Sonne aus Afrika – Wind aus Russland: Grünenabgeordneter Stefan Gelbhaar will neue „Energiepartnerschaft“

 

Der Pankower Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/ Die Grünen) tritt für eine Energiepartnerschaft sowohl mit afrikanischen Staaten, als auch mit Russland ein. Im Gespräch mit der Prenzlberger Stimme erklärte Gelbhaar, der erneut für den Bundestag kandidiert, dass für Deutschland notwendig sei, auch bei der Umstellung auf erneuerbare Energien auf Importe zurückzugreifen:

„Deutschland war schon immer ein Energieimporteur – vor allem fossiler Energie. Während bei der Kohle noch eigene Lagerstätten ausgebeutet wurden, mussten Erdgas und Erdöl ständig importiert werden: Aus den USA, aus Russland, aus den arabischen Staaten. Das sind riesige Energiemengen, die müssen wir substituieren – plus der heimischen Kohle. Das führt zur der spannenden Frage, wie macht man das?“

Die Lösung sieht Gelbhaar in Energiepartnerschaften.
 

„Desertec mehr oder minder eingeschlafen“

„Das heißt, wir müssen uns mit Ländern zusammentun, wo wir sagen, wir würden gern mit euch zusammen Energie produzieren – für uns, für euch, für die Welt. Wir haben das Know-how, wir brauchen auch den Strom – da kann man eine gute Wechselbeziehung entwickeln.“

Hier böte sich der nordafrikanische Raum, konkret die Sahara an. Dort könnte man fast unbegrenzt Sonnenstrom produzieren und von dort mittels eines Kabels durch das Mittelmeer nach Europa. Zwar habe man vor Jahren mit dem Projekt Desertec mal so etwas ins Auge gefasst, aber sei dann „mehr oder minder eingeschlafen oder wurde auf kleiner Sparflamme weitergeführt. Da wurden nur kleine Solaranlagen gebaut, die Marokko mit Strom versorgen. Das ist sehr gut, weicht aber von dem ursprünglichen Plan erheblich ab.“
Voraussetzung für ein solches Mammutprojekt wäre allerdings eine politische Stabilität, die es in der Sahararegion derzeit nicht gäbe.
 

„16 Jahre außenpolitisches Nirvana“

Deshalb sollte man auch eine Energiepartnerschaft mit Russland ins Auge fassen. Gelbhaar: „Die Debatte um ‚Nord Stream 2‘ hat gezeigt, dass es mehr wirtschaftliche Verflechtungen zu Russland braucht, um miteinander gut im Gespräch zu sein und nicht nur eine Negativkommunikation zu haben. So wie über ‚Nord Stream 2‘ – das ist eine Erdgaspipeline, das ist ökologisch gestrig.“
Man sollte daher mit Russland auch über Windkraft und Solar reden.

„Die haben riesig viel Platz. Wir sind in einer fossilen Energiepartnerschaft, warum sollten wir nicht eine Erneuerbare-Ernergie-Partnerschaft haben. Wenn wir ein solches ökonomisch-ökologisches Geflecht dann idealerweise noch kombiniert mit einer kulturellen Note etablieren würden mit Russland, mit dem großen Land im Osten Europas, dann hat das auch noch weitere Folgen: Man redet nicht nicht mehr nur über Probleme – Stichwort Ukraine – über die man reden muss.“
Mit einer solchen Partnerschaft könne man „auch Punkte finden, wo man sagen kann, hey, das gewinnen wir, weil wir zusammenarbeiten, und deshalb lass uns doch das Ukraineproblem lösen.“

Das nicht zu nutzen, sei auch geostrategisch dumm: „Die letzten 16 Jahre war da außenpolitisch Nirvana. Da war nix. Das war einfach schwach und da müssen wir nach der Wahl hoffentlich in eine neue Ära eintreten. Nicht, dass Herr Putin der Edeldemokrat wäre, ist er nicht, ganz im Gegenteil. Aber Russland liegt in unserem Osten und deshalb müssen wir mit denen zu einem guten Auskommen kommen. Dann kann man auch über die Probleme besser reden.“
 

Autofreie Stadt politisch-parlamentarisch nicht durchsetzbar

Stefan Gelbhaar hatte 2016 – damals noch Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses – für seine Partei bei den rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen teilgenommen und sich dort für den Verkehrspolitischen Teil engagiert.
Das Ergebnis der danach verkündeten Berliner Verkehrswende sieht er differenziert. Während es beim Radverkehr – wenn auch von Bezirk zu Bezirk unterschiedliche – Fortschritte gäbe, seien beim ÖPNV-Ausbau Defizite zu verzeichnen.

Einen Grund sieht Gelbhaar in den ausgedehnten Planungsvorschriften: Der Gleisbau sei beim Neubau einer Straßenbahnstrecke der geringste Teil des zeitlichen Aufwandes. Aufs Gleis zu verzichten, und statt auf Straßenbahnen auf O-Busse zu setzen, findet er zumindest „total charmant“. Er selbst habe im Bundestag mit daran gearbeitet, dass die Errichtung von Oberleitungsbus-Linien „förderfähig“ geworden ist – also durch den Bund bezuschusst werden kann.

Eine privatauto-freie Stadt hält Gelbhaar in absehbarer Zeit nicht für durchsetzbar: Dafür fehle es an politisch-parlamentarischen Mehrheiten. Er setze mehr auf die kleinen Schritte, etwa auf die Einrichtung von sogenannten Kiezblocks, die den Durchgangsverkehr aus den Wohngebieten fernhalten.

 
Hier das vollständige Gespräch:

 


 



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