Gleimstraße 52: Gérôme, Klupp und ein paar Fragen

Für das Haus Gleimstraße 52, erklärte Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner auf der Sitzung des BVV-Ausschusses für Stadtentwicklung und Grünanlagen, werde eine ähnliche Vereinbarung für eine sozialverträgliche Modernisierung angestrebt, wie sie das Bezirksamt kürzlich mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG abgeschlossen hatte.
Nachdem es in den Medien „missverständliche Berichte“ über die Situation um das Wohnhaus gab, habe er sowohl mit dem Eigentümer, als auch mit den Bewohnern Gespräche geführt.
Der für Milieuschutzgebiete vorgeschriebene Mordernisierungsantrag sei allerdings erst vor ein paar Tagen bei ihm eingegangen, eine Entscheidung darüber sei noch nicht erfolgt.

In Milieuschutzgebieten wie dem Gleimviertel unterliegen bauliche Änderungen und Nutzungsänderungen einer planungsrechtlichen Genehmigung. Dies betrifft auch Änderungen, die nach der Bauordnung nicht genehmigungspflichtig sind,so den Einbau von Heizungen, Fenstern, Badmodernisierungen, Wärmedämmung oder Grundrissänderungen.

Umso erstaunlicher war es, was die Bewohner des Hauses dem Ausschuss zu berichten hatten. Das Grundstück wurde bis 2007 treuhänderisch von einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft verwaltet. Nachdem es bei einer Auktion in private Hände gelangte wurde, fanden keine Neuvermietungen mehr statt. Ende vergangenen Jahres ging die Immobilie auf den derzeitigen Eigentümer, die “Gleimstraße 52 GmbH & Co. KG”, über. Seither werde auf die verbliebenen Bewohner ein erheblicher Druck ausgeübt, um sie zur Aufgabe ihrer Wohnungen zu veranlassen.
 

Mit allen Mitteln zum Auszug gedrängt

Mieter Oleg Myrzak trägt dem BVV-Ausschuss die Beschwerden der Bewohner vor

Es wurde eine „Modernisierungsvorankündigung“ an die Mieter verschickt, die offensichtlich rechtswidrig war. Es wurde mitgeteilt, dass man gedenke, das Haus nach der Modernisierung in Eigentumswohnungen aufzuteilen. In der Folge wurde der Besuch von Bauleuten, Architekten und Gutachtern angekündigt, die man gefälligst in die Wohnung zu lassen habe. Auch Besuche von angeblich kaufwilligen Wohnungsinteressenten wurden mit der Aufforderung zum Einlass avisiert.

Den Bewohnern des Hauses wurden Mieterhöhungen von mehr als acht Euro in Aussicht gestellt. Da davon auszugehen war, dass die meisten eine solche Miete nicht tragen konnten, wurde auf sie ein sogenannter “Mietmanager” angesetzt, der die Mieter wieder und wieder bedrängte, schnellstnöglichst aus ihren Wohnungen zu ziehen. Eine kleine – und wie sich zeigte: sehr kleine – Abstandszahlung wäre dann sicher drin. Und als es im Februar im Quergebäude zu einem Wasserrohrbruch kam und die Feuerwehr den Strang sperrte, tat sich hinterher ebenfalls nichts: Das Wasser blieb abgedreht.

Eigentümer Christian Gérôme:
Verwaltung hatte Generalvollnmacht“

Zur Ausschusssitzung war auch Eigentümer Christian Gérôme erschienen. Ihm schien die Angelegenheit augenscheinlich unangenehm zu sein. All das von den betroffenen Mietern Geschilderte, so Gérôme sei ihm bisher nicht bekannt gewesen und sei wohl auf das Fehlverhalten der von ihm beauftragten Hausverwaltung „City of Berlin“ zurückzuführen. Gérôme: “Ich hatte der Verwaltung eine Generalvollmacht gegeben.”
Ob Gérômes Nichtwissen über die Abläufe in der Gleimstraße tatsächlich so vollkommen ist, erscheint fraglich. Die Prenzlberger Stimme hatte bei sieben zufällig ausgewählten Hausverwaltungen Nachgefragt – alle sieben berichteten übereinstimmend, dass sie gerade bei Modernisierungen die Grundstückseigentümer auch bei einer erhaltenen Generalvollmacht regelmäßig über ihr Handeln informieren – und über auf dem Grundstück erfolgte Einsätze der Feuerwehr sowieso.
 

Eigentümer völlig ahnungslos?

Seltsames Angebot: ''...Abfindungssumme in Höhe von 8.000,00 EUR (in Worten: Fünftausend Euro)...''

