Corona, Mauerpark und Meinungsfreiheit


 

Es war schon eine seltsame Mischung, die sich am Pfingstwochenende da am Amphitheater des Mauerparks versammelte. Aufgerufen zu der für zwei Tage angemeldeten Versammlung hatte die „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand (KDW)“, die schon am Rosa-Luxemburg-Platz gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie protestiert hatte.

„Ich habe Corona geküsst“ (oder so ähnlich…)

Zum Zeitpunkt der Anwesenheit der Prenzlberger Stimme am Samstag saßen etwa 120 bis 140 Zuhörer auf den Stufen des Theaterrondells und lauschten den Beiträgen unterschiedlicher Rednerinnen und Redner.

Die zeigten sich zum Teil von der Harmlosigkeit des Virus überzeugt, fanden die Einschränkungen unerträglich oder sahen damit gar den Beginn einer Diktatur heraufziehen, machten Bill Gates für Vieles, nur nicht für Windows veranstwortlich, forderten einen „Corona-Untersuchungsausschuss“ oder sangen irgend etwas. So, wie ein älterer Herr, der mit kratzender Stimme und zweieinhalb halbwegs sicheren Griffen auf der Gitarre etwas von „Ich hab Corona geküsst“ (oder so ähnlich) trällerte. Nun ja. Nichts, wofür man Eintritt zahlen wollte…

Explizit rechtextremistisches Personal, wie es zuletzt am Luxemburgplatz in beachtlicher Stärke auftrat, wurde kaum gesichtet.
Möglicherweise hatte ja die zuvor von Unbekannten auf den Boden des Theaters aufgemalte Aufforderung KLARE KANTE GEGEN RECHTS ihre Wirkung entfaltet.

Auffällig waren die vielen Fotografen und Filmer, die vor dem Theaterrondell standen und in ihrer Anzahl den ihnen gegenüber auf den Steinstufen Sitzenden nur leicht unterlegen waren.

„…fehlende Meinungsfreiheit…“

Auch mangelnde Meinungsfreiheit in Deutschland wurde von einigen Rednern beklagt – obwohl sie diese meinungsstarke Aussage ja offensichtlich frei heraus äußern konnten.
Aber vielleicht meinten sie auch den Umstand, dass die Polizei mehere junge Leute, die in sicherer Entfernung mit einem Transparent gegen die Veranstaltung protestierten, umgehend von der Polizei zwecks Personalienfeststellung einkassiert wurden und es drei Zwischenruferinnen am oberen Rand des Rondells nicht besser erging. Man weiß es nicht.

Am Sonntag war dann allerdings auch Ebbe mit Hygienedemo – es fanden sich nur noch dreißig bis vierzig Leutchen ein.

Dafür war im gesamten Rest des Mauerparks die Hölle los: Menschen über Menschen, Musik an allen Ecken und Enden – und die Trommler waren natürlich auch wieder da.

Der Mauerpark als solcher war über die paar Versprengten im Amphitheater schlicht hinweggegangen.

 


 

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3 Kommentare zu “Corona, Mauerpark und Meinungsfreiheit”

  1. l Die Rondellzuschauer- die ja so böse Coronaleugner sein sollen- hielten jedenfalls bessere Abstände ein, als die Trommler und die Massen im Park, kannste Dir nicht ausdenken…:-)

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    • von ODK

      Jun 04. 2020

      Ja, zum Teil – nach mehrfachen Durchsagen der Polizei, die mit der Drohung verbunden waren, die Veranstaltung sonst zu beenden

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  2. Breity

    Jun 04. 2020

    Sehr schön auf den Punkt gebracht.

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