind höchstes noch geduldet.

 

Unterschiedliche Voraussetzungen

Das klingt fast paradiesisch – aber ist das, was in der katalanischen Hauptstadt funktioniert, tatsächlich auch auf Berlin, auf Prenzlauer Berg übertragbar?

Barcelona von oben: Quadratisch, praktisch, gut

Denn in Barcelona sind die Grundrisse der Wohnquartiere von einer geradezu ermüdenden quadratischen Einförmigkeit – was die Einrichtung von Blöcken erheblich vereinfacht. Die Aufteilung der Berliner Kieze ist da vom wohlgeordneten katalanischen Schachbrettmuster weit entfernt.
Und während die Besiedlungsdichte von Prenzlauer Berg doch sehr erheblich ist, befinden sich die Superblöcke von Barcelona in nicht so eng bewohnten Gegenden, wie dem ehemaligen Industrie- und Arbeiterviertel Poblenou.

Auch sind die „Superillas“ von Barcelona in ein ganzes System der Verkehrsorganisation eingebettet.
So hatte man in den letzten Jahren das Busnetz umstrukturiert und mit einer engeren Taktung versehen, es wurde über 250 Kilometer Radwege neu hinzugebaut und Fußwege verbreitert.

Die Verkehrslenkung erfolgt mit Daten aus dem Smart-City-Programm, denn Barcelona ist auf eine Weise vernetzt, wie man es sich in Berlin kaum zu träumen wagt: Gut 500 Kilometer Glasfaserkabel, frei zugängliches Wlan und 12.500 Sensoren, die Verkehrsdaten genauso sammeln wie den Füllstand der Müllcontainer. Das alles läuft auf der Plattform „Sentilo“ zusammen und wird für alles mögliche genutzt, von der Leitung der Verkehrsströme bis hin zur Zusammenstellung der Routen der städtischen Müllabfuhr.
 

Einer von acht soll es werden

In dem BVV-Beschluss sind acht Wohnquartiere genannt, bei denen sich die Bezirksverordneten einen Modellversuch vorstellen können. Als da wären:

– Kollwitzkiez

– Bötzowviertel / Grüne Stadt

– Komponistenviertel

– Winsviertel

– Helmholtzplatz

– Gebiet um den Arnimplatz

– Gebiet um den Humanplatz

– Gebiet Alter Schlachthof / Blankensteinpark

Für diese Gebiete soll in einem ersten Schritt eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, in deren Ergebnis dann zusammen mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, der BVG und der Polizei die Abkopplung erst einmal eines Wohnquartiers mittels eines Systems von Einbahnstraßen geprüft und durchgeführt werden soll. Wenn das alles erledigt ist und es keine größere verwaltungsbedingten Hemmnisse geben sollte, könnte man in einem kleinen Teil von Prenzlauer Berg Barcelona nachempfinden.

Aber eigentlich muss das Bezirksamt ja gar nicht bis auf die iberische Halbinsel blicken. Denn gleich nebenan, im Nachbarbezirk Friedrichshain-Kreuzberg wurde nämlich gerade erst beschlossen, den Bergmannkiez in einen „Superblock“ umzuwandeln. Ganz ohne Machbarkeitsstudie und anderen umständlichen Verfahrensschritten. Grundlage war übrigens ein Einwohnerantrag mit 1.106 gültigen Unterstützungsunterschriften.

 

Video: Superblocks in Barcelona

 


 



5 Kommentare zu “Prenzlauer Berg soll Barcelona werden”

  1. Sven Rude via Facebook

    Nov 01. 2019

    diesen Schwachsinn brauchen wir hier in Prenzlauer Berg nicht!

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  2. Mike Szidat

    Nov 02. 2019

    Sehr geehrter Herr Rude,
    vielen Dank für diese erschöpfende Meinungsäußerung.
    Worauf stützen Sie diese Annahme?

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  3. War vor ein paar Wochen in Barcelona und mir haben die links angelegten Radwege an den Magistralen gefallen, da gibt es keine Rechtsabbieger Unfälle und auch die Tür Unfälle fallen weg.

    https://bit.ly/36vo1qm

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  4. So sieht es aus.

    https://bit.ly/33dr7gs

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