Gnadenhüttenkäufer: Planlos, aber bauentschlossen

gnadenhüttenarchEinen konkreten Plan, einen Bauplan gar, wie das Haus, das er bauen möchte, aussehen wird hatte Christoph Wagner nicht mitgebracht. Geschweige denn, bei der Baubehörde zur Erteilung einer Baugenehmigung eingereicht.
Der Architekt, der sich am Freitag den Anwohnern in der Malmöer Straße als der neue Eigentümer des Grundstückes vorstellte, erzählte den Wissbegierigen, die sich vor der „Gnadenhütte“ versammelt hatten, in blumigen Worten, wie vielleicht möglicherweise und unter Umständen, mal alles aussehen könnte. Selbstverständlich sei er für alles offen:

Neueigentümer Christoph Wagner will beruhigen:
Wolkige Zusagen ohne Verbindlichkeit

Ein Nachbarschaftszentrum könnte in dem Neubau einge-
richtet, irgend etwas Gemeinnütziges integriert werden. Auch über Form und Aussehen könne man reden – allein, wer’s genauer wissen wollte, sah in die Röhre.

Immerhin war zu erfahren, dass Wagner ein Baugruppen-
modell installieren möchte. Als Baugruppe bezeichnete man ursprünglich den (oft genossenschaftlich oder als GbR organisierten) Zusammenschluss mehrerer Bauwilliger, die sich so ein Eigentum an selbst genutzten Wohnraum schaffen wollen.
Anders in diesem Fall.
„Im bundesweiten Vergleich“, schreibt der Stadtsoziologe Andrej Holm in der Wochenzeitung der Freitag, „weisen die

Anwohner als Investitionsrisiko:
Jeder Einspruch schmälert die Rendite

Berliner Baugruppen die Besonderheit auf, dass sie in der Mehrzahl nicht auf Initiativeder künftigen Bewohner/innen zurückgehen, sondern von Architekturbüros initiiert werden, die teilweise schon Grundstücke erwerben und Pläne entwickeln und dann erst die Eigentümergemeinschaft einwerben. Insbesondere in schwierig zu entwickelnden Grundstückslagen und kleinen Baulücken können sie so mit großen Bauträgern konkurrieren, die für ein gewinnbrin-
gendes Projekt oftmals mit deutlich mehr Wohneinheiten planen.“
Der „Baugruppenorganisator“, ist demnach auch nichts anderes als ein normaler Investor – nur in einem kleineren Rahmen. „Baupuma“ statt Baulöwe.

Dass auch er für sein Projekt in der Malmöer Straße erst weniger Bewerber beisammen hat, gab Christoph Wagner während des Vor-Ort-Termins unumwunden zu. Warum er jedoch bisher noch nicht einmal eine Bauvoranfrage, geschweige denn einen Bauantrag gestellt hat, war „Baupuma“ Wagner nicht zu entlocken.

Allerdings scheint es nicht ausgeschlossen, dass sein inten-
sives Werben um die Gunst der Anwohner in der Rechtsun-
sicherheit begründet liegt, die einer fehlenden Genehmigung nun einmal innewohnt: So lange keine rechtskräftige Baugenehmigung vorliegt, kann jeder eingelegte Einspruch das Vorhaben um Monate, im Äußersten sogar um Jahre verzögern. Und damit die Kosten erhöhen und die Rendite des Investors nicht unwesentlich schmälern.

 

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2 Kommentare zu “Gnadenhüttenkäufer: Planlos, aber bauentschlossen”

  1. Bin Berlin

    Apr. 05. 2011

    bitte unbedingt auf den Link „Architekt“ klicken:da kommt dann gleich „Baugruppe Prenzlauer Berg „SHARED SPACE“Baugruppe in Startphase – Wohnungen frei“ entgegen.
    Die Umdeutung des grünen Raumplanungsbegriffs, der ja seit dem Streit um die Kastanienallee geläufig sein dürfte zum Fundraising für den Wohnraum einer Architekten-initiierten Baugruppe ist clever wie entlarvend.
    Konsequentes Ausschöpfen aller Rechtsmittel wäre eine andere Art der Deattraktivierungsstrategie gegen solch ein Projekt.
    Bei Baugruppen wird besonders deutlich, dass die Gentrifizierer die Käufer sind, die wissentlich so ein Projekt anschieben und möglich machen,und obendrein noch dreist gute Nachbarschaft einFORDERN.
    Kein Kaufinteressent kann sich mehr mit Unkenntnis der Sachlage rausreden: BIN-Berlin wird die website der Anwohnerinitiative zum Erhalt der Gnadenhütte verlinken: http://www.gnadenhuette.de.vu/

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  2. paeveaji

    Apr. 05. 2011

    Mit dem Begriff Gentrifizierer würde ich vorsichtiger umgehen. Bei dieser Aktion ist es keineswegs klar, auf welcher Seite diese sich befinden. Die Anwohnerinitiative wurde von einem Politikwissenschaftler mit „Schwerpunkten Business Services“ und einer Designerin, die mit „Luxus als Möglichkeitensystem“ wirbt, gegründet. Wollen diese fein ausgebildete und frisch zugezogene junge Leute dann wirklich aus ideellen Gründen etwas für ihr Umfeld tun, oder geht es letztendlich nur um den eigenen Karriereplan? Bis jetzt sind die einzigen klaren Looser die Beschäftigten der Gnadenhütte.

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