Was die Anwohner täglich aus eigener Anschauung kennen, wurde nun auch noch einmal wissenschaftlich unterfüttert: Auf der gestrigen Sitzung des BVV-Ausschusses für Verkehr und öffentliche Ordnung bescheinigte Eckhart Heinrichs vom Gutachterinstitut LK Argus dem Bötzowviertel eine Parkraumbelastung von bis zu 110 Prozent. Diese Zahl ist Teil einer vom Bezirksamt in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zur Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung in Prenzlauer Berg (siehe Download unten).
Die Studie untersuchte die an die bisherigen Parkraum-
bewirtschaftungszonen angenzenden Gebiete rund um Humann- und Arnimplatz sowie das Bötzowviertel (Am
Friedrichshain, Pasteurstraße) und die Grüne Stadt. Zusätzlich wurde das Gebiet nördlich der Bornholmer Straße (“Bornholm” siehe Grafik) in Augenschein genommen.
Sinnvoll ist nach den Worten von Gutachter Eckhart Heinrichs eine Parkraumbewirtschaftung immer dann, wenn die mittlere Parkraumauslastung im betreffenden Gebiet mindestens 90 Prozent beträgt und die gebietsfremden Langparker mindestens 25 Prozent aller Stellplätze belegen – immerhin noch bedingt sinnvoll ist eine solche Maßnahme dann, wenn die mittlere Parkraumauslastung im betreffenden Gebiet mindestens 90 Prozent beträgt und die gebietsfremden Langparker mindestens 25 Prozent aller Stellplätze belegen.
In den am höchsten ausgelasteten Straßen des Bötzowviertels (siehe Tabelle), in denen der Anteil der gebietsfremden Langparker über 30 Prozent beträgt, folgen die Gebiete um den Arnimplatz mit 97 und um den Humannplatz mit 94 Prozent Parkraumauslastung und jeweils 29 Prozent gebietsfremden Langparkern.
Auch die Grüne Stadt soll Parkraumbewirtschaftungszone werden
Der hohe Parkdruck in den genannten Gebieten resultiert nach den Erkenntnissen der Gutachter aus der Einführung der Parkraumbewirtschaftung im südlichen Prenzlauer Berg. So sei seit der Erhebung von 2008 die Anzahl der im Untersuchungsgebiet der “Straße am Friedrichshain” parkenden Fahrzeuge um zwölf Prozent gestiegen, jene der gebietsfremde Langparker – das sind meist Berufspendler – sogar um über siebzig Prozent.
Als Ergebnis der Studie wird vor allem eine Bewirtschaftung für das Bötzowviertel sowie für Gebiete rund den Arnimplatz und den Humannplatz empfohlen. In deren Folge wird dort ein Absinken der Parkraumbelegung auf durchschnittlich 80 Prozent erwartet.
Aber auch die nördlich an das Bötzowviertel angrenzende Grüne Stadt soll nach Ansicht der Fachleute in die Einrichtung der neuen Parkzonen mit einbezogen werden. Zwar weise dieses Gebiet derzeit keinen hohen Parkdruck auf – allerdings seien bei der Erweiterung der Bewirtschaftungszonen Verlagerungseffekte in dieses Wohngebiet absehbar, zumal dort der Anteil an gebietsfremden Langparkern bereits jetzt bei 25 Prozent liegt.
Für die Teilgebiete “Bornholm”, Thulestraße, Legiensiedlung, Weißenseer Spitze und Michelangelostraße, die ebenfalls an die neu ins Visier genommenen Parkzonen-Kandidaten grenzen, sieht das Gutachten derzeit noch keine Bewirtschaftungs-Notwendigkeiten – empfiehlt aber eine Beobachtung der weiteren Entwicklung.
Die Parkaumbewirtschaftung ist wirtschaftlich sinnvoll
Bewirtschaftet werden sollen die neu zu schaffenden Zonen nach Ansicht der Gutachter montags bis samstags von 9 – 22 Uhr. Als Gebühr wird die auch sonst in Prenzlauer Berg übliche Höhe von einem Euro je Stunde vorgeschlagen.
Für das gesamte neu zu schaffende Parkzonengebiet wird ein Bedarf von 340 Parkscheinautomaten festgestellt. In Anbetracht dessen, dass der Bezirk Pankow bei der Einführung der drei Parkzonen im südlichen Teil von Prenzlauer Berg im Jahr 2010 insgesamt 1,12 Millionen Euro für die Anschaffung von 447 Parkscheinautomaten ausgegeben hatte, dürfte der Kaufpreis für die nun geringere Anzahl von Geräten deutlich unter einer Million Euro liegen. Die jährlichen Betriebs- und Wartungskosten liegen laut Gutachten bei rund 250.000 Euro. Unter der Annahme einer zehnjährigen Lebens- und Abschreibungsdauer gehen die Gutachter von Gesamtkosten in Höhe von 810 Euro je Automat aus. Hinzu käme einmalige Ausgabe von 132.000 Euro für Verkehrsschilder und die Anwohnerinformationen. Ingesamt wären so jährliche Kosten von 306.000 Euro zu erwarten.
