Die bisher durch den Hauptausschuss blockierten Gelder für die sogenannte „Bürgerwerkstatt“ werden auch bei der am Mittwoch stattfindenden letzten Sitzung des Gremiums in dieser Legislaturperiode nicht freigegeben werden. Das teilte Ralf Wieland (SPD), Vorsitzender des Hauptausschusses der Prenzlberger Stimme mit. „Die SPD-Fraktion“, so Wieland, „hat mehrheitlich beschlossen, sich an den Koalitionsvertrag zu halten.“ Und der sieht vor, dass ein Tagesordnungspunkt dann nicht zur Abstimmung gestellt wird, wenn eine der beiden Koalitionsfraktionen keine Abstimmung wünscht. Auf diese Weise hatte die Fraktion der Partei DIE LINKE es bereits in den vorangegangenen Sitzungen des Hauptausschusses erreicht, dass die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beantragte Freigabe der Gelder für die Fortführung der „Bürgerwerkstatt“ – es handelt sich hierbei um einen Betrag 200.000 Euro – nicht entsperrt werden.
Eine Abstimmung gegen den Willen der Linken hätte den Bruch des Koalitionsvertrages durch die SPD bedeutet – zweieinhalb Wochen vor den Wahlen. Dass der Beschluss zur Vertragstreue in der SPD-Fraktion nicht einhellig, sondern nur mehrheitlich gefallen ist, zeigt, dass durchaus nicht allen Mitgliedern der SPD-Fraktion an einer „geordneten“ Beendigung der rot-roten Koalition gelegen ist.
CDU bietet Schützenhilfe an
Bereits vor der vorangegangenen Sitzung des Hauptausschusses Ende Juni war zwischen Haushältern und Stadtentwicklern der Sozialdemokraten ein Streit darüber entbrannt, ob die Gelder zur Fortführung der „Bürgerwerkstatt“ auch gegen den erklärten Willen des Koalitionspartners fließen sollen.
Nachdem sich diejenigen sozialdemokratischen Abgeordneten durchgesetzt hatten, die auf eine Einhaltung des Koalitionsvertrages bestanden, preschte die CDU-Fraktion mit dem Antrag vor, auf der letzten Sitzung des Hauptausschusses eine Besprechung mit dem Titel „Arbeit der Bürgerwerkstatt Mauerpark ermöglichen – Blockade der Meinungspluralität durch die LINKE beenden“ auf die Tagesordnung zu setzen (siehe Download). Der Antrag, der bei den Bebauungsgegnern einiger CDU-Ortsverbände in Mitte und Pankow auf Unwillen stieß, war offenbar auch ein Wink der Christdemokraten an die SPD für die Zeit nach der Wahl: Seht her, wir sind die besseren Regierungspartner!
„Kein Teil des B-Plan-Verfahrens“
Die „Bürgerwerkstatt“ galt den Gegnern einer Teilbebauung stets als Instrument des sozialdemokratischen Stadtentwicklungsstadtrates von Mitte, Ephraim Gothe, zur Durchsetzung seines „Baurecht-für-Land“-Deals mit dem Immobilienhändler Vivico, des Eigentümers des auf Weddinger Seite befindlichen Park-Areals . Und es waren nicht nur die Bebauungssgegner, die in der „Bürgerwerkstatt“ einen integralen Bestandteil des bezirklichen Bebauungsverfahrens sahen.
„Zur Optimierung der Öffentlichkeitsbeteiligung und damit weit über das erforderliche Maß hinaus hat das Bezirksamt jedoch entschieden, zusätzliche weitere Beteiligungsverfahren durchzuführen. Zum einen wurde ein Bürgerwerkstattverfahren zur Ausgestaltung der Mauerparkfertigstellungsfläche sowie zum anderen ein städtebauliches Wettbewerbsverfahren unter Einbindung von Vertretern der Bürgerwerkstatt initiiert.“
Die „Bürgerwerkstatt“ als „über das erforderliche Maß“ hinausgehende Öffentlichkeitsbeteiligung zum B-(Bebauungs-)Planverfahren 1-64 (Mauerpark), so wurde es durch das Bezirksamt Mitte und dessen Stadtentwicklungsstadtrat Ephraim Gothe (SPD) der BVV des Nachbarbezirkes und dem Rest der Welt dargeboten. Nicht mal eben so dahergesagt, sondern in einem offiziellen Dokument des Bezirksamtes Mitte (siehe Download unten).
