Bis sich die ersten Kräne auf den Baufeldern im künftigen Neubaugebiet „Blankenburger Süden“ drehen, werden wohl noch zehn Jahre vergehen. Schneller, so Sebastian Scheel, Berliner Staatssekretär für Wohnen, wird es auf Grund der Komplexität des Projektes nichts werden. Geplant auf dem 150 Hektar großen Gelände bis zu 6.000 Wohnungen für mindestens 12.000 Bewohner, die von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, aber auch von Genossenschaften errichtet werden sollen.
Einen weiteren Schritt in Richtung Realisierung des größten Berliner Wohnungsbauvorhabens wurde am Donnerstag in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vorgestellt: Vier unterschiedliche „Testmodelle“ für die künftige Gestaltung von vier verschiedenen Planerteams, deren Gemeinsamkeit darin besteht, ein Wohngebiet für 5500 bis 6000 Wohnungen mit Schulen, Kitas und rund 40 Hektar für Gewerbe zu modellieren.
Online statt Versammlung
Ausgangspunkt war das im November vergangenen Jahres gestartete „kooperative städtebauliche Werkstattverfahren“, mit dem verschiedene Ideen und Ansätzen für die Entwicklung des Stadtquartiers getestet wurden. Auch sollte überprüft werden, inwieweit die bestehenden Rahmensetzungen (Anzahl der Wohnungen, Gewerbe, soziale Infrastruktur, Verkehr) auf dem 150 Hektar großen Gelände überhaupt umsetzbar sind.
Die Zwischenergebnis wurde im Februar dieses Jahres vorgestellt. Im April sollten dann die endgültigen „Testentwürfe“ in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt werden – was allerdings wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie ins Wasser fiel.
Stattdessen gibt es seit heute eine Online-Präsentation der Ergebnisse, bei der Interessierte ihre Meinung zu den Entwürfen kundtun und mit den Verantwortlichen in eine Diskussion eintreten können.
Darüber hinaus werden rund um das Planungsgebiet 50.000 Exemplare einer im Zeitungsformat gehaltenen Postwurfsendung verschickt, in dem die vier verschiedenen Modelle dargestellt werden.
Modell „Stadtrandsiedlung“
Variante Eins, entworfen vom Planungsbüro „vellow z“ und „bgmr Landschaftsarchitekten“ geht von einer eher ländlichen Stadtrandsiedlung aus.
Der Entwurf gliedert sich in drei Teilbereich, die jeweils einen Anger im Zentrum haben.
Der Bereich der ehemaligen Rieselfelder bildet dabei als kompaktes, gemischtes Quartier den Kern des neuen Stadtteils, in dessen Mitte alle Einrichtungen des täglichen Bedarfs zu finden sein sollen.
Das im Westen gelegene „GartenLand“ soll mit Klein- und Gemeinschaftsgärten, einem Park sowie Spiel- und Sportflächen eine Verbindung zu den bestehenden Nachbarn herstellen.
Im Osten soll der „PonyLand“ genannte Bereich Räume für „solidarische Landwirtschaft“ und ländliche Wohnformen mit Pferde-, Schaf- und Kleintierhaltung eröffnen.
Entlang des Blankenburger Pflasterwegs sieht das Modell eine kleinteilige Mischung aus Wohnen Arbeiten vor.
Das Gewerbe soll im Bereich des heutigen Gewerbegebiets Heinersdorf verbleiben, die bestehenden Betriebe in das Gesamtkonzept eingebunden werden.
Das Konzept sieht um die 5.300 Wohnungen in vier- bis sechsgeschossigen Häusern vor. Vier Schulen und zwölf Kitas (555 Plätze) sollen ausreichend Platz für den Nachwuchs junger Familien bieten.
„Neue Mitte“
Großstädtischer mutet dagegen das von den Büros UmBauStadt, MLA+ sowie Fugmann Janotta und Partner entworfene zweite Modell an.
Im „Neue Mitte“ genannten Quartierzentrum ist eine relativ kompakte Bebauung vorgesehen, deren Dichte nach außen hin ringförmig abnimmt.
Es werden grüne Verbindungen zwischen dem Panketal und der Malchower Auenlandschaft sowie den Ortskernen von Blankenburg und Heinersdorf geschaffen. Bei diesem Entwurf sehen die Planer zirka 5.400 Wohnungen in vier- bis achtgeschossigen Häusern, dazu fünf Schulen und sechs Kitas mit 700 Plätzen.
„Stadt der Kreisläufe“
Eine „Stadt der Kreisläufe“ entwickelte das Team der Büros „CITYFÖRSTER“ und „Felixx“.
Das Modell besteht aus vier Quartieren, die zugunsten größtmöglicher Freiräume mit einer „städtischen Baudichte“ in relativ gleichmäßiger Verteilung im Gesamtgebiet bebaut werden sollen.
Wald- und Bachland bilden jeweils den Anschluss an Blankenburg und Heinersdorf.
Das Gewerbequartier schafft mit einem Waldsaum den Übergang in die offene Landschaft.
In jedem Quartier gibt es einen „CYC-Hub“ – ein Gebäude, das diverse Kreislauffunktionen vernetzt: Energiezentrale, Mobilstation mit Quartiersgarage sowie Räume für Gemeinschaftliches und Produktives.
