Spielplatz auf dem Friedhof: Leise Park vor Eröffnung

Noch sind Kletterturm und Balanciergebälk scheinbar unberührt, noch sind die Tore an der Heinrich-Roller-Straße verschlossen. Der Leise Park, der im zweiten Halbjahr 2011 auf einem Teil des alten St. Nikolai- und St. Marienfriedhofs entstand, erscheint ein wenig wie ein verwunschener Ort zu sein: Mit Wegen auf denen noch niemand flaniert, scheinbar zufällig ungestürzten Bäumen und efeuüberrankten Grabsteinen.
Dort, wo nach Abschluss der Arbeiten im Dezember des vergangenen Jahres noch schlammig-braune Erdflächen an die Entfernung von Grabstätten und unsicher stehendem Gehölz erinnerten, ist heute Gras gewachsen.

Dazu ein Wildwuchs, der jeden ordentlichen Parkgärtner eigentlich das Herz zusammenkrampfen lassen müsste: „Unkraut“ wuchert allüberall, keine ins Grün geschlagenen Sichtachsen, keine sorgfältig beschnittenen Hecken.
Und an dem Zustand wird sich auch nichts ändern: Der Leise Park soll – und hier bekommt der Begriff eine völlig neue, weil sehr positive Bedeutung – weitgehend ungehindert vor sich hinvegetieren dürfen.
Auf jenem Teil des Friedhofes, der von engagierten Anwohnern vor einer Bebauung bewahrt wurde und der nun zu einem in der Stadt einmaligen Park geworden ist, fanden über 100 Jahre lang Berliner Bürger ihre letzte Ruhestätte.

Bei den Workshops, die die Landschaftsarchitekten der Kreuzberger Firma gruppeF mit den Anwohnern zur Gestaltung der grünen Insel abhielten, herrschte schnell Einigkeit darüber, dass die Geschichte des Ortes nicht verleugnet werden soll.
Und so sind einzelne, besonders imposante Grabdenkmale aus ferner Zeit am Wegesrand erhalten geblieben; andere, nicht ganz so auffällige, verstecken sich in der wuchernden Vegetation.
Beteiligt an der Planung waren auch Schüler der nahe gelegenen Grundschule. Die Idee des Namens für den Park stammt von ihnen. Die Kinder machten Exkursionen durch das so nahe liegende und zuvor wohl doch so ferne Gelände

und machten sich Gedanken darüber, was erhalten bleiben und war neu gestaltet werden soll.
Besonders berührt, so hörte man später, seien sie an jener Stelle gewesen, an der Vergangenheit und Gegenwart ineinander übergingen: Bei den Kindergräbern aus den 1950er Jahren, die sich am Rande des Friedhofsgeländes befinden und die – obwohl längst schon “abgelaufen” – noch immer von irgend jemand gepflegt wurden. Es gibt also Menschen, denen dieser Platz bis heute ein Ort des ganz persönlichen Gedenkens, der ganz persönlichen Trauer ist. Und so wurden auch diese Grabstätten erhalten, obwohl dies anfangs gar nicht vorgesehen war.

Vier Monate ist es nun her, seit der Park fertiggestellt wurde. Besuchen konnte man ihn offiziell bisher noch nicht. Das neu Gepflanzte musste erst einmal Wurzeln schlagen und wachsen, um nicht sofort wieder zu vergehen.
Doch die Schonzeit ist nun bald vorbei. In gut fünf Wochen können sich die Anwohner dort, wo eigentlich einmal komfortables Wohneigentum entstehen sollte, nun an ihrem neuen Park erfreuen.

 

Am 1. Juni wird der Leise Park feierlich eröffnet.

 

 

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