Gestern (Sonntag) im Mauerpark. Wie immer sind zehntausende Besucher im Mauerpark unterwegs, um Spaß bei der Karaoke-Show von Joe Hatchiban zu haben, um zu grillen, den zahlreichen Musikern zuzuhören, den Gauklern zuzusehen – oder einfach nur, um sich bei sommerlichen Temperaturen in die Sonne zu legen.
Ebenfalls unterwegs waren Angehörige des Ordnungsamtes Pankow und Beamte des Polizeiabschnitts 15 in der Eberswalder Straße, um offenbar wieder einmal Jagd auf „illegale“ Getränkehändler zu machen.
Nicht auf Bierverkäufer-, sondern auf Wählerstimmenfang war ein Wahlkampfteam von Bündnis 90/Die Grünen, das die
allsonntägliche Massenansammlung im Mauerpark dazu nutzen wollte, möglichst viele Menschen mit dem grünen Partei- und Wahlprogramm bekannt zu machen. Als Blickfang kam dabei „Berta“ zum Einsatz – eine mit Fahrradpedalen angetriebene Straßenbahnatrappe. Was dann geschah, be-
schreibt Stefanie Remlinger, bündnisgrüne Fraktionsvorsit-
zende in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung
und Direktkandidatin ihrer Partei für das Berliner Abgeord-
netenhaus so:
„Plötzlich traten mehrere Mitarbeiter des Ordnungsamtes an uns heran und verlangten eine Genehmigung für das Auf-
stellen des Wahlkampfstandes zu sehen. Wir hatten zwar eine solche Genehmigung – aber leider vergessen, sie mit in den Mauerpark zu nehmen. Nachdem wir den Ordnungsamts-
leuten die Situation erklärt hatte, zeigte man ein Einsehen,
und ließ uns – versehen mit der Ermahnung, beim nächsten Mal das Genehmigungspapier vor Ort zu haben – gewähren. Kurze Zeit später erschienen Beamte der Polizei. Erneut wurde nach einer Genehmigung gefragt, erneut erklärten wir, dass eine Genehmigung zwar vorhanden, aber eben nicht vor Ort verfügbar sei. Die Polizisten interessierte das nicht. Auch der Verweis darauf, dass das Ordnungsamt es uns gestattet hatte, zu bleiben, blieb erfolglos. Nach kurzem Disput mussten wir den Park verlassen.“
Eine Nachfrage am heutigen Montag beim Polizeiabschnitt 15 brachte erst einmal kein Ergebnis: „Im Einsatzbericht ist ein solcher Vorfall nicht beschrieben“, lautete die knappe Aus-
kunft. Eine erneute Anfrage – diesmal nun über die Presse-
stelle des Polizeipräsidiums – bestätigte dann aber den Ablauf:
„Es wurden Personen mit einem Wahlkampfmobil angetroffen, die keine Genehmigung zur Nutzung des öffentlichen Stra-
ßenlandes vorweisen konnten. Sie wurden aufgefordert, das Mauerparkgelände zu verlassen. Die Personen kamen der Aufforderung nach.“ Und warum war dies nötig, wenn doch seitens des Ordnungsamtes das Verbleiben im Mauerpark erlaubt wurde? Dazu der Sprecher der Berliner Polizei: „Die Polizei entscheidet eigenständig darüber, ob und wann sie die öffentliche Ordnung gefährdet sieht.“
Daniela Billig, Pankower Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen erklärte gegenüber der Prenzlberger Stimme, dass es bei der Polizei und ihrer Partei offenbar unterschiedliche Ansichten über Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit gibt. Man wolle den Vorfall aber nicht so hoch hängen. Sie sehe jedoch einen erheblichen Gesprächbedarf in Richtung Polizei – und zwar die bezüglich der Gesamtsituation im Mauerpark. Daniela Billig: „Wir werden den Pankower Ordnungsstadtrat Jens-Holger Kirchner bitten, entsprechend tätig zu werden.“
Der allerdings macht gerade Urlaub fernab von Berlin.
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Bin Berlin
Jul 12. 2011
BIN-Berlin ermittelt bereits seit heute Morgen in dieser Angelegenheit: http://twitter.com/#!/BinBerlinerIn/status/90355755957493760
erste Verdachtsmomente die in vertraulichen Gesprächen gegen die sogenannten „Kirchner-Ranger“ geäußert wurden, haben sich bislang noch nicht erhärtet. Wir bleiben aber am Ball – wer was gesehen oder gehört hat bitte weiterhin an: mail[ät]bin-berlin.org
Henning
Jul 12. 2011
Och, die armen Grünen werden schikaniert. Ist mir letztens auch so gegangen als ich meine Monatskarte in der U-Bahn vergessen hatte. Und mit dem Auto habe ich vor ein paar tagen auch nur gaaanz kurz ohne Parkschein gestanden. Das stand aber leider nicht in der Zeitung – weder on- noch offline. Auch haben sich weder BVG noch das Ordnungsamt dafür rechtfertigen müssen, das sie Ihre Arbeit gemacht haben. Vielleicht weils auch einfach doch meine eigene Schuld war. Nur bei Grüns ist mal wieder alles anders.
Tom
Jul 12. 2011
Da kann ich mich dem Kommentar von Henning nur anschließen!
Jeder Andere muss für seine eigenen Versäumnisse gerade stehen und darf auf kein Entgegenkommen hoffen. Für die Grünen ist das aber gleich ein Skandal, wenn sie so behandelt werden wie alle anderen auch.
Es wäre im Übrigen auch keine große Sache gewesen die paar hundert Meter vom Mauerpark zum Grünen-Kreisbüro zu huschen und die Genehmigung zu holen.
Einfacher Fall von selbst Schuld!
Dennis
Jul 20. 2011
Schau an, schau an. Da werden die Grünen sauer, wenn sie sich an Regeln halten müssen. Und die besagen nun mal, dass öffentliches Straßenland ab sieben Wochen vor der Wahl „genehmigungsfrei“ genutzt werden kann. Und wenn man es dann vorher machen will, dann müssen die Grünen auch, wie jeder andere, eine Genehmigung haben. Peinlich, wie die das hochziehen!