Was verknöcherten Bürokraten aus dem Pankower Stadtentwicklungsamt nicht schafften, ist jetzt offenbar dem Vermieter der ehemaligen Groterjanbrauerei gelungen: Weil der Mietvertrag mit den ICON-Betreibern Pamela Schobeß und Lars Döring nicht verlängert wurde, steigt am 31. Dezember die unwiderruflich letzte Party. Damit verliert Prenzlauer Berg einen weiteren traditionsreichen Club. Bereits im März 2010 zog der Magnet Club aus der Greifswalder Straße aus, und zur Jahreswende 2010/2011 machte der Knaack-Klub nach fast sechzig Jahren seine Schotten dicht.
Wäre es nach der Pankower Bauverwaltung gegangen, hätte auch das ICON das Jahr 2011 nicht mehr erlebt.
Im Sommer vergangenen Jahres erhielten Pamela Schobeß und Lars Döring ein Schreiben von der Behörde, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass die baurechtliche Genehmigung für den Betrieb des Clubs aufgehoben werde. Der angebliche Grund: Ein Anwohner hätte sich wegen des vom Club ausgehenden Lärms beschwert.
Der angebliche Beschwerdeführer wies diese Behauptung jedoch zurück und etwas später erklärte der Leiter des Stadtentwicklungsamtes gegenüber der Prenzlberger Stimme, dass es gar nicht darauf ankäme, ob es tatsächlich Geräusche gäbe – Clubs seien per Gesetz laut und daher in einem Wohngebiet nicht genehmigungsfähig.
Doch Freunde und Gäste des Clubs aus dem In- und Ausland solidarisierten sich mit den Clubbetreibern und in beispielloser Einigkeit setzten sich alle Parteien der Pankower Bezirksverordnetenversammlung für den Erhalt des ICON ein. Die Rettung gelang, der Club konnte bleiben.
„Als uns damals die Genehmigung entzogen werden sollte,“ erzählt Pamela Schobeß, „hatten wir natürlich sofort den Mietvertrag gekündigt, damit wir nicht auf den Kosten sitzen bleiben.“ Als die Rettung des Clubs perfekt schien, wurde vom damaligen Stadtentwicklungsstadtrat Michail Nelken die Vorlage eines Mietvertrages mit mindestens zwei
Jahren Laufzeit verlangt. „Den hatte uns der Vermieter auch zugesagt“, bekommen hatten wir dann aber nur einen bis Ende 2011.“ Und der verlängere sich nicht automatisch, sondern hätte bis zum 30. November erneuert werden müssen. Der Vermieter sei für sie aber schon eine ganze Weile nicht mehr erreichbar gewesen.
Die Situation in der Cantianstraße, erzählt Pamela Schobeß, sei im vergangenen halben Jahr immer unangenehmer geworden. So sei es den Clubbetreibern untersagt worden, den Hintereingang für Warenanlieferungen zu nutzen. Bewohner der Nachbargrundstücke hätten wegen angeblicher Lärmbelästigung fast ständig die Polizei gerufen, ohne dass die eintreffenden Beamten etwas beanstandet hätten. Und in letzter Zeit seien die Gäste des Klubs bei praktisch jeder Veranstaltung von einer neuzugezogenen Anwohnerin von deren Fenster aus fotografiert worden. „Das ist ja auch nicht so schön.“
Als Pamela Schobeß und Lars Döring im vergangenen Jahr die Schließung des ICON befürchten mussten, machten sie sich vorsorglich auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten. Fündig wurden sie in der Kreuzberger Obentrautstraße. Am 1. Oktober eröffneten sie dort in einem ehemaligen Pferdestall das Gretchen. Das ICON, den Club, den sie mit ihrem Programm weit über Deutschland hinaus bekannt gemacht haben, hätten sie dennoch gern weitergeführt.
Prenzlauer Berg hat wieder ein Stück Kultur verloren.
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Ein Fall von arglistiger Täuschung?
Oliver
Dez 01. 2011
Ich war genau 1x im Icon, bei der Still Ill-Metalcore-Party. Fantastischer Club, super Sound, toll verwinkelt. Schade, dass er weichen muss.
Michael Springer
Dez 01. 2011
Schade, schade, schade …. irgendwie kommt Prenzlauer Berg in die Jahre!
Erst Knaack, Magnet, NBI … nun ICON, …
… das White Trash Fast Food wackelt auch schon …
Die Trends 2012: Kaffeehausmusik, Vernissagen und … Weißensee kommt!
meint: Michael Springer
http://www.kultur-in.pankow.de
Spamfan
Dez 02. 2011
Miete verweigern, Kündigung ins Klo- Clubs besetzen, sowieso!
Kurt
Dez 02. 2011
Das ist ja wohl eine derartige Unverschämtheit. Das ICON versuchen die Schuld bei den Vermietern zu suchen, dabei ist das ganze nichts anderes als ein billige PR Aktion!!!
Samuel
Dez 04. 2011
Zugezogene Kulturlose finden immer wieder Gründe, Berlins traditionelle Clublandschaft zu beerdigen. Eigentlch zogen Sie einst her wegen Berlins Vielfalt, nun sind sie deren Totengräber. Keiner braucht sie in Berlin, können sie nicht einfach wieder abreisen?
Mike
Jan 01. 2012
Diese „neuzugezogene Anwohnerin“ sollte man ebenfalls fotografieren und
überall plakatieren! Bis sie wieder wegzieht…
felix
Jun 07. 2012
ein wirklich schöne laden…
die neunziger sind vorbei… und die schöne zeit auch… wegen den scheixx touries… man bleibt doch in badenwürtenberg, wo man allet kann ausser hochdeutsch…
ja ja egal…