Ziel des Entwurfes ist es, einen Stadtteil zu schaffen,der einen erheblichen Beitrag zur (Eigen)Versorgung mit Wasser, Energie und Nahrung leistet sowie zu umweltfreundlicher Mobilität, ressourcenschonender Produktion und sozialem Austausch beiträgt.
So soll anfallendes Regenwasser im Gebiet gespeichert und verwendet werden, zum Beispiel für begrünte Dächer oder für Versickerungsflächen, die so zu einem besseren Mikroklima führen.
Dazu gehört auch ein dezentrales Energiesystem mit Blockheizkraftwerken und Stromspeicher in jedem Quartier, Wasserbehälter als Wärmespeicher, Fassaden und Dächer mit Solarmodulen.
Auf Gartenflächen und in Gewächshäusern am Rande der Quartiere sollen Nahrungsmittel produziert werden.
Der Planungsvorschlag sieht um die 6.000 Wohnungen in überwiegend vier- bis sechsgeschossigen Häusern vor. An markanten Punkten soll es bis zwölf Etagen in die Höhe gehen. Vier Schulen und 13 Kitas (712 Plätze) werden als nötig erachtet.
Planung fürs nächste Jahrhundert
Eine Stadt gleich des 22. Jahrhunderts hatten die Planungsbüros TSPA und Bureau B+B bei ihrer Konzeption vor Augen.
Auch hier wird das Gebiet in vier Quartiere unterteilt, die jeweils über eigene Kerne und eigene Identitäten verfügen. Verbunden werden sie über eine grüne ÖPNV-Achse miteinander verknüpft sind.
An dieser Achse befinden sich unterschiedliche Nahversorgungsmöglichkeiten und öffentliche Einrichtungen.
Die Quartiere tragen entsprechend ihrer Funktion die Namen „Stadtnahes Wohnen am Park“, „Wohnen an der Landschaft“, „Integrierte Produktion“ und „Leben und Lernen am Golfplatz“.
Im von den Planern angedachten 22. Jahrhundert wird mit zirka 5.500 Wohnungen gerechnet: Überwiegend Drei- bis Sechsgeschosser, an „Hochpunkten“ sollen aber auch bis 15 Geschosse möglich sein. Dazu kommen vier Schulen und 13 Kitas (510 Plätze).
Verlauf der Straßenbahntrasse offen
Gemeinsam ist allen vier Entwürfen, dass es so gut wie keine Parkplätze auf öffentlichem Grund oder in Höfen gibt. Lediglich eine begrenzte Zahl von Quartiersgaragen soll für das Abstellen von Privatautos vorgehalten werden.
Überhaupt, der Verkehr: Mit ihm steht und fällt das ganze Bauvorhaben.
Die Hauptlast soll die verlängerte Straßenbahnlinie M2 tragen, die bis zum S-Bahnhof Blankenburg verlängert werden soll.
Die Trasse steht noch nicht endgültig fest, sicher ist aber, dass sie durch die Blankenburger Erholungsanlage führen wird. Je nach endgültiger Trassenführung werden zwischen 70 bis 270 Grundstücke weichen müssen.Um den Betroffenen einen Ausgleich anzubieten, kündigte Staatssekretär Sebastian Scheel an, dass der Senat bei Verkäufen innerhalb der Anlage von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen wird, um diese so erworbenen Grundstücke dann an Straßenbahntrassen-Geschädigte als Ausgleich abgeben zu können.
Auch wo der von der BVG ins Auge gefasste neue Straßenbahnbetriebshof entstehen soll, ist noch nicht klar. Laut des Pankower Bezirksstadtrats Vollrad Kuhn, der ebenfalls an der Vorstellung der „Testmodelle“ teilnahm, sei es noch nicht einmal sicher, ob die Verkehrsbetriebe überhaupt einen weiteren Betriebshof benötigt. So werde der Weißenseer Straßenbahnbetriebshof ausgebaut und auch über eine Reaktivierung der alten Betriebsstätte in Nordend werde nachgedacht.
Die Meinung der Bürger ist gefragt
So oder so: Die vier Modelle sollen ja auch noch keine endgültige Planung darstellen, sondern Teil der Entwicklung des Blankenburger Südens sein.
Über die Beteiligungsplattform mein.Berlin.de können interessierte Bürger Fragen an die Planungsteams stellen und ihr Feedback zu den Planungen abgeben. Das digitale Informationsangebot ist auf der Plattform mein.Berlin.de freigeschaltet, die Umfrage läuft bis zum 15. August 2020.
Zudem wurde eine Planungszeitung zum Abschluss des Werkstattverfahrens erstellt, die als Postwurfsendung an alle Haushalte in Blankenburg und Heinersdorf verteilt wird und ebenfalls im Internet heruntergeladen werden kann. Zu finden ist sie zusammen mit zahlreichen weiteren Informationen unter https://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohnungsbau/blankenburger-sueden.
Nach dem Ende der aktiven Phase des digitalen Informationsangebots werden die Ergebnisse zusammengefasst und für die abschließende Sitzung des Projektbeirates und des Empfehlungsgremiums aufbereitet.
Voraussichtlich Anfang kommenden Jahres soll ein Struktur- und Nutzungskonzept als Grundlage für die weitere Planung vorliegen. Welche Ideen der Planungsbüros umgesetzt werden, werden dann Senat und Abgeordnetenhaus entscheiden.
Matthias Glesel via Facebook
Jul 17. 2020
Völlig versagt, dieser Test
Mandy Kutt via Facebook
Jul 17. 2020
aber richtig 🙁🙁