Auf der Personalseite werden laut Gutachten “im Jahresmittel rechnerisch 71,6 Überwachungskräfte benötigt, um beide Erweiterungsgebiete zu kontrollieren”. Die vorhergesagten Kosten hier: 3.294.520 Euro pro Jahr.
Auf der anderen Seite werden 1.643.255 Euro Einnahmen aus Parkscheingebühren und 2,5 Millionen Euro aus Verwarnungs- und Bußgeldern veranschlagt. Dabei gingen die Gutachter von den bisherigen Erfahrungen aus, nach denen die Knöllchenerträge bedeutend höher liegen, als die Einnahmen aus den Ticketautomaten .
Unterm Strich käme dann für den Bezirk ein Plus von 572.678 Euro heraus (siehe Tabelle).
BVV-Beschluss möglicherweise schon im März
Die Mitglieder des BVV-Ausschusses für Verkehr und öffentliche Ordnung hatten gegen die Ausführungen des Gutachters Eckhart Heinrichs keine Einwendungen vorzubringen und machten deutlich, dass sie daran interessiert sind, die im Gutachten gemachten Vorschläge so schnell wie möglich umgesetzt werden. Seitens des Ausschusses wird angestrebt, auf seiner Sitzung am 13. März eine Beschlussempfehlung für die am Folgetag stattfindende Bezirksverordnetenversammlung zu verabschieden.
[download id=“205″]
Weitere Artikel zum Thema:
Arbeitsgruppe Parkraumbewirtschaftung liegt flach –
keine Sprechstunden
Erweiterte Parkraumbewirtschaftung: Die Post geht ab
Parkzonenerweiterung: Neues Schild und keine Hosen
Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung liegt im Plan
Knöllchenschreiber dringend gesucht
Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung erst ab April 2013?
Parksünder widersprechen selten
„Die Parkraumbewirtschaftung hat sich bewährt“
Parkzonen in Prenzlauer Berg: Neue Parkzonen: Machbarkeitsstudie beschlossen
Parkzonen in Prenzlauer Berg: Schluss mit Kulanz
Bötzowviertel: Parkzonen erst im nächsten Jahr
Parkraumbewirtschaftung – das erste Quartal
Parkschein via Handy
Kirchner will bis zu 300.000 Euro Schadensersatz
Protokoll eines Desasters
Parken für Geld – es geht los
Heiteres Automatensuchen
Tino
Jan 27. 2012
Parkaumbewirtschaftung ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sie hat auch in der Tat einen verkehrslenkenden Effekt. Das merkt man am bewirtschaftungsfreien Sonntag. Dann einen Stellplätz zu bekommen ist nahezu aussichtslos, zu stark ist der Parkdruck von Besucher-Kfz und Anwohner-Kfz. Es wird falschgeparkt nach Lust und Laune, Wildwest in Prenzlauer Berg. Warum eigentlich nicht die Parkraumbewirtschaftung auch am Sonntag einführen?
Allerdings ist das mit der Wirtschaftlichkeit für den Bezirk nur die halbe Wahrheit, lieber ODK: Die Einnahmen kommen entgegen der Prognose nicht über die Automaten rein, sondern vorallem über die Bußgelder, die vom Land Berlin eingezogen werden. Diese werden nur noch bis 2013 vollständig an den Bezirk weitergeleitet. Wie viel von den Bußgeldern ab 2014 in der Bezirkskasse landet, ist noch völlig unklar. Also ist die Parkraumbewirtschaftung für den Bezirk alles andere als eine sicherer finanzielle Einnahmequelle. Auch hier hängt man bald am Tropf des Landes. Ganz schnell kann das zu einem Millionengrab werden.
rocknruelps
Feb 05. 2012
Zitat:“Unterm Strich käme dann für den Bezirk ein Plus von 572.678 Millionen Euro heraus (siehe Tabelle).“
Gemeint sind wohl 572.678 Euro.
von ODK
Feb 05. 2012
Korrekt. Wäre es anders, würde der Senat demnächst den Bezirk anpumpen…
ODK
Kurzzeitparker
Feb 15. 2013
FRECHHEIT UND ABZOCKE!