Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen: Der Berliner Mietendeckel ist verfassungswidrig. Begründet wurde das mit der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes.
Der Jubel auf Seiten der Vermieter und der sie stützenden Parteien ist überbordend. Doch er könnte sich als zu früh erweisen.
Denn das Bundesverfassungsgericht hat als einzigen Nichtigkeitsgrund die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Landes benannt.
Daraus folgt: Wenn der Bundestag entweder selbst ein Mietendeckelgesetz oder aber eine Öffnung der Gesetzgebungskompetenz beschließt, steht einem Mietendeckel nichts im Wege.
Damit ist der Mietendeckel damit endgültig zum Wahlkampfthema geworden – und das nicht nur in Berlin.
Berlin war der Versuch, auf den viele andere schauten: Wenn’s klappt, machen wir das auch.
Mietendeckel wird zum Wahlkampfthema
Nun werden die Parteien Stellung beziehen müssen (und von den Wählern – auch – daran gemessen werden), ob sie bereit sind, ein bundeseinheitliches Mietendeckelgesetz oder eine Öffnung zur Schaffung entsprechender Ländergesetze in Angriff zu nehmen.
Denn auch wenn es zeitweilig durch die Coronapandemie übertönt wird: Angesichts der ungebremsten Mietpreisinflation (nicht nur) in den Ballungszentren, ist die Frage der bezahlbaren Mieten eine der existenziellsten der kommenden Jahre.
Die Chancen, dass sich auf Bundesebene tatsächlich etwas tun könnte, sind durchaus vorhanden. Bei den Wahlumfragen sind die lange festgefügten Meinungsabbilder in Bewegung geraten, die CDU befindet sich im freien Fall, die Grünen erleben nie dagewesene Höhenflüge. Eine grünrotrote Koaltion erscheint plötzlich nicht mehr unmöglich – allen schwarzgrünen Erwägungen zum Trotz.
Ob jedoch die Bundesgrünen auch für eine so straffe Mietpreisbegrenzung zu haben sind, wie sie ihre Berliner Parteifreunde vertreten, ist noch nicht ausgemacht. Inwieweit die SPD auf Bundesebene – dann ihrer Dauerausrede „die pöhse CDU lässt uns nicht“ verlustig gegangen – da mitziehen würde ist ebenfalls unklar. Die Biegsamkeit der Sozialdemokraten sowohl in die eine, als auch die andere Richtung lässt da alle Möglichkeiten offen.
So gesehen, könnte sich die Linke, die sich als einzige Partei auch auf Bundesebene ohne Wenn und Aber zum Mietendeckel bekennt, dieses Urteil für sich nutzen, um auch jenem Teil der Wählerschaft, die über ihre – offenbar grundgesetzlich garantierten – sieben bis neun Prozent hinausgeht, klar zu machen, dass es nicht ganz egal ist, welche Konstellation im Bund regiert.
Schub für Enteignungsbewegung
Für Berlin darf als sicher gelten: Die heutige BVerfG-Entscheidung wird zumindest der Vergesellschaftungsbewegung von „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“ noch einmal einen kräftigen Schub geben. Wer bis dato dachte, wir haben ja nun den Mietendeckel, das reicht, wird nun merken: Nee das reicht nicht.
Alles zusammengenommen, könnte sich also der heutige Erfolg von CDU und FDP vor dem Bundesverfassungsgericht durchaus als ein Pyrrhussieg erweisen.
Christian Strahl
Apr 28. 2021
„Daraus folgt: Wenn der Bundestag entweder selbst ein Mietendeckelgesetz oder aber eine Öffnung der Gesetzgebungskompetenz beschließt, steht einem Mietendeckel nichts im Wege.“
Nein, das folgt daraus gerade nicht. Das Bundesverfassungsgericht musste sich mit der inhaltlichen Ausgestaltung des Mietendeckels gar nicht beschäftigen, weil es schon bei der Prüfung der Zuständigkeit die Nichtigkeit des Gesetzes festgestellt hat. Ein inhaltsgleiches Bundesgesetz würde mit Sicherheit wieder beim Bundesverfassungsgericht landen und dann erst würde eine inhaltliche Prüfung durch das Gericht vorgenommen werden.