Grundsteinlegung in der Pappelallee 44

Grundstein pappelFür die 33 Mitglieder der Genossenschaft “Innerstädtisch Wohnen eG“ gab es Anlass zum Feiern: Nach dem die Fundamente auf dem Gelände der Pappelallee 44 – gelegen zwischen S-Bahn-Graben und der ehemaligen Musikschule – gegossen sind, wurde nun der Grundstein für das entstehende Wohnhaus darin versenkt. 29 Wohnungen und eine „Gewerbeeinheit“ sollen hier in einem Ensemble aus Vorderhaus, Seitenflügel und Quergebäude entstehen.

Gebaut wird viel in Prenzlauer Berg. Neben “gewöhnlichen” Investoren sind es häufig sogenannten Baugruppen, die im Stadtteil Wohnhäuser errichten. Baugruppen waren ur-

sprünglich Zusammenschlüsse von Bauwilligen, die für sich selbstgenutztes Wohneigentum schaffen wollen. In Berlin allerdings werden solche Gruppen oft von Architekturbüros initiiert, die zuvor bereits Grundstücke gekauft und Pläne entwickelt haben, um danach die künftigen Wohnungseigen-
tümergemeinschaft einzuwerben. Die im Kleinen also nichts anderes tun, als Großinvestoren bei umfangreicheren Flächen eben auch: Die Entwicklung einer Immobilie bis hin zur gewinnbringenden Veräußerung an die künftigen Eigentümer.

Doch auch die Berliner Wohnungsbaugenossenschaften bauen zuweilen neu, um so ihren Mitgliedern besseren Wohnraum anzubieten oder aber neue Genossen aufnehmen zu können. Abgesehen von der Eigentumsstruktur, funktionieren sie ähnlich wie andere Wohnungsbaugesellschaften: Es gibt einen Bestand, der verwaltet und gegebenenfalls erweitert wird.

Das Modell der Genossenschaft “Innerstädtisch Wohnen e.G.“ hingegen ist nur auf ein Ziel hin ausgerichtet: Jenes eine Haus zu errichten, in dem die „Baugenossen“ künftig wohnen werden.

Initiiert wurde die Genossenschaft von Irene Mohr. Die auf ökolo-
gische Bauweisen spezialisierte Architektin hatte mit ihrem Büro bereits auf dem Nachbargrundstück Pappelallee 43 für eine Genossenschaft ein Wohnhaus entworfen und das Projekt bis zu seiner Vollendung begleitet. Als sie davon erfuhr, dass auch das benachbarte Areal zum Verkauf stand, warb sie Interessierte, mit denen sie im September 2009 “Innerstädtisch Wohnen” gründete.

Das Konzept gleicht dem des Nachbarprojektes: Ein Niedrig-
energiehaus mit effektiver Dämmung, wärmebrückenfreie Konstruktionen, hoher Winddichtigkeit, zugluftfreier Lüftung mit Wärmerückgewinnung sowie Beheizung mittels Erdwärme und

Solarernergie. Die verwendeten Baustoffe sollen möglichst „umweltverträglich“ und „nachhaltig“ sein.

„Generationsübergreifendes Wohnen“ ist ein weiteres Krite-
rium, das die Genossenschaft sich auf die Fahnen geschrie-
ben hat. Dem Bewohner eines simplen Mietshauses in der Wichertstraße wandern bei diesem Begriff erst einmal ein paar Fragezeichen ins Gesicht – gefolgt von einem Schulterzucken: Ja und? Unter ihm wohnt ein Rentnerehepaar, die Nachbarn auf der Etage sind zum einen eine Familie mit jugendlichem Nachwuchs im Alter von 15 und 17 Jahren, zum anderen ein junges Elternpaar mit einer zweijährigen Tochter. Und über ihm zogen vor ein paar Monaten zwei Studentinnen ein…

Ein Blick auf die Bewohnerstruktur der in den vergangenen Jahren entstandenen Neubauten in Prenzlauer Berg – und erst recht auf jene in den umgestalteten Quartieren der Sanierungsgebiete – zeigt, dass mittlerweile eine äußerst ungesunde Generations-Homogenität Einzug gehalten hat: Der größte Anteil der Bewohner gehört der Gruppe der 27-45jährigen an, Alte kommen fast gar nicht mehr vor, und auch Jugendliche zwischen 14 bis 18 Jahren sind deutlich unterrepräsentiert. Da macht eine solche Vorgabe durchaus Sinn. Und so sind denn die Baugenossen der Pappelallee 44 zwischen 31 und 71 Jahre alt, dazu kommen Kinder und

Jugendliche zwischen 0 und 15 Jahren – eine Altersmischung also, wie man sie aus über die Jahre und Jahrzehnte ge-
wachsenen Hausgemeinschaften kennt.

Dass das so funktioniert, dass eben auch Senioren in einer Bauherrengemeinschaft vertreten sind, liegt an der genos-
senschaftlichen Finanzierung. An Menschen über siebzig – Antidiskriminierungsgesetz hin oder her – vergeben Banken keine Kredite mehr. Hier aber ist nicht der Einzelne der Kreditnehmer, sondern die Genossenschaft.
Doch vor dem Kredit steht das Eigenkapital. Dreißig Prozent der Kosten müssen die Genossenschaftler selbst aufbringen.

Das bedeutet für jeden: Je Quadratmeter gewünschter Wohnfläche sind 643 Euro in die Genossenschaftskasse zu zahlen. Das sind für 70 Quadratmeter immerhin gut 45.000 Euro. Zahlbar spätestens drei Monate nach Eintritt in die Genossenschaft.
Wer, aus welchen Gründen auch immer, die Genossenschaft verlässt, erhält seine Einlage samt eines Inflationsausgleiches zurück.
Der aufgenommene Kredit, der die restlichen 70 Prozent der Baukosten abdecken soll, selbst wird mit der „Nutzungsentgelt“ genannten Miete bedient. Elf Euro pro Qurdratmeter sind nicht eben wenig – doch sollte der Kredit in 25 Jahren abbezahlt sein, wären dann nur noch die laufenden Kosten – um die drei Euro herum – fürs Wohnen zu bezahlen.

Acht Wohnunge sind noch zu vergeben – um vier davon haben sich bereits potentielle Neu-Genossenschafter beworben, die anderen vier sowie die Gewerbefläche im Erdgeschoss des Vorderhauses warten noch auf Interessenten.

Der Grundstein ist nun gelegt – ab jetzt wird man das Haus wachsen sehen. Irgendwann im Herbst des kommenden Jahres soll es dann bezugsfertig sein.
Also: Weihnachten 2012 im neuen Heim.

 

 
© Fotos: Dirk Grabowski

 

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