Alles gar nicht wahr, sagt nun die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und erklärt:
„Bei der ‚Bürgerwerkstatt Mauerpark fertigstellen‘ handelt es sich nicht um eine ‚baurechts-planungsbegleitende‘ informelle Bürgerbeteiligung, sondern um eine Planungswerkstatt, die sich mit dem Thema ‚Erweiterung des Mauerparks‘ beschäftigt.“
Die Darlegung ist Teil der Antwort des Senats auf eine „Kleine Anfrage“ von Klaus Lederer (siehe Download), Berliner Landesvorsitzender der Partei DIE LINKE und rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Torsten Schneider, sozialdemokratischer Abgeordneter und Mitglied des Hauptausschusses bestätigt gegenüber der Prenzlberger Stimme die Aussage der Senatsverwaltung:
Das „B-Planverfahren im Bezirk Mitte zur etwaigen Bebauung mit Häusern auf Freiflächen läuft jedoch völlig getrennt und kann weder haushaltsrechtlich, noch politisch, von diesen Landesmitteln (beantragte Entsperrung 200.000 € und auch nicht innerhalb der Gesamtsumme 4,6 Mio. € für den Mauerpark) betroffen sein, sondern muss aus dem Globalhaushalt des Bezirkes Mitte bestritten werden, der über 700 Mio. € pro Jahr beträgt!“
Ephraim Gothe hatte also seinerzeit offiziell die Unwahrheit über den Charakter der Bürgerwerkstatt verbreitet – oder anders herum: Wäre die Bürgerwerkstatt tatsächlich“ ein weiteres Beteiligungsverfahren“ zum B-Plan gewesen, hätten die Kosten dafür vom Bezirk Mitte getragen werden müssen.
Bürgerwerkstatt repräsentiert nur noch eine Minderheit
Interessant ist auch die Definition der Aufgaben der Bürgerwerkstatt durch die Senatsverwaltung: „Die Bürgerwerkstatt hat sich inhaltlich mit der Frage der zukünftigen Gestaltung der Erweiterung des Mauerparks beschäftigt. Die Flächenaufteilung zwischen bebauten und unbebauten Flächen war nicht Gegenstand.“
Das heißt, wer sich gegen eine Bebauung von Teilen des Parks wenden wollte, sollte dies gefälligst woanders tun. Mit der von der CDU und Teilen der SPD beschworenen „Meinungspluralität“ innerhalb der Bürgerwerkstatt hat dies allerdings wenig zu tun.
Und wenn von Bürgerwerkstättlern seit Beginn des Sommer zu vernehmen ist, man habe sich neuerdings auch mit Planungsvarianten ohne eine Parkbebauung befasst, so ist auch das – folgt man den Ausführungen der Senatsverwaltung – kein Argument für die Freigabe der Gelder. Im Gegenteil: Es wäre gleichbedeutend mit einer Zweckentfremdung der bewilligten Zuwendungen, was zwangsläufig eine Sperrung – und möglicherweise Rückzahlung – der nicht zweckkonform verwandten Mittel nach sich ziehen müsste.
Auch mit der von Bürgerwerkstatt-Befürwortern verbreiteten Legende, nur eine kleine Minderheit hätte die Bürgerwerkstatt verlassen und behindere nun deren Weiterarbeit, räumt die Stellungnahme aus dem Senat auf: Waren laut ihrer Darstellung zum Beginn der Werkstatt am 15.09. 2010 noch 35 Teilnehmer und 14 Bürgerinitiativen vertreten, so waren es am 17. Mai 2011 nur noch 15 Teilnehmer und sechs Gruppierungen. Die Mehrheit der einstigen Bürgerwerkstattsmitglieder hat der Veranstaltung längst Valet gesagt.
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