Das Markenzeichen von Gunnar Schupelius, der in der Boulevardzeitung “BZ“ regelmäßig eine Spalte füllt, ist das gespielte oder auch tatsächliche Unwissen all jener Dinge und Zusammenhänge, über die er sich genötigt sieht zu schreiben. Da die Realität meist nicht zu seiner Meinung passt, die er den Lesern nahe bringen möchte, erfindet er regelmäßig „Fakten“, die ihm helfen, die „richtigen“ Schlussfolgerungen zu ziehen.
In den harmloseren Fällen seines Tatsachenfälschens und -verdrehens – diese „Technik“ wurde unter anderem hier mal recht anschaulich analysiert – ist das Ergebnis schlicht dämlich. Nicht selten hat man es bei ihm aber auch mit wohlkalkulierter Hetze zu tun.
So oder so: In jedem Fall präsentiert er sich von einem aufs andere Mal als hartnäckiger Tatsachenverächter.
Als das Bezirksamt Pankow verkündete, einen „Ball der Vielfalt“ zu veranstalten, bei dem der Begriff Vielfalt nicht nur auf nicht nur auf die Herkunft von eingebürgerten Neu-Pankowern beschränkt werden sollte, sondern zu den rund eingeladenen 800 Gästen auch die „Kooperationspartner_innen des Bezirks aus den Pankower Migrant_innenorganisationen, Frauennetzwerken, LSBTIQ- Communities und inklusiven Projekten“, gehören, war das für Schupelius Anlass, mal eben ein bisschen gegen Pankow zu kübeln.
Faktenfernes Kübeln
Schon die Überschrift „Nanu? Pankow ersetzt Einbürgerungsfeier durch einen „‚Ball der Vielfalt'“ war eine glatte Lüge. Denn in der Pressemitteilung, auf die er sich bezog, hatte er ja gelesen: „Ausgangspunkt ist das Fehlen einer Einbürgerungsfeier“. Das, was nicht da ist, auch nicht ersetzt werden – aber wer in seiner ganz speziellen eigenen Realität lebt…
„Die Bezirksämter“, so Schupelius „verleihen die Einbürgerungsurkunden mit einem Festakt, zu dem die neuen Staatsbürger ins Rathaus geladen werden. Der Bürgermeister hält dort eine Rede, die Nationalhymne erklingt.“
Denn, so Schupelius weiter, „bei einer Feier zur Einbürgerung aber geht es natürlich nur um die Nationalität und nicht um sexuelle Orientierung, Frauenrechte oder Menschen mit Behinderung“.
Also sei das, was Pankow mit der Veranstaltung vorhatte, „eine Promenadenmischung politisch motivierter Aktivistengruppen.“
Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn nahm Schupelius‘ Hecheln gelassen und lud ihn via Twitter ein, doch einfach vorbeizukommen und mitzufeiern.
Wunderbare Promenadenmischung
Statt steif und ernst die dritte Strophe eines alsten deutschen Sehnsuchtsliedes von Haydn/Fallersleben abzusingen, wurde im alten Ratssaal Weltmusik im besten Sinne intoniert: Schillers von Beethoven vertonte „Ode an die Freude“, die – ganz nebenbei – auch die Hymne der Europäischen Union ist. Ganz locker, ohne bedeutungsschweres Strammstehen: Wer wollte (und konnte) sang mit, die anderen ließen sich von der ausgelassenen Stimmung treiben.
Danach gab’s auf drei Etagen des Pankower Rathauses Musik aller möglichen Richtungen – von HipHop über Klezmer bis Son und Salsa; getanzt wurde auch, mehrere Ausstellungen konnten im Vorübergehen oder ganz konzentriert betrachtet werden… – vor allem aber: Keiner stand da für sich herum, jede sprach mit jedem, auf Deutsch, auf Französisch, Englisch… und wenn der ehemalige äthiopische Staatsbürger mit dem einstigen Moldawier in fließendem Russisch was auch immer debattierte, dann schlackerten dem eingeborenem Prenzlauer Berger bloß noch die Ohren.
Der Mensch an sich ist halt verschieden: In seiner Hautfarbe, seiner Herkunft, seiner sexuellen Orientierung, seiner Muttersprache – doch gerade in der Verschiedenheit sind eben alle gleich. So gesehen, war der dieser Willkommensabend tatsächlich eine wunderbare „Promenadenmischung“.
Gunnar Schupelius wurde an diesem Abend übrigens nicht gesichtet. Es hätte ihm bei seiner Abneigung gegen Promenadenmischungen wohl auch gar nicht gefallen. Und Reinrassiges hatte der Abend gottseidank nun wirklich nicht zu bieten.
Impressionen