Heute (Montag) war zwar offizieller Baubeginn in der Kastanienallee, doch statt der Bagger kam erst einmal Stadtrat Jens-Holger Kirchner. Der ging auf der östlichen Seite der Straße buchstäblich von Tür zu Tür, um jeden Gewerbetreibenden zwischen der Schönhauser Allee und Oderberger Straße noch einmal persönlich über die geplanten Bauarbeiten zu informieren. Gemeinhin nennt man so etwas wohl „Klinkenputzen“ .
Jedesmal auf’s neue wurde der Bauablauf erklärt: Zuerst werden die Bordsteinkante und der daran angrenzende „Oberstreifen“ abgetragen und neu gebaut, ab Juni ist dann der Rest des Gehweges dran.
Wenig erstaunlich: Vor Freude um den Hals gefallen ob des Umbaus war dem Stadtrat niemand. Kritisiert wurden immer wieder die geplanten „Parktaschen“ – aber auch der kürzlich noch einmal veränderte Bauablauf.
Claudia-Maria Humeniuk, Inhaberin des Cafés „An einem Sonntag im August“ erklärte Kirchner, dass sie im vergangnen Jahr durch die Bauarbeiten an der U2 ein Viertel weniger an Einnahmen zu verzeichnen hatte. Und nun beginnen – anders als ursprünglich geplant – die Bauarbeiten schon jetzt direkt vor ihrer Ladentür. Stadtrat Kirchner erklärte ihr, dass Umsatzausfälle, die auf Grund von längerfristigen Bauarbeiten entstehen, vom Senat in
einem gewissen Rahmen ersetzt werden. Ein Merkblatt und ein entsprechendes Formular hatte er praktischerweise gleich mit dabei.
Kirchners Botschaft: Die Bauarbeiten sind unausweichlich, es wird aber alles getan, um die Unannehmlichkeiten so gering wie möglich zu halten.
So hatte er auch Polier Andreas Winkler von der ausführen-
den Baufirma im Schlepptau, der der direkte Ansprechpartner für die Anlieger sein wird. Winkler versicherte, ständig vor Ort und stets erreichbar zu sein. Und übergab Claudia-Maria Humeniuk – sozusagen als vertrauensbildende Maßnahme – sogleich seine Handynummer.
Kaum eine Stunde nach Kirchners Info-Tour versammelten sich am selben Ort die Umbaugegner von der Initiative „Stoppt K21“. Eigentlich war eine „Baustellenbegehung“ angesagt, aber da heute noch nicht mit dem Bau begonnen wurde, gab es auch nichts zu begehen. Das teilte „Stoppt K21“-Aktivist Matthias Aberle den anwesenden Journalisten auch mit – die Fotografen aber störte das wenig. Ein Motiv findet sich schließlich immer.
Und wenn es nur ein Gruppenbild ist, auf dem ein griffiger Slogan gezeigt wird, mit dem nun ein neuer Adressat des Protestes ausgerufen wird.
Statt des Bezirkspolitikers Jens-Holger Kirchner ist nun eine Bundespolitikerin als Übeltäterin ausgemacht worden: „Künast killt Kastanienallee“.
Was die grüne Kandidatin für das Amt des Regierenden Bürgermeisters mit einer Straße in Prenzlauer Berg zu schaffen hat, war nicht so recht klar. „Stoppt K21“-Aktivist Till Harter erklärte das so: Von Kirchner sei keine Haltungsänderung mehr zu erwarten – nun hoffe man darauf, dass die grüne Spitzenkandidatin selbst Stellung beziehe.
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bussi
Apr 12. 2011
Haha, mehr Journalisten als Protestler. Aber sie finden sich cool, die hippen Kopfbedeckungen vom Prenzlauer Berg.
Clemens Gmünder
Apr 12. 2011
Der Spruch „Künast killt Kastanienallee“ erschließt sich mir irgendwie überhaupt nicht. Man kann ja von der Künast halten was man will, aber mit der Planung zur Kastanienalle hatte und hat sie ja nun mal gar nichts zu tun. Selten dämliche Aktion der Bürgerinitiative. So wird das nichts mit der Mobilisierung der Massen…
Jan-Michael
Apr 12. 2011
Was die einigen wenigen „Anwohner“ (z.B. die Bürgerinitiative Wasserturm – wusste gar nicht, dass der Wasserturm jetzt in der Kastanienallee steht) da veranstalten, ist nur grotesk und ochlokratisch. Es lässt sich sicher trefflich über das ein oder andere streiten. Aber die Fahrradwege sind eine sehr vernünftige Sache, die Straße ist schließlich nicht nur für Gewerbetreibende da. Kapitalistische Erwägungen unter dem Schleier eines „Bürger“protests zu verpacken, ist abartig. Und ich wundere mich, dass das keiner merkt – die Presse, auch die Prenzlberger Stimme, springt voll drauf an.
suffi
Apr 12. 2011
Ist schon richtig der Spruch, eine Flugverbotszone hat die rechte Hand von Renate, der Ratzmann mit der Schein-Schlichtung ja auch nicht eingerichtet. Nun frohlockt der Bürokrat, der Slogan bringt zumindest Aufmerksamkeit und Künast wird sich im beginnenden Wahlkampf schon für ihren Pressespiegel interessieren.
und jetze?
Apr 14. 2011
Der Konnex Grün-Künast-Ratzmann-Kirchner zeigt doch nur, dass diese Partei den Überblick verloren hat – oder noch nie hatte.
Da darf der „grüne“ Kirchner jahrelang den guten Sheriff von Pankow geben, der endlich mal im letzten Jahr seiner Amtszeit die (ökologisch wertvolle) Parkraumbewirtschaftung einführt (womit in Mitte seit zig Jahren Millionen Euro für die Bezirkskasse eingenommen werden), … sich aber sonst an Ekellisten und sonstigem Unappetitlichen delektiert. Das absolute Schelmenstück ist natürlich das Komplettversagen in der Oderberger Straße und anschließend mit der gleichen Tumbheit in der Kastanienallee.
Wie kann man eigentlich als „Grüner“ nicht merken, dass man in der Kastanienallee einen von SPD und Stern-GmbH initiierten Unsinns-Plan durchkämpft … und dabei Gesetze und Demokratie bis aufs äußerste biegen?
Und wie kann man als Landespartei, in Person von Kameradin Künast, einen so aus dem Ruder laufenden Amateur auch noch als Innensenator handeln …. oder jetzt eher als Stadtentwicklungssenator?
Ratzmann hat es auch kapiert, als er bei den Scheinschlichtungs-Gesprächen dabei war, und unvorsichtigerweise die Anwohnerbefragung ins Spiel brachte. Hier ist eigentlich verbrannte Erde … da hat Herr Ratmann sich schnell wieder vollständig zurückgezogen. Mit Herrn Kirchner kann man als Grüner nur verlieren.
atride
Apr 15. 2011
keiner sieht die wahheit, nur du…? etwas narzisstisch dieser standpunkt, hmm?! naja, und völlig schwachsinnig dazu – die k-allee ist – so wie sie ist – eine perle belins. das sieht jeder, der augen im kopf hat und urteilsfähig ist.
niemand hat etwas gegen eine behutsame sanierung, aber die aktuelle pläne zerstören das gesicht dieser charmanten ecke.
atride
Apr 15. 2011
@Jan-Michael
atride
Apr 15. 2011
@und jetze? da muss ich dir – ohne emotional aufgeladen sein – zustimmen: kirchner ist ein amateur.