Möbelhaus-Unternehmer Kurt Krieger hat ein neues Verkehrsgutachten zu den Auswirkungen der von ihm geplanten Gewerbeansiedlungen auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Pankow erstellen lassen. Ein vorangegangenes Gutachten – das ebenenfalls wie das nun vorliegende von der HOFFMANN LEICHTER Ingenieur-
gesellschaft mbH erarbeitet wurde – hatte Ende Juni vergangenen Jahres vor der Mehrheit des Verkehrs-
ausschusses der Pankower Bezirksverordnetenversammlung keine Gnade gefunden. Damals wurde unter anderem bemängelt, dass die Gutachter für das von Krieger geplante Einkaufszentrum nur von 12.000 Kunden am Tag ausgingen. Das ALEXA am Alexanderplatz, das mit 30.000 Quadratmetern über eine ähnlich große Verkaufsfläche verfügt, wie die von Krieger gewünschte Shopping Mall, verzeichne täglich bis zu 40.000 Besucher.
Im neuen Gutachten, das der Prenzlberger Stimme vorliegt, wird die Kritik insofern aufgegriffen, als dass bereits in der Einleitung darauf hingewiesen wird, dass die vorhergehenden Berechnungen sich auf „das Verkehrsaufkommen eines durchschnittlichen Tages“ bezogen hätten, das nun vorliegenden Verkehrsgutachten aber „das Verkehrsaufkommen für einen Spitzentag berücksichtigt“.
Die neuen Berechnungen prognostizieren mit 21.000 Kunden am Tag nun gut die Hälfte jener Besucherzahlen, die das ALEXA vorzuweisen hat. Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass die verkehrliche Infrastruktur auch den nun angenommenen Spitzenwerten gewachsen ist.
Ob Möbelhaus-Tycoon Kurt Krieger mit der veränderten Auflage seines Gutachtens bei den Bezirksverordneten punkten kann, erscheint zumindest fraglich.
Zum einen, weil sich nicht erschließt, warum die Anzahl der Kunden hier so bedeutend geringer sein soll, als in der vergleichbaren Einrichtung am Alexanderplatz.
Zum anderen, weil SPD und Bündnis90/Die Grünen in ihrer bezirklichen Kooperationsvereinbarung festgelegt haben, dass das Bezirksamt ein „städtebauliches Gutachten von einem unabhängigen Gutachter“ erstellen lassen soll, das dann die Grundlage für die weiteren Entscheidungen des Bezirkes in der Causa Rangierbahnhof darstellen soll. Dass in jener Untersuchung auch eine Einschätzung der verkehrlichen Folgen der Krieger-Ansiedlung enthalten sein wird, ist naheliegend.
Während jedoch die große Mehrheit der Bezirksvertreter die Krieger-Ansiedlung samt Einkaufszentrum zumindest vom Grundsatz her befürwortet, ist seitens des Senates keine Änderung seiner ablehnenden Haltung in Sicht. Wie bereits vor einer Woche zu lesen war, vertritt auch der neue Stadtentwicklungssenator Michael Müller die Ansicht seiner Vorgängerin: Ein Einkaufszentrum in der Größe des von Krieger geplanten, zerstöre die Einzelhandelsstruktur in Alt-Pankow und sei deshalb nicht genehmigungsfähig.
Und darüber, ob das im Flächennutzungsplan als Brache ausgezeichnete Areal des Rangierbahnhofs zum Bauland umgewidmet wird, entscheidet das Land und nicht der Bezirk.
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Michael Springer
Jan 11. 2012
Wie funktioniert eigentlich Stadtplanung?
Braucht man nicht erst ein Leitbild, wohin sich ein Stadtbezirk mit 13 Ortsteilen und bald 400.000 Einwohnern entwickeln soll?
Gibt es schon ein übergeordnetes Verkehrskonzept – das auch den ÖPNV mit betrachtet?
Was ich mir wünsche:
– einen Regionalbahn-Haltepunkt am S-Pankow – dazu einen in Karow und Buch!
– ein „Leitbild Pankow 2030“ mit 420.000 Einwohnern. *
– eine städtebauliche „Dominante“ am Pankower Tor.
Am „Pankower Tor“ sollte tatsächlich ein „Tor“ entstehen – das die Stadtviertel Alt-Pankow und das Stadtviertel rund um U-Vinetastrasse verbindet und entlang der
Regionalbahn ein sichtbares Wahrzeichen von Pankow wird.
Vielleicht sogar ein neues Rathaus-Verwaltungsgebäude und ein Kreativ-Zentrum
(sow wie das „Beta-Haus“ und „Modulor-Haus“ am Moritzplatz in Kreuzberg).
Reine „Einkaufs-Center“ gibt es in Pankow schon genug! Zwischen Schönhauser-Allee-Arcaden & Rathaus-Center passt eigentlich nur ein kleines Nahversorgungs-Zentrum.
… Inspiration in der Stadtplanung ist zu wünschen!
Vielleicht macht „Genehmigungs-Not“ auch erfinderisch!