Dr. Detlef Kotsch jedenfalls bestand gegenüber der Prenzlberger Stimme darauf, seinen Auftrag nicht von der Verwaltung, sondern direkt vom Eigentümer erhalten zu haben. Kotsch, der einst eine offensichtlich nicht mehr aktive Immobilienfirma führte und nun unter anderem als „Sachverständigenbüro für Immobilienbewertung“ firmiert, wurde den Mietern der Gleimstraße 52 als der Inhaber der „MB Mietmanagement Berlin“ bekannt, der sie mit „Mietaufhebungs-
vereinbarungen“ drangsalierte.

Eine Hausverwaltung, die hinter dem Rücken des Eigentümers die Mieter terrorrisiert, ein promovierter „Mietmanager“, der keine funktionierende Webseite für sein Unternehmen zustande kriegt, als gewesener Immobilienmakler offenbar mit Zahlen nicht recht klar kommt und daher seltsame „Vereinbarungs“-Schreiben produziert (siehe Ausriss oben) – wie passt das zusammen mit einem Immobilienkaufmann, der von sich behauptet, ihn störe am meisten das „unprofessionelle, niveaulose und unseriöse Auftreten und Vorgehen vieler Marktteilnehmer“ ?

Christian Gérôme, der übrigens auch das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes Greifswalder Straße erworben hat, ist hier jedenfalls noch nicht als rigoroser Entmieter bekannt geworden. Allerdings taucht in Schreiben, die Gérômes Gesellschaft verschicken ließ, ein Name auf, der anderswo in Berlin nicht unbedingt einen guten Klang hat:
„…Wir dürfen Sie daher bitten, aus unserem Hause Herrn Klupp (…) die Besichtigung der Wohnung zu ermöglichen.“
 

Unklare Verhältnisse

Sascha Klupp ist Inhaber zahlreicher Firmen, die unter anderem Häuser aufkaufen und modernisieren, um sie dann – in Eigentumswohnungen aufgeteilt – wieder zu veräußern. So hatte eine von Klupps Gesellschaften das Mietshaus Bergstrasse 62 in Mitte erworben.
Das Vorgehen dort gleicht nach Berichten von Bewohnern des Hauses jenem, das in der Gleimstraße 52 nun publik geworden ist: Eine offenbar rechtlich fragwürdige Modernisierungsankündigung, das Bedrängen von Mietern, ihre Wohnungen aufzugeben, der Einsatz eines „Mietmanagers“… . Da sich die Bewohner weigerten, der Modernisierung zuzustimmen, liegt die Angelegenheit nun bei Gericht – die Eigentümergesellschaft hat eine Duldungsklage eingereicht.

Doch während die Eigentümergesellschaft in der Bergstraße 62 eindeutig Sascha Klupp zuzuordnen ist, tritt bei der Gleimstraße 52 lediglich Christian Gérôme in Erscheinung.

 

Erst Zusicherung von Verhandlungsbereitschaft – dann Klage gegen Hausbewohner

Sitzung des Stadtentwickungsausschusses.
Im Hintergrund: Mieter der Gleimstraße 52

Das wirft Fragen auf. Zum Beispiel: Heißt der tatsächliche Akteur in der Gleimstraße etwa Sascha Klupp – und ist Gérôme vielleicht nur der nette Mann, der die Fassade gibt? Tatsache ist, dass beide schon seit längerem Geschäfts-
partner sind: Etwa als gemeinsame Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften.
Eine telefonische Anfrage der Prenzlberger Stimme zu Klupps Stellung in der Gleimstraße nahm Christian Gérôme zwar entgegen – eine Antwort steht bisher aber noch aus.

Während der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am vergangenen Donnerstag ließ der eingetragene Geschäftsführer der „Gleimstraße 52 Beteiligungs GmbH“ die Bereitschaft erkennen, über eine Vereinbarung zur

sozialverträglichen Modernisierung mit dem Bezirksamt zu verhandeln und von einer Aufteilung des Hauses in Eigentumswohnungen abzusehen.

Sollte dies bei den Mietern der Gleimstraße 52 so etwas wie Hoffnung auf einen für sie positiven Ausgang der Geschichte erweckt haben, so war die wohl arg verfrüht: Am Wochenende erhielt zumindest ein Bewohner eine von den Anwälten der Gleimstraße 52 GmbH & Co. KG aufgesetzte Klage zugestellt, mit der er verurteilt werden soll, „der Klägerin, vertreten durch Herrn Sascha Klupp und Herrn Nicolas Burmeister“ Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren.

Vielleicht sollte noch vor den Verhandlungen, die das Bezirks-
amt bezüglich der Modernisierung des Hauses führen möchte, erst einmal geklärt werden, wer in der Gleimstraße 52
eigentlich das Sagen hat: Der Möchtegern-Entmieter der
Bergstraße 62 – oder der eingetragene Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft.

 

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